Warum?
Weil ich nicht dieser Arbeitsethik anhänge. Das Wesentliche ist mit ein paar groben Schlägen erledigt. Von da ausgehend kannst du noch ein bisschen verfeinern. Es trägt oder es trägt nicht. Mit den Studio-1-Platten hat Wolfgang bewiesen, wie gut so ein Minimalismus tragen kann. Ich hatte schon eine ganze Weile Platten mit zwei Tonarmen abgespielt, weil mir die Musik schnell zu langweilig wurde. Dadurch, dass die Tracks so maschinenbasiert waren, funktionierte das erstaunlich gut. Das war tight, die Musik wurde durch meine Bearbeitung sehr dubby. Ich nahm das auf Kassette auf und stellte fest, dass zwischen Frühstück und Mittagessen auch ein ganzes Album geht. Damit spazierte ich in den Kompakt-Plattenladen und gab diese Kassette ab: Hier, hört’s euch mal an. Zwei Stunden später klingelte das Telefon, Wolfgang war dran: Wir machen das als Platte, bumm. Daraus wurden Profan 18 und 19. Diese Platten waren die ersten auf dem Label, die von außerhalb kamen, vorher produzierten nur Reinhard Voigt, Wolfgang Voigt und Jürgen Paape für Profan. Es waren die bisher erfolgreichsten Platten auf Profan, Wolfgang war souverän genug, das anzuerkennen. Aber nicht alle fanden das gut. Es gab Leute, die sich herausgefordert fühlten. Man konnte es ja böse formulieren: Auf den Flügeln von Mike Ink segelt der Brinkmann. Parallel dazu hatte ich schon andere Sachen am Laufen. Achim Szepanski von Mille Plateaux schickte ich die Klick-Sachen. Es kam aber nie eine Antwort. Am Ende ging ich damit zu Wolfgang, ich gab ihm eine Menge Zeug, darunter waren neben den Klick-Stücken auch die ersten Ernst-Tracks. Von ihm hörte ich auch nichts. Zwei Monate später trafen wir uns auf einer Party wieder. Ich sagte ihm: Du hast drei Tage Zeit, dich zu entscheiden. Wenn du nicht willst, mache ich’s selber. Hat er wohl nicht so richtig ernst genommen. Na ja, damals ging das mit der Herstellung von Vinyl noch schön schnell. Innerhalb von vier, fünf Wochen waren drei Ernst-Maxis fertig – „Anna/Beate“, „Clara/Doris“ und “Erika/Frauke“. Die standen als Behauptung in meinen Regalen, schön in Kartons verpackt. Ich hatte noch gar keinen Vertrieb, also lieferte ich bei Formic und Kompakt selbst Platten ab. Und schon lief es.

Wie hast du das mit den beiden Tonarmen denn umgesetzt?
Das ist so blöd, wie man sich das nur vorstellen kann. Es wurde darum immer so ein Bohei gemacht – Custom-made-Plattenspieler und so. Da wurde etwas mystifiziert, wo gar nichts zu mystifizieren war.

Dann lass es uns entmystifizieren.
Die Haptik der Plattenspieler war schon entscheidend. Ich weiß nicht, ob ich so etwas auf einer rein digitalen Ebene gemacht hätte. Fasziniert haben mich dabei diese Verschiebungen im Rhythmus, dieser völlig andere Groove, der sich unter Verwendung des gleichen Materials ergibt. Das war eine Aneignung. Die Frage war: Wie kann man Widerfahrenes ins Aktivische wenden?

Sowohl Klick aus dem Jahr 2000 als auch Studio 1 – Variationen waren ja elektronische Musik ohne Verwendung von Synthesizern oder Samplern.
Beide Projekte hatten eigentlich nichts mit elektronischer Musik zu tun, wobei mein Ursprung schon die Elektronik ist. Ein Freund von mir hatte in den 70er-Jahren ein gelötetes Modular-Synthesizer-System. Damit haben wir rumgespielt. Irgendetwas ging immer kaputt, da musste man ständig mit dem Lötkolben hinterher. Was mich extrem fasziniert hatte, war das Sequencing. Du wachst morgens um fünf auf und die Platte hängt immer noch in der letzten Rille – tack, tack, tack, tack. Irgendwann stand ich auf, nahm mir ein Messer und ritzte noch ein zweites Tack ein. Und schon hatte ich einen
guten Morgen.

Also kam dir diese Grundidee deines Projektes Klick wirklich schon in den Siebzigern?
Ja, es fing mit einer Thelma-Houston-Platte an. Das war die erste, die ich so bearbeitet hatte. Die habe ich auch noch.

Die Platten, die du für das Klick-Projekt benutzt hast, sind alle quadratisch zugeschnitten. Was hat es damit auf sich?
Ist doch praktisch, so muss ich weniger schleppen. Den Rest der Platte brauchte ich ja nicht. Reduce to the max, weg damit. Viermal mit dem Cutter durch, dann lassen sie sich schön brechen. Eine quadratische Platte hat ja was.

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