Mit gerade mal 20 (Jahrgang 2000!) kam Leon Schuck als vergleichsweise unbeschriebenes Blatt zu uns. Das Nachtleben wurde Leon aber schon mehr oder weniger in die Wiege gelegt, da sein Vater von Berufs wegen in Clubs und Bars tätig ist. Dass er seinen Spross schon vor dessen 18. Geburtstag ins MMA, die inzwischen geschlossene Münchner Techno-Kathedrale, mitnahm, ließ uns trotzdem staunen. In den Redaktionsalltag der GROOVE stieg Leon mit ebensowenig Berührungsängsten ein.

Schon an seinem ersten Tag meisterte er eine Premiere von einem Technobrett von Umwelt und eine News zu einem Feuer im Wiener Flex. Ähnlich turbulent ging das News-Geschäft weiter. Die zur Modenschau im Berghain angereisten Gäste von Bottega Veneta feierten im Soho House so ausgelassen, dass die Polizei ermittelte. Ein historisches Moment nahm Leon mit der Verkündung des Bundestagsbeschlusses mit, der Clubs zu Kulturstätten gemacht hat. Ein weiterer Lichtblick nach dem tristen Frühling war nach Ausschreitungen bei Partys im Vogtland und auf dem Wiener Karlsplatz die Aufhebung des Tanzverbots in Berlin. In seinem ersten Interview mit dem Stuttgarter Grünen-Stadtrat Marcel Roth meisterte Leon gleich die schwierige Beziehung von Clubkultur und Politik.

Wenig später folgte sein Gesellenstück, einer der spannendsten Beiträge der GROOVE in den letzten Monaten: Ein Interview mit Henning Baer über dessen Arbeit im Impfzentrum in Berlin-Treptow. Für seinen Roundtable hat sich Leon von seinem unbeirrbaren Musikgeschmack leiten lassen, der ihn auch bei der Auswahl seiner Trackpremieren geleitet hat. Zwei Wermutstropfen bleiben aber. Das erträumte Eintauchen in das Berliner Nachtleben war aus bekannten Gründen nicht möglich. Einzig einen Test-Rave mit Ellen Allien und Inhalt der Nacht konnte Leon besuchen. Und auch die erhoffte Begegnung mit seinem Idol Maceo Plex ergab sich nicht. Das ist aber auch nicht so schlimm, denn Leons Berliner Kapitel ist noch nicht zu Ende: Im Herbst beginnt er an der Spreemetropole ein Studium der Tontechnik.


Detroit’s Filthiest – Imitated Never Duplicated (Casa Voyager)

Detroit’s Filthiest – „Space Invaders”

Alexis: Detroit’s Filthiest enttäuscht nie, auch hier nicht.

Leon: Breakbeat macht ja auch einfach Spaß. Detroit’s Filthiest and Finest sozusagen.

Max: Mir kam letztens beim Joggen die Idee für ein Electro-Album: Es spielt auf einem kompliziert benannten Planeten, dessen Spezies sich immer wieder aufs Neue verschiedenster Gefahren erwehren muss. Gut, oder?

Alexis: „Space Invaders” klingt gar nicht mal so filthy, eher luftig und verspielt. Der Two-Step-Groove liefert das tighte Gegengewicht zu den verträumten Flächen.  

Max: Bin froh, dass sich die Raumreise bei Detroit’s Filthiest so anhört, wie sie es nunmal tut. Fröhlich, man ist nie wirklich in Gefahr, macht Spaß.

Leon: Ja auf jeden Fall. Wie bei Star Wars. Die bösen Trooper treffen nie und man gleitet immer knapp an den Schüssen vorbei.

Alexis: Beim Break switcht er in die Halftime. Mit einer 303-Figur verklingt der Track. Die beiden wissen, was sie tun.

Detroit’s Filthiest – „Essence of Darkness”

Hörbeispiele findet ihr in den einschlägigen Stores.

Max: Fand auch seine letzten Veröffentlichungen super. Für sonnigen Ghetto-Tech zur Peaktime ist das hier noch etwas zu langsam, eher was fürs Warm-up. Hier jetzt noch schönere Synths, holt mich spontan mehr ab als der Trip ins All.

