Illustration: Kristoffer Cornils. konkrit-Logo: Nicoletta Dalfino.

Clubs sind die Eckpfeiler unserer Szene. Im vergangenen Jahrzehnt aber schienen sie mehr und mehr einzuknicken. Allein in Berlin schloss eine ganze Reihe von Institutionen. Zwar machten andere dafür auf, doch wurde das Clubleben zunehmend in die Außenbereiche der Stadt verdrängt – und selbst von dort wird mittlerweile „SOS” gefunkt. Auch brach das Mittelfeld zunehmend zugunsten kleiner Nischenclubs und profilloser Feiertempel weg. Droht Berlin eine Londonisierung? Vermutlich. Was es für das nächste Jahrzehnt deshalb braucht, ist ein in erster Linie ökonomisches Umdenken bei Clubs und Besucher*innen gleichermaßen, schreibt Kristoffer Cornils in seiner Kolumne konkrit.

Clubs sind besondere Orte. Denn sie werden in der Regel nicht gebaut, sondern nisten sich in bereits bestehenden Räumen ein. Nicht selten sind diese Räume ehemalige Arbeitsstätten – Kraftwerke, Banken, Fabriken, Warehouses. Wichtig ist das, weil es der Magie von Clubs zuträglich ist: Gerade dort unproduktiv zu sein, wo früher noch malocht wurde, intensiviert das Cluberlebnis. Denn zum Feiern gehört nun mal, den Sachzwängen des Alltagsleben zu entkommen. Das in einem umfunktionierten Ort der Plackerei zu tun, trägt unweigerlich zu einer befreienden Atmosphäre bei. Zugleich macht das eigentümliche Halbwesen von Clubs die von ihnen angebotenen Räume immer temporär. Früher war das hier der Tresor einer Bank, jetzt wird hier getanzt – und morgen?

Die prekäre Existenz von Clubs gehört insbesondere in Berlin fest zum Mythos der Szene. Keine Erzählung über die frühen Tage von Techno, in der nicht irgendwer mit leuchtenden Augen davon berichtet, wie hier ein zum Club umfunktioniertes Kellerloch schloss und die Crew dahinter schon am nächsten Tag wieder woanders zu Partys einlud. Arm oder reich, schwarz oder weiß, queer oder hetero: Alle lagen sich für eine Nacht in den Armen und trafen sich in der nächsten schon wieder im nächsten Kellerloch fürs selbe Spiel. Die Clubszene, will uns diese Erzählung sagen, war nach allen Seiten hin offen und ständig in Bewegung. Keine Atempause, Geschichte wird gemacht – es geht voran!

Dumm nur, dass das letzte Jahrzehnt in genau dieser so vitalen und auch international für die Dance-Music-Community so wichtigen Stadt vor allem von Abschieden geprägt war. Bar25, Horst Krzbrg, Stattbad, Farbfernseher, Arena, Chalet, St. Georg, Rummels Bucht, zuletzt womöglich noch das KitKat: Eine ganze Reihe von größeren oder in jedem Fall zentralen Anlaufpunkten für die verschiedenen Ausprägungen der Szene machten dicht. Andere wie etwa das Watergate, das ://about:blank und der Salon zur Wilden Renate plus Else ebenso wie die am Ostkreuz ums Polygon gelegenen Schuppen und die Clubs auf dem Gelände des RAW-Geländes haben mit immer mehr Problemen verschiedener Art und Weise zu kämpfen. Steigende Mieten, ein Autobahnzuleger, private Bebauungspläne, Lärmbeschwerden: Wie passt das nun ins Bild dieser Erzählung vom ach-so-liberalen Berlin, das seine Clubszene liebt und wo sich Hinz und Kunz auf dem Dancefloor begegnen? Wo alle Zeichen immer auf „Vorwärts” standen?

Freilich gab es im vergangenen Jahrzehnt auch gute Nachrichten zu vermelden: Es eröffneten in den Jahren 2010 bis 2019 etwa das dem Tresor angeschlossene Shift beziehungsweise OHM, Kater Holzig/Katerblau traten die Bar25-Nachfolge an, die Ipse, die – mittlerweile allerdings „SOS” funkende – Griessmuehle, das – von der Staatsgewalt drangsalierte – Mensch Meier, die Anomalie, das arkaoda, Sameheads und die Trauma Bar und Kino etablierten sich, während die Paloma Bar beispielsweise einen umfassenden Ausbau seiner Räumlichkeiten wagte und mit dem Holzmarkt 25 ein zumindest im Club-Kontext verankertes Projekt gestartet wurde.

