Der Spanier Lee Yi, Spezialist für schartigen Dark Ambient ähnlich der oben erwähnten FRKTL, hat im vergangenen Sommer mit Lee Yi (Thesis Project) ein ergreifendes wie feinsinniges Album abgeliefert, das ich hier noch einmal erwähnen möchte. Nicht nur ob der musikalischen Qualität, die diese Erwähnung verdient, sondern ebenfalls, weil das Artwork in erstaunlicher Koinzidenz dem des oben erwähnten Albums von Motohiro Nakashima ähnelt, vermutlich, ohne dass beide je voneinander gehört haben. Aber ihre Sensibilitäten und ihre Ästhetik scheinen verwandt, sogar jenseits der verschiedenen musikalischer Werkzeuge, die sie verwenden. Lee Yis jüngste Arbeit Hayví (Midira, 14. Januar) ist nicht weniger gut, etwas schwerer und disruptiver im Sound.

Den vernachlässigten und zur realen Dystopie gewordenen architektonischen Utopien der nahen Vergangenheit, spezifisch dem Beton-Brutalismus der nordbritischen Sechziger und Siebziger, die ästhetische Würde wiederzugeben, haben sich The Black Dog multimedial, in Klang und Bild vorgenommen. Nach dem überraschend frischen Mega-Opus Music For Photographers haben sie nun kurzfristig die thematisch noch eindeutiger benannte Brutal Minimalism EP (Dust Science Recordings, 28. Januar) nachgeschoben. Der Viertracker operiert näher am klassischen Sound des Trios als das Album, will sagen, leicht dubbig angeschunkelte IDM-Beats als freundliche, aber bestimmte Electronica in dunkleren Schattierungen von Grau.

Kaum ein Vierteljahr nach dem ausufernden Debüt unter eigenem Namen hat Florian Sankt für das italienische Label Entangled Visions sein Alias Shô wieder aufgelegt. Die drei Nocturnes (Entangled Visions) der 10-Inch geben sich atmosphärisch mitternächtlich im schmutzigen Neonschatten der dekonstruierten Nachtmahre aus dem dekonstruierten Club. Knatternde Splitterbeats, die sich nie so richtig zu einem Rhythmus begradigen wollen, knarzende Kellertüren und knarzende Waber-Bässe in erzählenden Tracks, die in die Anfänge von Techno und von allem zurückgreifen, gleichermaßen aber in die Vorahnung einer dystopischen Zukunft jenseits jeglicher Clubmusik.

Nicht weniger atmosphärisch zwischen Traum und Albtraum kommt Live in Montreal 2018 (Editions Mego, 14. Januar) von Klara Lewis herum. Das dreiviertelstündige Set arrangiert randmelodische, subtil unheimlich konnotierte Sounds und angeschrammt wirkende Beats zu einer mächtigen Soundcollage; kairotische Fügung eines offenbar mehr als glücklich gelungenen Konzertes vor der Pandemie. Am interessantesten ist allerdings das Paradox, dass die disruptiven Beats und düsteren Sounds zusammengenommen einen ausgesprochen beruhigenden Effekt haben. Zwar kühl und der Distanz zu den Hörenden bewusst, doch letztlich immersiv und gewinnend. Die Zukunft von Chill-Out?

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