Alexis: Der Groove ist hier derselbe wie beim ersten Track, die ersten Track klingen gloomy. Detroit nicht in Frühlingsstimmung, sondern ein wenig herbstlich. 

Max: Oh, spooky, das klingt nach Theremin.

Leon: Das erinnert mich irgendwie an Hintergrundmusik für ein megacooles Tutorial auf Youtube, wo jeder Schritt genau gezeigt wird, man es aber selbst nie hinbekommen würde. Ideen, für was das Tutorial sein könnte?

Alexis: Für die DIY-Weltraumstation.

Max: Haha, stimmt, da läuft dann aber eher so laxer Drum’n’Bass. Davon ist das hier aber eh nicht weit weg. Wenn man’s bisschen schneller macht, wird es schwer, einen Unterschied zu finden.

Leon: Sehr gut, haha.

Max: Aber schönes, schweres Bassgrollen. Jetzt hat er das Theremin etwas weiter unten versteckt.

Alexis: Der Beat ist überraschend UK-lastig, die feinsinnigen Detroit-Sounds auch, sie erinnern an die britische Broken-Beats-Schule von Dego oder Seiji. Latent jazzy, das. Das Theremin lässt dann noch ein nostalgisches Soundtrack-Feeling einfließen. 

Max: Ich lege mich fest: Das ist Drum’n’Bass, jazzy auch, ja. Aber nicht so jazzy wie etwa der hyperaktive Squarepusher, sondern viel vernebelter.

Alexis: Der Beat immer noch im Two-Step-Modus, aber verhaltener. Stimmt, man kann auch Drum’n’Bass dazu sagen.

Leon: Die klangliche Wendung und Weiterentwicklung ist sehr schön. Der grummelnde Bass kommt wieder mehr in den Vordergrund und die Arpeggios sind auch spannend.

Detroit’s Filthiest – „Pillow Talk”

Hörbeispiele findet ihr in den einschlägigen Stores.

Max: Auch das hat was Loungiges, wie eine höchst aggressive Café-del-Mar-Hommage.

Leon: Das ist dann eben das Café-del-Mar auf deinem Planeten, Max. Da wird Musik für zwei untergehende Sonnen gespielt.

Max: Mindestens! Macht irgendwie hibbelig. Wann kommen die Techno-Banger? Pause-Screen-Musik oder Lausch-Electro für introvertierte Konsument*innen.

Leon: Da kann man ruhig noch länger verweilen, finde ich. Man spürt fast schon den Sand unter den Füßen.

Detroit’s Filthiest – „Euphoria”

Hörbeispiele findet ihr in den einschlägigen Stores.

Leon: Oh, jetzt wird es etwas melancholisch.

Max: Was hören wir denn hier, Boss?

Alexis: Melancholie ist das Stichwort, Max. Das Pathos, das im Nookie-LTJ-Bukem-4Hero-Kontext aufgerufen wird, macht hier eine detroitigen Melancholie Platz.

Max: Mit deinen Namedropping-Kaskaden kannst du mich nicht beeindrucken. Wenngleich ich dir bei Melancholie spätestens hier uneingeschränkt recht geben mag.

Max: Da schwingt sich jemand in ausdauernden Synth-Schleifen nach oben.

Alexis: Ja, eine rundum gelungene EP, die fokussiert ein gut strukturiertes Repertoire von Emotionen aufruft.

Leon: Den Track-Titel kann ich nicht ganz nachvollziehen. Könnt ihr besser in die Gedankengänge von Detroit’s Filthiest eintauchen?

Max: Stellt sich bei Dir etwa Dysphorie ein? Unbeschwertheit hat auch etwas Euphorisches, würde ich sagen. Und unbeschwert-sorglos ist das hier zu 100 Prozent.

Leon: Nein, keineswegs! Stimmt!

Bailey Ibbs – Helter Skelter (Voitax)

Bailey Ibbs – „Warrior’s Call”

Max: Das müsste Breaks geben! Da ist man extrem schnell drin.

Alexis: Wir starten mit einem jungen Producer aus London. 

