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Album des Monats: März 2024

Neben dem Album des Monats haben wir weitere LPs und Compilations besprochen: Teil 1 der essenziellen Alben aus dem März findet ihr hier, Teil 2 hier, Teil 3 hier, die Compilations hier.

Das Duo Mount Kimbie gibt es so nicht mehr. Dominic Maker und Kai Campos, die Macher von Crooks & Lovers, einem der wegweisenden Alben der Zehnerjahre, sind mittlerweile meilenweit entfernt von ihren ersten Schritten in der Londoner Dubstep-Ursuppe. Doch nicht nur geografisch – Maker lebt seit längerer Zeit in L.A., und auch das neue Album The Sunset Violent entstand in Kalifornien –, sondern vielmehr noch musikalisch.

Synths und Drummachines gibt es zwar, die Hauptinstrumente der Platte sind aber definitiv verzerrte Gitarren und die in Effekten vergrabenen Stimmen, die von in Flammen stehenden Küchen oder emotionalem Wirrwarr berichten.

Während Cold Spring Fault Less Youth von 2013 zwar noch prominente Synths und Drummachines enthielt, mit seinen Live-Instrumenten aber viel mehr nach einer aufstrebenden Indie-Band als nach clubgeschulten Studio-Produzenten klang, war spätestens bei Love What Survives (2017) klar, dass Mount Kimbie mit ihrer Vision dem Post-Punk nun deutlich näher standen als dem Post-Dubstep.

Darauf folgte mit MK 3.5 eine ungewöhnliche Split-LP, aufgenommen jeweils von einem der beiden Mitglieder, an unterschiedlichen Orten und scheinbar ohne wirklichen Bezug zueinander (halb verschrobene LA-Beatbasteleien, halb analoger Lo-Fi-Techno), was selbst viele der eingefleischten Fans enttäuschte. Nun gibt es mit The Sunset Violent, das auf Warp erscheint, endlich wieder ein volles Bekenntnis zu Mount Kimbie als Einheit und — mehr als je zuvor — als Band.

Nach langen Jahren der Zusammenarbeit sind Andrea Balency-Béarn und Marc Pell nun nämlich endlich Festangestellte im Kimbie-Kader geworden, was The Sunset Violent weibliche Vocals und einen dedizierten Drummer beschert. King Krule, der schon auf den Vorgänger-Alben für einige der einprägsamsten Momente gesorgt hatte, ist auch wieder mit von der Partie. Daneben singt Dominic Maker natürlich auch selbst weite Teile seiner schrägen Texte, die diesmal vom weiten Himmel der kalifornischen Wüstenstadt Yucca Valley inspiriert wurden, in die sich er und Kollege Campos für einen Monat zurückgezogen hatten, bevor das Album in London mit den beiden anderen Bandmitgliedern fertiggestellt wurde.

15 Jahre nach Mount Kimbies Erscheinen auf der Bildfläche ist von den Bass-Music-Wurzeln des ehemaligen Electronica-Duos nur noch wenig zu hören.

Mit 37 Minuten Laufzeit ist das Endprodukt auffallend kurz und radiotauglich ausgefallen. Und würde wahrscheinlich gar nicht auf dieser Seite Erwähnung finden, gäbe es da nicht die Vorgeschichte der Band. Denn mit elektronischer Musik hat diese neueste Mount-Kimbie-Iteration nur noch am Rande zu tun: Synths und Drummachines gibt es zwar, die Hauptinstrumente der Platte sind aber definitiv verzerrte Gitarren und die in Effekten vergrabenen Stimmen, die von in Flammen stehenden Küchen oder emotionalem Wirrwarr berichten. Große Poesie oder banale Versatzstücke? Wie man es auch interpretieren möchte, beim wiederholten Hören stellt sich eine gewisse Vertrautheit mit dem Chorus aus Distortion und Melodien ein, die gleichermaßen beschwingend wie psychedelisch einwickelnd anmutet.

15 Jahre nach Mount Kimbies Erscheinen auf der Bildfläche ist von den Bass-Music-Wurzeln des ehemaligen Electronica-Duos nur noch wenig zu hören. Ein paar ambiente Eingangs-Akkorde auf dem Closer „Empty and Silent” erinnern kurz an vergangene Tage, bevor das Schlagzeug einsetzt und Archy Marshall alias King Krule aus seinem Tagebuch vorträgt.

Trotzdem fügt sich das organisch ein in die Causa Mount Kimbie. Und der neue Look der Vierertruppe steht der Band gut. Auch wenn ich als früher Fan nostalgisch den Anfängen und dem Sound von Crooks & Lovers nachtrauere, ist es doch ein spannender Weg mit vielen Überraschungen gewesen, an dessen vorläufigem Ende nunmal eine überzeugende Shoegaze-Band steht. Mal sehen, wie die nächste Inkarnation von Mount Kimbie klingen wird.

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