Illustration: Super Quiet
Zuerst erschienen in Groove 166 (März/April 2017). Alle Beiträge des Specials findet ihr hier.

Kultur, Kunst oder Killerspiele. In den vergangenen Jahren wurde viel darüber gestritten, was Videogames eigentlich sind. Doch egal wie die Antwort auch lautet: Super Mario, The Sims und Co. sind längst fester Bestandteil unserer Popkultur, und mit ihnen auch ihre Soundtracks. Über ein Medium, das auch über den Bildschirm hinaus stets beliebter und auch für viele Produzenten und DJs immer reizvoller wird – sie aber zugleich vor ganze neue Herausforderungen stellt.

Drei verschiedene Pieptöne, viel mehr hatte Pong in Sachen Sound nicht zu bieten. Doch dem Erfolg der digitalen Tischtennis-Variante aus dem Jahr 1972 tat das keinen Abbruch, vielmehr ebnete der Titel zusammen mit weiteren bekannten frühen Computerspielen wie Pacman, Space Invaders oder Sea Wolf den Weg für die rasante Entwicklung des Mediums im Laufe der vergangenen 45 Jahre. Aus simplen Pixeln in Schwarz-Weiß-Darstellung sind beinah fotorealistische Grafiken geworden, aus monotonen Beeps und Bleeps ganze Klangwelten. Wo früher noch technische Barrieren den Sound der Konsolenklassiker von Atari, Nintendo, Sega und Co. prägten und unverkennbar machten, sind dem Klang und der Musik von Computerspielen heute dank ausreichend großer Rechen- und Speichereinheiten inzwischen längst keine Grenzen mehr gesetzt – nicht einmal mehr die des eigenen Mediums.

Videospiel-Soundtracks: Rez

Spätestens seit den Achtzigern ist die Musik ein fester Bestandteil von Videospielen. Wer damals mehrere Stunden pro Woche mit Super Mario auf dem NES verbrachte, wird auch heute noch dessen unverwechselbare 8-Bit-Melodien wiedererkennen. Doch während die Musik von Videospielen früher noch oft als obligatorisches Gedudel wahrgenommen wurde, erfährt diese inzwischen eine weit höhere Wertschätzung. So veröffentlichte etwa das von Matthew Dear mitgegründete Label Ghostly International die Soundtracks des so unkonventionellen wie bunten Actionspiels Hohokum sowie die von C418 produzierte Musik zum Welterfolg Minecraft auf Vinyl. Ebenfalls auf Schallplatte in aufwendig gestalteten Sammlereditionen erschienen zuletzt die Soundtracks des Rail-Shooters Rez (bzw. Rez Infinite), der von SCNTFC komponierte Score des Adventures Oxenfree und die Musik aus dem im farbenfrohen Pixellook gehaltenen Hyper Light Drifter von Disasterpeace. Das London Philharmonic Orchestra nahm eine CD mit klassischen Orchester-Interpretationen von Musikstücken aus Spielen wie Bioshock, Metal Gear Solid oder Zelda auf, und diverse weitere Computerspielmusik-Klassiker werden regelmäßig weltweit in der Reihe Video Games Live live von einem Orchester vor großem Publikum vorgetragen.

Videospiel-Soundtracks: Disasterpeace

Aufnahmen dieser Konzerte lassen sich auch auf SoundCloud oder Youtube finden. Ebenso wie einzelne Stücke oder sogar komplette Soundtracks von Spielen aus den verschiedensten Genres. Wobei „I want this to be played at my funeral“ ein Kommentar ist, den man zu Songs von Radiohead, Elliott Smith oder Jeff Buckley erwartet. Nicht aber, wenn man nach der bedrückend-schönen, vom Japaner Akira Yamaoka komponierten Ambientmusik aus dem Speichermenü des Survival-Horror-Games Silent Hill 3 sucht.

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