Dass sich die Musik von Videospielen selbst abseits ihres Ursprungsmediums immer größerer Beliebtheit erfreut, erkannte im vergangenen Jahr auch der Musikstreaming-Dienst Spotify. Im August 2016 starteten die Schweden einen eigenen Kanal rund um das Thema Computerspiel-Musik. Dort veröffentlichen sie Game-Soundtracks oder lassen bekannte YouTuber und angesehene Websites wie Polygon eigene Playlisten zusammenstellen. Wie in den Spielen selbst, reicht die musikalische Bandbreite dabei von Chiptunes bis orchestral, von Klassik bis Noise Rock und von Mainstream bis Avantgarde. Für manche war ein eigener Kanal für Videogamemusik auf Spotify nur eine Frage der Zeit, für viele andere ist es der Einstieg in eine ihnen bis dahin unbekannte Musikwelt.
Doch nicht nur seitens der Hörerschaft hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan, auch immer mehr Produzenten und DJs sind abseits ihrer eigenen Arbeiten und Auftritte im Bereich der Videospiele aktiv. Mögliche Gründe dafür gibt es mehr als genug: Innerhalb der vergangenen Jahre avancierten Computerspiele zu einer der größten und umsatzstärksten Unterhaltungsbranchen überhaupt. Für die beteiligten Künstler bedeutet das nicht nur eine andere kreative Herangehensweise und ein neues Publikum, das unter Umständen sonst nie auf sie aufmerksam geworden wäre, sondern auch neue Einnahmenquellen. Laut einer Untersuchung des Marktforschungsinstituts NewZoo, überholte die Videospielbranche im Jahr 2015 den Filmsektor, um zum viertgrößten Unterhaltungsmarkt nach Glücksspiel, Literatur und Fernsehen aufzusteigen. Die Prognosen: steigend.
So betreute der New Yorker DJ und Labelbetreiber Tim Sweeney, bekannt geworden durch seine wöchentliche Radiosendung Beats In Space, bis 2006 die Soundtracks des Spieleentwicklers Rockstar Games, aus deren Schmiede unter anderem Grand Theft Auto stammt, eine der weltweit erfolgreichen und meistverkauften Computerspielserien überhaupt. Auch Amon Tobin hat das Medium schon seit längerem für sich entdeckt. Im Jahr 2004 produzierte er für den Publisher Ubisoft die Musik zu einem Titel aus deren Tom Clancy’s Splinter Cell-Reihe. Das Resultat ist zwar kein Teil seiner offiziellen Diskografie, wurde jedoch schon damals von der Webseite Tiny Mix Tapes als „ground breaking work“ innerhalb der Videospielwelt und „neue Ära des Mediums“ bezeichnet. Zuletzt sorgte der Warp-Act und Kanye West-Buddy Hudson Mohawke für den Sound in dem Videospiel Watch Dogs 2, das unter anderem dank seines vielseitigen Soundtracks zwischen Ambientskizzen und Club-Bangern um einiges besser beim Publikum ankam als sein Vorgänger.
Doch auch abseits dessen bieten Videospiele seit jeher für Produzenten und DJs reichlich schöpferisches Potenzial. Sei es als Quelle für Samples wie im Falle von Burial und dessen Track „Archangel“, für den der Brite Sounds auf dem Stealth-Genre-Klassiker Metal Gear Solid 2 samplete, oder Zomby, der auf seinem Album Where Were U In 92’ dem Street Fighter II-Theme einen Remix verpasste. Darüber hinaus gibt es inzwischen zahlreiche Mixe bekannter DJs, die sich statt bei klassischen House- und Technotracks bei den Soundtracks alter und neuer Videospiele bedienen. So finden sich auf dem SoundCloud-Profil von Remute, unter anderem bekannt für seine Veröffentlichungen auf Trapez oder Areal, gleich mehrere DJ-Mixes voll von 16-Bit-Klassikern, Chiptunes und neuerer, tanzbarer Computerspielmusik.