Berlin londonisiert sich

„Das Temporäre, das Prekäre: Beides hat über das letzte Jahrzehnt hinweg im Dauerfeuer der Hiobsbotschaften zunehmend seinen Charme verloren.“

Mit Blick auf Programm und Größe dieser Clubs zeigt sich allerdings, dass die meisten von ihnen vormaligen Institutionen wie der Bass-Bastion Horst Krzbrg oder den Line-Ups von Stattbad und der Arena in dieser oder jener Hinsicht nicht das Wasser reichen können. Berlins Clubszene erlebt eine Teilung: große Profillosigkeit hier, ausgewähltes Nischenprogramm im kleinen Rahmen dort. Im Mittelfeld ist immer weniger zu finden. Und nur etablierte Marken wie Berghain oder Tresor scheinen wenig zu befürchten haben.

Das Temporäre, das Prekäre: Beides hat über das letzte Jahrzehnt hinweg im Dauerfeuer der Hiobsbotschaften zunehmend seinen Charme verloren. Und vielleicht ist es nach diesem Jahrzehnt an der Zeit, vom Mythos der Stadt Abschied zu nehmen. Berlin droht einer Londonisierung anheim zu fallen. In der britischen Hauptstadt nämlich finden sich kaum noch Anlaufstellen in der Innenstadt, selbst die mehr als beliebte Fabric hätte fast weichen müssen. Die Einführung der „Night Tzar“ Amy Lamé schien ein Schritt nach vorne, doch zeigt sich die Clubszene der Stadt ihrem tatsächlichen Einfluss gegenüber skeptisch. Zu groß scheint die Bedrohung, als dass ein symbolisches Amt alleine als Schutzwall gegen umfassende Strukturwandel in der Metropole fungieren kann.

Die Dynamik ist simpel und auch aus New York und anderen Metropolen bekannt: Immer mehr Menschen kommen, weil sie von niedrigen Mieten einerseits und dem soziokulturellen Flair andererseits angezogen werden. Verdrängt werden darüber zuerst die unteren sozialen Schichten, der Einzelhandel und irgendwann auch das (sub-)kulturelle Angebot – paradoxerweise, denn gerade das ist eine der Hauptattraktionen für Neuankömmlinge. Mehr noch dringt derweil das Kapital in den Stadtkern und die hippen Bezirke vor, das Nachtleben wird vom Stadtalltag buchstäblich an den Rand gedrängt. Nachdem der Salon zur Wilden Renate und die Else, das ://about:blank und das Sisyphos sich abseits von Wohngebieten und damit auch weitgehend von Kapitalinteressen eingerichtet hatten, öffneten mit der Griessmuehle, der Anomalie und dem Mensch Meier im letzten Jahrzehnt gleich drei der neuen größeren Clubs – von der kurzlebigen Weyde³ ganz zu schweigen – ein paar Meter außerhalb der Berliner Ringbahn auf. Ein besseres Symbolbild lässt sich für eine Londonisierung der Clubszene Berlins nicht finden.

Die Gentrifizierung des Dancefloors

Dafür allein die Zugezogenen verantwortlich zu machen, griffe aber zu kurz. Nicht allein deshalb, weil statistisch gesehen zunehmend weniger Menschen nach Berlin kommen. Denn die Ursachen der Probleme liegen maßgeblich woanders. Der sich verringernde Raum nämlich wird selbst immer unzugänglicher. Wo dem Wort „Leerstand” in Erzählungen der Neunziger noch eine Möglichkeit anhaftete – hier kann sich ein Club einnisten, Freiraum für Freizeit geschaffen werden! – schwingt darin heutzutage viel Frustration mit: einerseits über das Versagen einer Stadtpolitik, die laut einer parlamentarischen Anfrage von Tim-Christopher Zeelen (CDU) satte 1,2 Millionen Quadratmeter ungenutzt lässt und über die Marktdominanz spekulierender Eigentümer*innen andererseits.