Max: Erinnert mich ein wenig an die Giordano-EP, die wir vor ein paar Monaten ebenfalls im Roundtable besprochen haben.

Alexis: Man kennt ihn vielleicht von seiner Platte auf Dansu Discs, dem Label aus Manchester. 

Leon: Der EP-Name passend zu dem gleichnamigen Song der Beatles gewählt. Na ja, passend nur in der Hinsicht, dass beide aus UK stammen.

Alexis: Dieses Stück erinnert mit seinem peitschenden, offbeatigen Percussions an DJ Plead und TSVI

Max: DJ Plead und TSVI sind gute Bezugsgrößen, auch wenn ich das hier als fokussierter und etwas geradliniger, um nicht zu sagen simpler empfinde. Tolle Drumrolls jedenfalls immer wieder.

Leon: Ein bisschen erinnert mich die Melodie an The Prodigy. Hat etwas sehr Simples und dennoch Durchdringendes.

Alexis: Getragen wird der Track von einer Fanfare, die nicht an die dramatischen, apokalyptischen Chicago-House-Fanfaren von Felix Da Housecat oder Armando erinnert. Sie hat etwas Gleichmütiges, Freundliches.  

Bailey Ibbs – „I’ll Aways”

Max: Geil. Burialeske Vocals über einem extrem schweren Breakbeat. Wo er das Sample nur herhat? Es liegt mir auf der Zunge.

Leon: Das Vocal steht sehr im Kontrast zu dem roughen Beat.

Max: Für Burial aber etwas zu wenig verzerrt, klingt fast nach klassischem R’n’B. Der Beat driftet immer mehr in Richtung Dubstep.

Alexis: Ja, jetzt überraschende, auch überraschende Dubstep-Vibes.

Leon: Stimmt. Dieser berüchtigte „Woah”-Bass dringt mehr und mehr durch.

Max: Wobble, wobble.

Alexis: Jetzt überraschende, unerwartete Dubstep-Vibes. Loopig gehalten, mit einer kindlich wirkenden Frauenstimme. 

Max: Gefällt mir sehr.

Alexis: Eher ein Interlude, das.

Bailey Ibbs – „Helter Skelter”

Max: Ok, der Titeltrack zieht an.

Leon: Sehr zum Tanz auffordernder Groove.

Alexis: Jetzt wieder mit einem kleinteiligen Groove und einem Vocal, das wie eine Ansage aus einem Rockkonzert klingt.

Max: YouTube-Comments à la „he absolutely destroyed the dancefloor with this one” werden wohl oder übel kommen.

Leon: UK, wo man hinblickt oder besser gesagt hinhört.

Max: Ja, ein Track als Meta-Kommentar.

Alexis: Der Breaks-Rock-Crossover erinnert an den Andrew Weatherall der frühen Neunziger. 

Max: Von welchem halblegalen Rave diese Ansagen wohl ursprünglich stammen?

Leon: Man weiß es nicht.

Max: Sie scheinen ja eine „big License” zu haben. Wird jedenfalls einfach nicht alt, sowas.

Alexis: Ich korrigiere mich: Kein Rockkonzert, es ist eine Ansage von einem Rave aus den frühen Neunzigern, wahrscheinlich von einem Tape- oder CD-Mitschnitt, der DJ Seduction ankündigt.

Max: Sehr gut.

Bailey Ibbs – „Off The Lorry”

Max: In der Machart ähnlich.

Leon: Das gefällt mir. Schön aggressiv und fordernd.

Alexis: Ja, die Formel Breakbeat plus Vocal-Sample, das klingt jetzt nach Reggae. Wobei ich damit wahrscheinlich auch falsch liege. 

Max: Na ja, er greift das karibische Erbe der Insel schon auf, nicht nur im Vocal-Sample.

Max: Ja, einer für den Schmollmund, der signalisiert, dass man’s fühlt.

Leon: Das „Hier stinkt’s”-Gesicht.

Max: Hahaha, ja.

Alexis: Mein Verdikt zu dieser Platte: Auf hohem, vielleicht zu hohem Niveau produziert, mit Sinn für den Zeitgeist.

