Jeden Tag werden DJ-Mixe ins Netz geladen. Manche sind besser, manche sind schlechter und nur wenige werden uns jahrelang begleiten. Jeden Monat sucht das Groove-Team die fünf besten des vorangegangenen Monats aus, präsentiert in alphabetischer Reihenfolge. Diesen Monat mit DJ Sports</strong, Jennifer Cardini und Job Jobse, Noncompliant, Wata Igarashi und Zaltan. Und wer danach noch nicht genug hat, schaut einfach mal beim Groove-Podcast vorbei.

5. DJ Sports – Crack Mix 164

Milán Zaks alias DJ Sports sorgte im Juni mit seinem Debütalbum Modern Species auf Firecracker Recordings für Aufsehen – sein mühelos klingender Sound aus Breakbeats und Electronics klang wie ein verschollener Beitrag aus der Artificial Intelligence-Serie des Warp Labels, auf der vor 25 Jahren etwa Autechre, B12 oder The Black Dog veröffentlichten.

Sein Anfang September für das englische Crack Magazine entstandender, anderthalbstündiger Mix greift diese Mischung auf, fährt die IDM-Einflüsse jedoch zugunsten von House zurück. Das Mitglied des Regelbau-Kollektivs aus Aarhus, Dänemark startet seinen DJ-Mix mit Ambient und Jungle und endet mit Dub Reggae. Dazwischen gibt es 90er Italo-House und New Yorker Strictly Rhythm-Klassiker, aber auch neuere Tracks wie Don Papas „Rebel Danc“. Die Stimmung wechselt zwischen verträumt und euphorisch, zu den Höhepunkten zählt etwa Morgan Geists „Lullaby“ mit seiner Wiegenlied-Melodie zum Beat von Kraftwerks „Numbers“.

Dieser Mix von DJ Sports fällt weniger eklektisch aus als noch sein Beitrag für die SANPO-Serie aus Melbourne im Frühjahr, zu entdecken gibt es aber auch hier jede Menge. (Heiko Hoffmann)

4. Jennifer Cardini + Job Jobse – BIS Radio Show #904

Dass sich Jennifer Cardini und Job Jobse gut verstehen, und zwar auf persönlicher wie auch musikalischer Ebene, darauf hätte man auch alleine kommen können. Als Cardini im September Tim Sweeneys Einladung annahm, in seiner wöchentlichen Radio Show Beats in Space in New York zu spielen, brachte sie ihren DJ Kollegen einfach mit – sehr zur Freude des überraschten Gastgebers.

Das tolle Set der beiden liegt komplett auf der Linie, die Cardini seit Jahren mit ihrem Label Correspondant verfolgt: an kühlem Wave und Italo Disco geschulte neue Tracks werden hier mit ein paar nicht ganz so offensichtlichen älteren Tunes wie D’Arcangelos “Diagram VII (80ies Mix)” oder der 1987er EBM-Track “Rejecto (U.S. Dub)” von Robot Rejekto gemixt. Cardini und Jobse feiern hier zwar vor allem die melodiösen, wunderbar kitschigen Elemente von Italo, die in Dollkraut & Bernard Crochets “Peace Planet” ihren ersten Höhepunkt findet. Das wird aber immer wieder von der stimmungsmäßigen Ambivalenz, die ebenfalls Italo-inspirierte Tracks von Labels wie Clone, Mannequin oder Dark Entries vertreten, gut abgefedert, so dass das Ganze nie zu einem akustischen Zuckerguss gerinnt. Der ganze Mix macht einfach sehr sehr großen Spaß. Und wenn man dann am Ende erfährt, dass Cardini immer “mon chéri” zu Jobse sagt, überrascht einen das auch nicht mehr – da haben sich halt zwei gefunden. (Thilo Schneider)

3. Noncompliant – RA.591

Wenn ein Mix mit einem Dialogfetzen aus dem Achtziger-Jahre-Kultfilm Flash Gordon beginnt, ist das allein ein gutes Zeichen. Wenn diese Dialogfetzen – “I like to play with things a while before annihilation” – dann noch als galgenhumoriger Kommentar aufs Zeitgeschehen zu verstehen sind und der Mix am schlimmsten Wahlkatermorgen seit dem letzten November ums Eck kommt, dann ist das umso besser.