„Der Finanzkapitalismus regelt den Immobilienmarkt, der Rest muss sich um Krümel prügeln – Clubs mit eingeschlossen.“

Insbesondere das Risikokapital macht den Betrieb von Clubs zum Risikogeschäft. Die Rechnung ist für Spekulant*innen einfach: Mehr Menschen, mehr Nachfrage nach Wohnraum, mehr potenzielle Gewinne für alle, die mit Immobilien ihr Geld machen. Vor allem natürlich wenn keine Ausgaben anfallen, das heißt die Häuser gar nicht erst vermietet werden und deshalb kostenintensiv instand gehalten werden müssen. Und Leerstand im Privatbesitz muss zwar gemeldet werden, wird das aber nur selten. Auch deshalb, weil häufig Gebäude quasi im Minutentakt die Besitzer*innen wechseln. Der Finanzkapitalismus regelt den Immobilienmarkt, der Rest muss sich um Krümel prügeln – Clubs mit eingeschlossen. Nicht nur die Eigentumspreise, auch die Mieten haben sich in nur zehn Jahren berlinweit fast verdoppelt. Was kann schon schief gehen?

Einiges – und nicht allein für die Clubs selbst, sondern ebenso für ihre Besucher*innen. In Berlin zahlen Anwohner*innen laut einer Immoscout-Studie rund 46 Prozent ihres Einkommens nur für die Miete. In München, wo es 55 Prozent sind, wird darüber sicherlich nur geschmunzelt. Dort aber verdienen Bewohner*innen auch durchschnittlich 4169 Euro brutto im Monat, in Berlin sind es nach einer jüngeren Erhebung tausend Euro weniger – und das gilt lediglich für Vollbeschäftigte. In Berlin wurden 2016 noch 226 000 Selbstständige gezählt, fast 12 Prozent der Erwerbstätigen. Das ist ein vergleichsweise großer Anteil prekär lebender Menschen, von denen nicht wenige das kreative Kapital der Stadt auf ihren Schultern tragen und dennoch zumeist chronisch unterbezahlt werden.

Die Bemühungen der rot-rot-grünen Regierung, gegen den Mietenwucher vorzugehen, liefern derweil wie zuletzt mit der Einführung des hart umstrittenen Mietendeckels nur langsam Teilerfolge. Schaden wird reguliert, Besserungsmaßnahmen fallen unten durch. Der ebenfalls mehr als notwendige, um nicht zu sagen noch notwendigere Neubau kommt von Seiten der Stadt nicht hinterher, das Angebot wird ergo auch nicht größer. Und weil Clubs eben nicht gebaut werden, sondern sich in der Regel in bestehenden Räumen einnisten, müssten neue Clubs selbst bei moderaten Mietpreisen überhaupt erst solche Räume finden und dann noch Eigentümer*innen davon überzeugen, sie zu beherbergen – eine zunehmend schwierigeres Unterfangen. Und mehr Risiken zu tragen bedeutet für Clubbetreiber*innen zwangsläufig, zu einem finanziell härteren Kurs gezwungen zu sein.

Keine Experimente!

Zumal die tatsächlichen Umstände und der damit verbundene Kampf um jeden Quadratzentimeter sich direkt aufs kulturelle Leben auswirken. Angesichts der Mietverdopplung, mit der sich das Watergate im Jahr 2017 konfrontiert sah, sagte Betreiber Steffen Hack: „Da das Watergate eine klare programmatische Ausrichtung hat, würde die Aufnahme von Veranstaltungen mit anderen musikalischen Inhalten den Gast eher verwirren, als dass sich für uns daraus ein Pluspunkt ergibt.“ Eine nüchterne Aussage, die symptomatisch dafür steht, wie die wirtschaftliche Position von Clubs das musikalische Programm beeinflusst. Der alte Adenauer-Slogan „Keine Experimente“ nimmt die Clubwelt zunehmend in den Griff – weil sie eben, wie dieses Beispiel mehr als transparent macht, keine andere Wahl mehr hat. 