Max: Hier wird insgesamt bunt recht viel in einen Topf geworfen, über alle vier Tracks hinweg. Ich muss sagen, dass ich die ersten beiden besser fand, weil irgendwie unorthodoxer. Für den Floor natürlich die anderen beiden stärker.

Alexis: Eine klassische RA-3.7-Platte.

Max: Ne, 4.0.

Leon: Ja mir fehlt auch der gewisse Dreck in den Nummern.

Alexis: Ja, klingt ein wenig ausgedacht und (über-)produziert.

Floorplan – On The Case/The Deal (M-Plant)

Floorplan – „On The Case”

Leon: Der gute Robert Hood.

Alexis: Robert Hood weiterhin im Reissue-Modus. Loopiger House im Floorplan-Modus mit einer rotzigen Bass-Figur und einem einzigen Orgel-Chord. Simpel und striking wie Robert Hood so oft.

Leon: Funky im „Call-and-Response”-Modus.

Max: Finde ich die letzte Reissue spontan stärker. Was nicht heißt, dass die nicht auch funktionieren würde.

Alexis: Dann kommt noch ein dubbiger Sound dazu, der die psychedelische Dynamik des Tracks noch steigert.

Leon: Ist auf jeden Fall ein guter Lückenfüller, der die Spannung halten kann.

Max: Und der Wiedererkennungswert ist bei ihm eh grenzenlos gegeben. Wann kam die ursprünglich?

Alexis: 2001.

Leon: Da war ich ein Jahr alt haha.

Floorplan – „The Deal”

Max: The real deal. Ui, fett. Da werden keine Gefangenen gemacht, klingt super detroity.

Leon: Hat auf jeden Fall einen euphorischen Vibe. 

Alexis: Jetzt ein Track mit einem hackenden Groove und einem anstachelnden Synth-Loop als Hookline. 

Max: Das ist so sein Schnittstellen-Sound, der noch etwas mehr Panorama Bar als Berghain-Floor ist für mich.

Leon: Klingt nach Schweiß. Im guten Sinne.

Alexis: Robert Hood gelingt das Kunststück, leichtfüßig zu marschieren.

Max: Etwas schnellerer House-Groove mit technoider Melodie. Was hat sich da bis zu „Never Grow Old” getan? Mehr Maschinenfunk gab’s jedenfalls um die Jahrtausendwende.

Alexis: Die Kürze des Loops macht den Track hermetisch und manisch zugleich.

Leon: Die tiefer werdende Kick bringt auch nochmal einen freshen Moment.

Max: Haha, die ist richtig schön bauchig.

Leon: Die drückt, ja.

Max: Aber im Endeffekt bei Mr. Hood immer schwer, die x-te Platte noch mit interpretatorischer Bedeutung aufzuladen.

Alexis: Makellose Platte. 

Kasper Bjørke – Glassy (hfn)

Kasper Bjørke – „Glassy”

Max: Extrem lang nichts mehr gehört vom skandinavischen Träumer.

Alexis: Eine EP zu seinem drastisch unterschätzen Album, das von der Geschmackspolizei gedisst wird.

Leon: Klingt auf jeden Fall verträumt, ja.

Max: Haha, und damit lasse ich die Handschellen schon klicken. Ich stemple den ja nach wie vor als wandelnden Spotify-Algorithmus ab. Was gefällt euch daran? Ich find’s nicht übel, aber es plätschert schon ein wenig vor sich hin.

Leon: Oder du bist der für den Algorithmus perfekt geeignete Bjørki.

Max: Vielleicht war ich das. Das Gras war früher schließlich grüner.

Alexis: Der Däne macht schon seit 1999 Musik, bekannt wurde er als Filur mit Tomas Barfod. Die Tracks unterscheiden sich im Duktus durchaus von Robert Hood.

Max: Hahaha, so weit würde ich auch gehen. Biographische Details sind schön und gut, aber: Was findet ihr daran? Ich lasse mich ja gerne überzeugen.

Alexis: Statt um einen gewaltigen, Körper und Seele zerreißenden Funk geht es hier um fluffige, freundliche, fast schon niedliche Klänge. 

Leon: Den Track kann man auf jeden Fall in vielen Situationen hören. 

