Foto: Presse (Perel)

Hip House, New Wave, Disco mit Italo-Einschlag: Fast scheint es, als wäre Perel eine Nostalgikerin. Doch lässt der Sound der Wahlberlinerin weder hinter den Decks noch im Studio den Zeitgeist aus dem Auge und eckt damit auch mal an. Bombastische Pop-Hits und Ost-Rock hier, die ganz großen Gesten und New Wave-Coolness dort, angenehm unversteift in jeder Epoche bedient und sorgsam zusammengeschnürt. Fanden auch DFA, die Perel vom Fleck weg für ein Album verpflichteten, das sich Ende April auf dem New Yorker Label zwischen LCD Soundsystem, Factory Floor und The Juan MacLean bestens machen wird. Es hat eben doch einen Vorteil, zwischen den Stühlen zu sitzen: Es kann dich niemand so leicht in eine Schublade stecken. Perels Beitrag zu unserem Groove-Podcast ist dann auch ein Hitfeuerwerk, aber wunderbar weird zugleich. Nicht nostalgisch, sondern zeitlos.

 

Du bist ein DDR-Kind beziehungsweise in Ostdeutschland aufgewachsen. Wie hat sich das auf deine musikalische Sozialisation ausgewirkt?
Ich bin zwar in der ehemaligen DDR geboren, jedoch nach dem Mauerfall in den Neunzigern eingeschult worden. Meine musikalische Sozialisation war also von Reinhard Lakomy und den Spice Girls gleichzeitig geprägt. Als Kleinkind habe ich hauptsächlich Märchenschallplatten gehört und konnte zum „Traumzauberbaum“ mitsingen. Später zu Schulzeiten dann eher zu den Bravo Hits.

Bevor du dir als Perel einen Namen gemacht hast, hast du unter dem Namen Annek aufgelegt und auch veröffentlicht. Wieso der Umbruch?
Ich hatte unter dem Namen Annek keine eigenen Platten veröffentlicht. Nur Kollaborationen. Perel war ein neuer Lebensabschnitt für meine Soloproduktionen.

Vocals spielen in deinen Tracks, wie auch auf deiner letzten Single “Die Dimension”, gelegentlich eine Rolle. Wie gehst du solche Tracks beim Schreiben an?
Gar nicht – Vocals sind entweder in meinem Kopf oder nicht. Ich sehe meine Stimme als Instrument, durch welches ich sprechen und mich ausdrücken kann. Sicherlich ist die eigene Stimme das wohl persönlichste Instrument, deshalb gehe ich damit eher behutsam um. Auch weil ich zusätzlich finde, dass nicht jeder Track oder Song krampfhaft vokalisiert werden muss.

Bald erscheint nach einer Reihe von Compilation-Beiträgen und diversen Singles mit Hermetica deine erste LP. Wie hat sich die Arbeit daran gestaltet?
Komplett natürlich. Ich habe 2016 ein Album produziert ohne es zu wissen. DFA erkannt dies glücklicherweise und wir haben gemeinsam eine Trackauswahl getroffen. Der Rest ging dann eigentlich recht fix. Ich bin mit meinen Spuren ins Studio zu einem langjährigen Freund und Wegbegleiter, Arne Ziemann, nach Regensburg gefahren. Von dort haben wir die Mixdowns erstellt und nach New York zu Joe Lamber Masterings geschickt. Im März/April 2017 war dann alles fertig.

Die Dimension war deine erste Single für DFA, wo auch deine LP erscheinen wird. Wie kam das zustande und was ist deine Verbindung zu dem Label als Hörerin?
Tim Sweeney lud mich im Dezember 2016 zu Beats In Space nach New York ein. Ein paar Tage zuvor hatte ich mit Justin Strauss bei The Lot Radio gespielt, wo zufällig The Juan Maclean vorbei schlenderte. Wir hielten einen Plausch und er fragte mich nach den Tracks, die ich da gerade spielte. Total unbeeindruckt, jedoch innerlich am Feiern, meinte ich, dass dies meine neuen Sachen seien. Den Rest kann man sich dann sicherlich denken… Es hat jetzt ein Jahr gedauert – und ich denke der Prozess hält immer noch an – zu realisieren, dass ich auf meinem großen Jugendliebelabel releasen darf. Als Hörerin bin ich Fan seit der ersten Stunde und als ich James Murphy vor ein paar Monaten traf, wurde mir das erst richtig bewusst.

Du spielst in deinen Sets gerne mit Brüchen und Tempowechseln, so auch in deinem Beitrag zu unserem Groove-Podcast. Was war die Idee hinter diesem?
Ach, ist das so? Okay, cool. Ja also, da gibt’s absolut keine Idee dahinter. Ich schustere mir immer was zusammen, wo ich denke das passt – gehe ausschließlich mit dem Gefühl. Ich freue mich immer, wenn es dann am Ende hinhaut und ich Tracks und Songs verarbeiten konnte, die meine momentane Stimmung widerspiegeln oder mir besonders am Herzen lagen.

Last but not least: Wann können wir dich in nächster Zeit hinter den Decks erleben und wie sehen deine Pläne als Produzentin aus?
Ganz besonders freue ich mich hierzulande im Rahmen des CTM Festivals im Berghain beziehungsweise der Panorama Bar performen zu dürfen – ein hybrides DJ-Set bestehend aus Live-Vocals zu eigenen Tracks. Ansonsten freue ich mich ebenso auf’s Touren quer durch Europa. Im März wird es ebenso ein paar Shows in den USA geben. Pläne als Produzentin habe ich immer und doch nie. Sagen wir es so: Es wird viel kommen in Zukunft, da ich das Produzieren zum Atmen brauche. Stirbt die Musik in mir, sterbe ich auch.



Stream: Perel – Groove Podcast 141

01. Kraftwerk – The Voice Of Energy
02. Justin – Happy House
03. Zombies In Miami – New Odisea
04. New Build – Pour It On (Phil Kieran Remix)
05. Carlos Peron – Der Komtur (Bwana’s End Of Days Remix)
06. Sutja Gutierrez – I’m Wild, Oh I See
07. Karat – Der Blaue Planet
08. Applescal – Flutes In The Air
09. Sfire – Sfire 2 (Kris Baha Remix)
10. Bagarre Perdue – Cowboy
11. Phunkadelica – Ipernova
12. Perel – Opal
13. Mondowski – Surfin Hell (Sebastian Chenut Remix)
14. Giorgio Moroder – I’m Left You’re Right She’s Gone (Remaster)
15. Yovav – Caribbean Zen Mode (Gerd Janson’s Bonus Drums)
16. Das Komplex – Maybe There
17. Perel – Alles
18. Automat – Ultraviolet

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Kristoffer Cornils war zwischen Herbst 2015 und Ende 2018 Online-Redakteur der GROOVE. Er betreut den wöchentlichen GROOVE Podcast sowie den monatlichen GROOVE Resident Podcast und schreibt die Kolumne konkrit.