„Der Traum vom inklusiven Club hört bei den meisten eben schon beim Blick in den Geldbeutel auf. Sich den Sachzwängen des Alltagsleben zu entziehen, wird mittlerweile zur kostspieligen Angelegenheit.“

Parallel zur Weggentrifizierung des Clublebens aus der Innenstadt wird so auch der Dancefloor mitgentrifiziert: Kostete der durchschnittliche Eintritt zu einer Clubnacht im Jahr 2010 schätzungsweise noch zwischen acht und zehn Euro, haben viele Clubs ihre Eintrittspreise zwischenzeitlich deutlich erhöht. Ein Berghain-Besuch von Samstag auf Sonntag beziehungsweise Montag kostete vor einem Jahrzehnt noch zwölf Euro, mittlerweile sind es 18, für den Wiedereintritt werden nochmals fünf Euro verlangt. Die Gründe dafür sind im Einzelfall vielschichtig und divers, im Gesamten aber zeigt sich ein Trend: Clubbing, so einträglich es für Stadt und einige der Clubs auch ist, wird fürs Publikum zunehmend kostspieliger.

Solche Entwicklungen schließen automatisch immer mehr von denen aus, die in prekären Verhältnissen leben. Der Traum vom inklusiven Club hört bei den meisten eben schon beim Blick in den Geldbeutel auf. Sich den Sachzwängen des Alltagsleben zu entziehen, wird mittlerweile zur kostspieligen Angelegenheit. Kein Wunder also, dass einige der neueren Clubs sich entweder als Tourifalle oder als Anlaufpunkt für die Auskenner*innen etabliert haben: Beides entspricht auch einem bestimmten ökonomischen Profil. Hier wird mittelfristig mit Easy-Jet-Setting-Einnahmen kalkuliert, dort mit einem Stammpublikum, das zumeist selbst direkt in die Szene involviert ist und deshalb genauso als ökonomische Konstante eingerechnet werden kann. Auch da wird das Programm – gewollt oder nicht – zum wirtschaftlichen Alleinstellungsmerkmal.

Die Problematiken, mit denen sich Berliner Clubs also heutzutage konfrontiert sehen, sind komplex und das Clubsterben sowie die damit einhergehenden Negativentwicklungen in Hinsicht auf musikalische und personelle Vielfalt in den Clubs sind es ergo ebenfalls. Eine träge Stadtpolitik hier und Ellbogenkapitalismus von Spekulant*innen gehören zwar zu den Hauptursachen der allmählichen Verdrängung vom Nacht- aus dem Stadtleben. Zugleich aber sind bei weitem nicht alle Clubs völlig unschuldig an ihrer Schließung oder der sich langsam ausbreitenden kulturellen Ödnis jenseits der kleinen Enklaven, die mit bunten Programmen und noch bunterem Publikum von sich reden machen.

Keine Atempause!

Es ist zuerst dringend notwendig, den Mythos der Stadt in Hinsicht auf seine Clubszene komplett umzuschreiben. Nicht nur rekrutiert sich das Publikum zunehmend aus der Kaste der Besserverdienenden, auch könnten sich potenzielle neue Clubs weder ein ausgefallenes Programm noch einen Standort in den teuersten Gebieten leisten. Die Feier des Prekären ist reiner Zynismus und muss ein Ende haben. Clubs können nur dann wirklich Laboratorien und Petrischalen progressiver Sozialpolitik sein, wenn sie mitten im Herzen der Gesellschaft ihren Platz finden. Das tun sie nach zehn zähen Jahren schlicht nicht mehr, egal, wie gut am Ende des Jahres die Landeskasse stimmt.

„Clubkultur muss sich wirtschaftspolitisch dezidiert links positionieren. Das bedeutet: Clubs müssen gemeinsam mit dem Publikum konkretere Bündnisse miteinander eingehen, um der Lobbyarbeit von Einrichtungen wie der 2000 eingerichteten Clubcommission eine solidere Basis zu bieten.“

Denn auch wenn nach einer Studie der Clubcommission im Jahr 2018 gut drei Millionen Feiertourist*innen in die hiesigen Clubs kamen und insgesamt 1,48 Milliarden in die Kassen der Stadt flossen: Ob das so bleiben wird, ist fraglich. Brexit, CO2-Steuer oder einfach eine Verflachung des Hypes um Clubmusik – all das könnte langfristig dazu führen, dass diese Zahlen von heute auf morgen einbrechen. Und dann? Dann würden schätzungsweise noch mehr Läden schließen, hätte die hiesige Szene umso weniger Anlaufpunkte und Austauschmöglichkeiten. Der inhaltliche Reichtum der regionalen Szene ruht auf den Schultern ökonomischer Profitabilität. Ein fester, sicherer Stand ist das keineswegs.