Max: Welche Situationen wären das? Abschlussparty des Erasmus-Semesters?

Leon: Haha, ja! Bei einem Date, wenn man vorsichtig sagt, dass man Elektromusik hört.

Max: Sie trägt Kobosil-Merch, du präferierst Kasper Bjørke – eine Liaison Dangereuse.

Alexis: Gefährlich! 

Leon: Um nicht zu sagen unvereinbar.

Max: Es ist kompliziert.

Kasper Bjørke – „Running”

Alexis: Mir gefällt an Bjørke, dass er einen ganz eigenen, beschaulichen Duktus hat, der sich durch alle Melodien und auch durch die Klangästhetik zieht. Er schaut sich die Dinge an, ohne zu werten und zu gewichten. Es erinnert an Naive Malerei. 

Max: Aber ohne Flachs: Das ist schon ganz lieb. Naive Malerei ist ein gutes Stichwort. Düdelige Synths, die nicht mehr wollen, als sich anzuschmiegen.

Leon: Finde ich auch. Da könnte man wie so oft auch bei naiver Malerei sagen: „Ich kann das auch.” 

Max: Panflöten gehen aber doch etwas zu weit.

Alexis: Erinnert das nicht an Minilogue und Sebastian Mullaert

Max: Waaaaaas? Ne, Minilogue vor allem sind ja viel hermetischer, wie du sagen würdest. Die machen Minimal, das hier ist schon sehr maximal. In der Melodiefindung etc. Bei Minilogue habe ich auch stets noch das Gefühl, dass es irgendwie in Richtung Club gehen könnte. Hier ist das die Afterhour der Afterhour.

Kasper Bjørke – Glassy (1-800-Girls Remix) 

Alexis: Jetzt noch der Remix des Titeltracks vom Groove-Liebling 1-800 Girls.

Leon: Plopp, Plopp, Platsch.

Max: Das klingt mit dem ausgetechten Blubber-Beat schon weitaus näher dran am Zeitgeist. Und wird wohl auch ein Clubtrack. Floorwärts!

Leon: Passt schön in ein Closing rein.

Max: Gibt auch Vondelpark- oder CHVRCHES-Remixe, die sich in etwa so anhören.

Alexis: Er liebt offenbar Naturklänge. Bei dieser EP taucht der Seetaucher an prominenter Stelle auf, hier ist es Geglucker. 

Max: Weiß zu gefallen.

Leon: Mal sehen, ob die Panflöte auch hier einsetzt.

Max: Melodramatisch, aber in seiner Aussage stark.

Alexis: Der Track ist mit seinen fließenden, gleitenden Sounds slicker, aber nicht so eigenständig wie das Original.  

Max: Haha, du willst mich wohl auf den Arm nehmen. Da macht für mich sogar diese naive Pfeif-Melodie Sinn.

Alexis: Hat aber mehr Pathos, er trägt dicker auf und ist stereotyper. 

Max: Stereotypen sind da, um sie zu mögen.

VA – Live At Robert Johnson & Riotvan (Live At Robert Johnson & Riotvan)

Rebolledo & Roman Flügel – „Star Stuff” 

Max: Ui, was eine Kombi. 

Alexis: Erklärst Du das Konzept der Platte, Leon? 

Leon: Inspiriert von dem graphischen Design der Platte von Michael Satter und Panthera Krause, wurde jeder der fünf Tracks von Teams produziert, die sich aus dem Stamm der beiden Labels zusammensetzen. Eine Fusion quasi.

Max: Spontan würde ich sagen: Beat kommt von Rebolledo, Melodie eher von Flügel. Ästhetisch passen beiden Labels ja ganz gut zueinander. Das ist hier ist das Track-gewordene nicht eingelöste Versprechen, das vor allem Rebolledo so auszeichnet. Seine Tracks irren für gewöhnlich rum, um dann im Nirgendwo zu landen. Jetzt ein Flügel-Break. Gefällt. Insgesamt aber eine schöne Ode an die Monotonie.

Alexis: Ja, die jammige, schwelende Dynamik von Rebolledo und der feinsinnige Flügel-Funk finden schön zusammen. 

