Auf Third Ear kamen in den vergangenen Jahren zwei EPs von dir heraus, die sich als straighter Techno mal wieder innerhalb der Bassdrum-Vereinbarung bewegt haben. Ganz raus bist du also nicht.
Ja, die erste der beiden Platten, die Guy Martin-EP, war mir sehr wichtig.
Die Guy Martin-EP ist nach einem Motorradrennfahrer benannt. Wie man hört, warst du mal passionierter Motorradfahrer. Machst du das noch immer?
Ja, ich fahre gerne schnell. Ich fahre auch Rennstrecken, aber nicht mit wahnsinnig viel Risiko. Der Grenzbereich ist einigermaßen bekannt. Früher hatte ich eine Lizenz und bin auf der Nordschleife Rennen gefahren. Aber just for fun. Gewinnen wollte ich nie. 2012 war ich aber fast tot.
Hattest du einen Unfall?
Ist egal. Ich brauchte ungefähr ein Jahr, um aus der Sache wieder herauszukommen. Das war schon ein Ritt auf der Rasierklinge. Es dauerte drei, vier Jahre, bis ich mich wieder einigermaßen sortiert hatte. Meine Metapher für diese Zeit ist „Guy Martin“. Das ist zwar straighter Techno, aber es ist für mich eine wahnsinnig persönliche Platte.
Über ein wichtiges Projekt, deine Bearbeitungen von Richie Hawtins Concept 1-Tracks, haben wir jetzt noch gar nicht gesprochen. Im Jahr 1998 sind diese Tracks von dir auf dem Album Concept 1 – 96:VR veröffentlicht worden. Stimmt es, dass du persönlich nach Windsor gefahren bist, um Richie Hawtin ein Tape mit diesen Stücken in die Hand zu drücken?
Ja, ich war in Detroit und fuhr von dort durch den Tunnel nach Windsor, um dieses DAT bei Richie abzuliefern.
Was reizte dich an Richie Hawtins Concept 1-Serie?
Ich hatte ja bereits die Studio 1 – Variationen gemacht und fragte mich, was noch Sinn ergeben könnte. Ich versuchte mich an Stücken von Maurizio, merkte aber schnell, dass denen nichts hinzuzufügen ist. Dann nahm ich mir den Richie zur Brust. 1996 gab es diese drei Serien: Studio 1, Concept 1 und Maurizio, wobei Letzteres nicht ganz so strikt als Serie angelegt war. Dass ich Maurizio nicht angepackt habe, spricht für sie. Es gab in Richie Hawtins Umfeld noch einen anderen, der gerne mal unterschlagen wurde: Daniel Bell. Ihn lernte ich auch in Detroit kennen, doch an seine Musik traute ich mich nicht ran. Die war perfekt. Ich muss sagen, dass Richie mich anders als Wolfgang ordentlich bezahlt hat. Mit Richie habe ich ab und zu noch immer Kontakt, wir verstehen uns gut. Von Wolfgang gab es anfangs ein paar Hundert Mark und dann nie mehr eine Abrechnung. Na ja, er redet ja gerne von den merkantilen Aspekten. Ich bin mit ihm mal richtig aneinandergeraten. Irgendwann wurden die bei Kompakt hochnäsig, ich reagierte mit der gleichen Arroganz und es knallte. Ich habe aber absoluten Respekt vor seiner Arbeit. Er hat ja auch ein paar absolut wunderbare Stunts geliefert, zum Beispiel sein Faible für Mono. Das finde ich große Klasse. Ich kann viel damit anfangen, wie Wolfgang die Dinge auf das Wesentliche reduziert. Wozu braucht es 64 Kanäle? Auf die Kunst übertragen hieße das ja, dass die Skulpturen um dich herumfliegen. Ich muss mich doch im Raum bewegen. Ich kann doch nicht erwarten, dass der Club um mich herumtanzt, während ich rumstehe.