Das heißt, dass die im letzten Jahrzehnt so heiß debattierte emanzipatorische Politik für soziale Anerkennung im Clubbereich – feministische Bemühungen, inklusive Ansätze, antirassistisches Engagement – um eine Politik der Umverteilung ergänzt werden muss. Clubkultur muss sich auch endlich wirtschaftspolitisch dezidiert links positionieren. Das wiederum bedeutet: Clubs müssen gemeinsam mit dem Publikum konkretere Bündnisse miteinander eingehen, um der Lobbyarbeit von Einrichtungen wie der 2000 eingerichteten Clubcommission eine noch solidere Basis zu bieten. 

Denn auch Anträge seitens der LINKEN für einen besonderen Schutz der Clubs können nur dann in handfesten politischen Änderungen münden, wenn alle Clubs sowie ihr Publikum dabei am selben Strang ziehen. Sowohl die Stadtpolitik als auch die Versprechungen einer einzelnen Partei nämlich können innerhalb eines demokratischen Systems nur mit größtmöglicher und organisierter Unterstützung realisiert werden. Zumindest ist es unabdingbar, sich mit anderen Initiativen gemeinsam stark für das Recht auf Stadt zu machen. Die Berliner Clubszene hat in mehrerlei Hinsicht dieselben Interessen wie etwa das Projekt Deutsche Wohnen & Co. enteignen – da sind Synergieeffekte möglich, die ebenso dem Publikum zugute kämen. Abgaben aus einem Lärmschutzfonds, wie sie kürzlich Ramona Pop (Grüne) ankündigte, sind zwar schön und gut, letztlich aber eben auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Andererseits gilt es für Clubs, die hauseigene ökonomische Politik auf den Prüfstand zu stellen. Tatsächlich könnte ein in jeder Hinsicht inklusiver Club zum Vorbild werden, der eben nicht in Berlin steht: Der Golden Pudel in Hamburg ist nicht nur für eine egalitäre Türpolitik und moderate und damit auch Schlechterverdienenden zuvorkommende Eintrittspreise sowie ein exzellentes und abwechslungsreiches Booking bekannt. Auch gehört er seit dem Jahr 2016 einer Stiftung und entzieht sich damit in jeder Hinsicht dem Markt. Obwohl das sicherlich nur möglich war, weil besagte Stiftung das Geld für die Ersteigerung des Clubs vorstreckte, so ist zumindest das Prinzip vergleichsweise revolutionär. Zwar scheint ein Club als finanzielles Nullsummenspiel im Widerspruch zu einem nachhaltigen Ansatz zu stehen, doch hat der Golden Pudel drei Jahre nach Überführung in Stiftungshand sogar sein bei einem Brandanschlag 2016 beschädigtes Dachgeschoss ausgebaut. Es scheint sich also tragen zu können und Klagen über mangelnde Qualität im Programm wurden bisher nicht laut – im Gegenteil.

Wieso also nicht Ähnliches in Berlin anstreben? Sicherlich lässt sich die zunehmende Londinisierung Berlins nicht allein von Clubs und ihrem Publikum aufhalten. Das kommende Jahrzehnt wird jedoch mit Sicherheit einen Lackmustest für all jene parat halten, die beim Feiern die Arbeit lieber vergessen wollen. Wer es aber ernst meint mit der Leidenschaft für Clubkultur, sollte darauf vorbereitet sein, bald kollektiv auf politischer Ebene für deren Erhalt zu kämpfen. Sonst nämlich könnte die Clublandschaft in Berlin am Ende des nächsten Jahrzehnts sehr öde aussehen. Also: Keine Atempause, Geschichte wird gemacht – es geht voran!

Mit seiner zweimonatigen Kolumne konkrit verdichtet Kristoffer Cornils das Hintergrundrauschen und analysiert große mediale Bewegungen und urbane Entwicklungen ebenso wie den Eingriff von Großkonzernen in die Szene.
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Kristoffer Cornils war zwischen Herbst 2015 und Ende 2018 Online-Redakteur der GROOVE. Er betreut den wöchentlichen GROOVE Podcast sowie den monatlichen GROOVE Resident Podcast und schreibt die Kolumne konkrit.