Zuletzt war Lisa Smith, vormals als DJ Shiva und nunmehr als Noncompliant unterwegs, bei uns im Groove-Podcast zu Gast, ihr Mix für Resident Advisor allerdings legt die Messlatte noch mal ein entschiedenes Stück höher. Angefangen mit noch dezenten Electro-Cuts steigert sich die US-Amerikanerin graduell in eine immer härtere Gangart, ohne den Groove für einen Augenblick außer Acht zu lassen. Ob ratternde Acid-Tracks, minimale Stomper oder hart jackende Drum-Workouts, hier passt alles nahtlos zusammen – und wird noch durch den Einsatz anderer Filmsamples zu einem narrativen Flickenteppich erhoben.

Messerscharfes Mixing ist eins, erzählerische Qualitäten sind etwas anders. Smith bringt beides mit, hier passt alles zusammen. Das hier sind die besten 75 Minuten Techno, die im Monat September überhaupt zu hören waren, ob nun zuhause auf der Couch oder auf einem versifften Clubfloor. Da ist dem Einleitungstext auf Resident Advisor nur mehr als Recht zu geben: Dass Noncompliant sich erst 2017 zur Hausmarke entwickelt, ist eigentlich aber Schande. Aber auch ein großes Glück für alle, die jetzt in den Genuss kommen dürfen: Im Oktober ist sie in Europa unterwegs und macht unter anderem im Berghain Halt. (Kristoffer Cornils)

2. Wata Igarashi – SlamRadio 259

Ehrlich gesagt habe ich im September nicht wirklich viele Mixes oder Podcasts gehört. Diesen hier von Wata Igarashi dafür mehr als einmal. Kennengelernt habe ich den japanischen DJ und Technoproduzenten erstmals durch seine Junctions-EP für das Berliner Label Midgar. In den letzten Jahren folgten weitere Releases auf Time To Express, The Bunker New York und Semantica, die allesamt seine Vorliebe für deepen, trippig-psychedelischen Techno gemein haben.

Igarashis Mix für SlamRadio macht da keine Ausnahme und ist – im besten Sinne – gutes Handwerk. Bis auf den atmosphärischen Anfang, in dem garstig dröhnende Basslines den Spaß aber bereits ankündigen, setzt Igarashi fast ausschließlich auf neue, in diesem Jahr veröffentlichte Techno-Tracks, die mit ihrem Facettenreichtum durchaus repräsentativ für die DJ-Sets des Japaners stehen. Richtig los geht’s mit einem düsteren Bassthema von Neels neuer Token-EP, das tatsächlich eine tolle Brücke für Border Ones Banger “Drumrim” und einem verrückten Tribal-Trip Peter Van Hoesens ist. Die wunderschön kompakte Stunde lebt von einem Drive, den man vielleicht am besten mit Mike Parker vergleichen könnte. Ein richtiges Schlüsselstück gibt es nicht, allerdings ist mit Pharaoh, einem spannenden Newcomer aus Tel Aviv, ein Producer gleich zwei mal vertreten: Sowohl mit dem trippigen Synth-Roller “Spiral” als auch mit “Charge“, Pharaohs Beitrag auf dem ersten Various-Release von Block Records, das neue Hauslabel des gleichnamigen Clubs. (Sebastian Weiß)

1. Zaltan – RA Live at Brilliant Corners (10.09.17)

Der Pariser Quentin Vandevalle aka Zaltan ist ein gutes Beispiel für einen klassischen Digger. Frei übersetzt bedeutet „to dig“ so etwas wie graben oder wühlen und genau das ist es, was Zaltan mit kistenweise Vinyl tut. Egal ob auf Flohmärkten oder in Plattenläden, er ist dabei immer auf der Suche nach einem neuen unentdeckten Schatz für seine Plattensammlung.

So kommt es, dass sich in seinem live mitgeschnittenen Mix aus dem Londoner Brilliant Corners Aphex Twin an achtziger Jahre Synth-Pop und Rock reiht. Von Beatmatching ist in den knapp eineinhalb Stunden keine Spur, doch bei einer Auswahl, wie Zaltan sie trifft, ist das auch gar nicht notwendig. Ein weiterer Beleg dafür, dass Auswahl Mixing um Längen schlägt. (Christoph Umhau)

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