Jennifer Touch & Chinaski – „Dime”

Alexis: Jetzt geht es, wen überrascht’s, Achtziger-lastiger zu. 

Leon: Trifft den Zeitgeist schön. So eine Mischung aus 80er und Post-Punk.

Max: Ja, fein beschrieben. Chinaski übrigens der Erzeuger eines meiner liebsten Groove Podcasts. Ergänzt sich auch wieder ganz gut, mir gefiel die Nummer davor aber besser.

Leon: Mir gefällt die auch gut.

Alexis: Die durchlässigen, reduzierten Sounds erinnern an Human League oder Depeche Mode, das starke Vocal an Kate Bush oder Blondie, wenn man die in einem Atemzug erwähnen darf. Aber klar, in seiner Retro-Ästhetik nicht so innovativ. 

New Hook & Perel – „The Lambs Suffer”

Max: Der Groove ist ähnlich wie der eben, die Stimmung aber eine komplett andere. Perel also auf Spanisch unterwegs.

Leon: Die Vocals im Hall erinnern mich dezent an Nina Kraviz. Der Vibe ist cool. Klingt sehr stimmig, ich vermisse jetzt keine Elemente.

Max: Geht schon alles in Richtung verträumtes Open Air. Rimshots überall.

Leon: Oder eine weitere Nummer für den kompliziert benannten Planeten von Max.

Alexis: Auch Achtziger-lastig, aber etwas offner, jammig. Perel auf Spanisch ist charmant.

Fort Romeau & Panthera Krause – „Omicron 8”

Max: Da bin ich gespannt.

Max: Wen wundert’s: Am straightesten waren bislang Rebolledo und Roman Flügel.

Leon: Stimmt. Das bringt auch wieder sehr die Achtziger ins Spiel.

Max: Die beiden sind sich so ähnlich, dass ich das Gefühl habe, der Track könnte ihnen jeweils auch solo zugeschrieben werden.

Alexis: Diese Kombination liegt auf der Hand, vielleicht zu sehr. Also vielleicht sind sich die beiden zu ähnlich in ihrer Vorliebe für Synth-Arpeggios mit Disco-Subtext. 

Max: Haargenau. Kein schlechter Track aber.

Alexis: Diese Track klingt ungewöhnlich verhalten und düster. Pop und Psychedelik ringen miteinander. 

Max: Das ist aber schon signature LARJ.

Alexis: Und Riotvan

Max: Dann passt’s ja eh.

Leon: Die Break ist sehr airy

Alexis: Jetzt kommt es bei langsam bei mir an. Die Pads und die Hook erzeugen einen interessanten Resonanzraum.

Horkheimer & Peter Invasion & Gregor Habicht – „Summe Drei”

Alexis: Jetzt noch, um die Dekadenz in den Exzess zu treiben, ein Trio. Horkheimer ist ja der neue Shooting-Star des Robert. Ich weiß allerdings nicht, für was er steht.

Max: Der neue Shootingstar, ja? Hier bezieht sich eigentlich alles auf die Bassline, die angenehme konzentrische Kreise zieht.

Alexis: Auf der B2 wird geravt. 

Leon: Das schwingt sehr schön. Gepaart mit den kuriosen Vocals hört sich das ganz gut. Oh, der Übergang in den Club-Modus.

Max: Oha, jetzt Four-To-The-Floor mit Sägezahn-Synths.

Alexis: Eine raumgreifende Bassline, Acid-Sounds und ein monotoner, treibender Techno-Groove. 

Max: Der Banger der EP, aufgehoben für das Grande Finale.

Leon: Dazu eine fette Snare.

Max: Schöne Stimmungswechsel. Jetzt wieder versetzte Schläge, die aber das Momentum des Tracks eher noch verstärken.

Leon: Die Schnipsel der Vocals schaffen einen schönen erweiterten Raum, womit das Ganze nicht so trocken klingt.

Alexis: Hier lebt das Frankfurter Techno-Erbe: Die Hook mit den breiten 303-Sounds erinnert an Harthouse, die leicht irren Vocals an Ricardo Villalobos. Alles in allem eine starke, vielfältige Platte. Rebolledo & Roman Flügel haben mir am besten gefallen.

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