Nicht in eine vorgestanzte Kategorie zu passen, und stattdessen das Etikett „Post-Irgendwas“ aufgestempelt zu bekommen muss nicht unbedingt ein Hinweis auf Qualität oder Neuigkeit sein. Hin und wieder ist das aber doch. Vor allem wenn es um so „Nahe-Zukunft“ Elektronik in digitaler Hybrid-Ästhetik geht. Für die Newcomerin Hüma Utku a.k.a R.A.N. (Roads At Night) aus Istanbul-Berlin ist der Kleber der die Bindestrich-Sounds zusammenfügt eine schmutziges verrauschtes Sounddesign. Ansonsten ist auf ihrer formidablen EP Şeb-i Yelda (Karlrecords) einiges Möglich, vom harschen Überwachungsdrone mit Field Recordings bis zur Beinahe-Neoklassik. Alles in ziemlich dunkel und bedrohlich.


Stream: R.A.N. – Şeb-i Yelda

So ähnlich fühlte sich I Started Wearing Black an, das zweite Album von Sonae. Zufall oder nicht, die digitalen Wearing Black Remixes (Monika Enterprise) betonen sämtlich die im Dunkel versteckten, in schroffem Sound halb verschütteten Pop-Momente des Albums. Vor allem die Londoner Newcomerin La Leif gibt ihrer Interpretation einen breakbeatigen Trap-Vibe der in einem Club betanzt werden möchte, den es leider noch nicht gibt. Die restlichen Bearbeitungen sind minimaler aber nicht weniger hybrid. So erwärmt Natalie „TBA“ Beridze Sonaes Sound zu Ambient, Electric Indigo zu sparsamem, beinahe beatlosem House, und Lucrecia Dalt zu karger Synthesizer-Poesie. Body Horror (Creamcake), die Debüt-EP der Frankfurter Künstlerin Johanna Odersky alias Iku, die im Grenzbereich von Soundart und Installation arbeitet, ist dagegen supereingängiger und poppiger Post-R&B mit scharfen IDM-Beats. Eine tolle Bedroom-Variante der unendlich prominenteren „Popstar plus Avant-Elektronik“ Produktionen etwa von Oneohtrix Point Never für Anohni, oder Arca für Björk.


Stream: Hiro Kone – Pure Expenditure

Die New Yorkerin Nicky Mao alias Hiro Kone geht dieses Thema auf Pure Expenditure (Dais) etwas derber an. Ihr deftiger, passiv-aggressiver wie schwergewichtiger Post-Industrial/Power Electronics Sound ohne Industrial könnte jetztzeitiger nicht sein könnte. Da können die hipness-geplagten Jungstars der Szene von Amnesia Scanner bis Pan Daijing einpacken (Autechre und Dan Lopatin lachen sich ins Fäustchen). Kaum zu glauben, dass Nicky Mao bis vor kurzem bei den netten Lo-Fi Indie-Rockern Effie Briest gespielt hat.

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