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[REWIND 2025]: Teure Clubs: Wie kann ich mir das Feiern noch leisten?

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Dieser Beitrag ist Teil unseres Jahresrückblicks REWIND2025. Alle Beiträge findet ihr hier.

Alles wird teurer. Keine Überraschung also, dass sich auch die Eintrittspreise  unserer Lieblingsclubs erhöhen. Hinzu kommen: mehr Münzen für Garderobe und Getränke.

GROOVE-Autorin Lea Jessen hat drei unserer Leser:innen gefragt, ob der regelmäßige Clubbesuch für sie noch tragbar ist. Beate, Edgar und Lea erzählen, wie ihr aktuelles Ausgehverhalten aussieht und wie sie mit den hohen Preisen umgehen.

Beate Heuschkel: „Auch wenn es teurer wird, würde ich das Feiern nie lassen.”

Beate Heuschkel (Foto: Privat)

Beate Heuschkel ist 43 Jahre alt und Werkzeugmechanikerin aus Annaberg-Buchholz im sächsischen Erzgebirge. Beate geht jedes Wochenende feiern – „schon immer”, wie sie sagt. Nebenbei ist sie Barkeeperin und hat deswegen schon auf diversen Festivals gearbeitet.

Ich bin noch eine der Wenigen, die eigentlich jedes Wochenende weggehen. Hauptsächlich fahre ich nach Leipzig, um ins Elipamanoke, das Axxon N. oder in die Distillery zu gehen. Manchmal bin ich auch in Berlin oder Dresden. In Dresden gehe ich in den Sektor oder in den Club Paula. In Berlin gefällt mir das RSO am besten, das Sisyphos ist aber auch gut. Im Lokschuppen mochte ich die Tür und die Crowd nicht so gerne. Es gibt aber viele Clubs in Berlin, wo ich noch nicht war und die ich gerne noch besuchen möchte.

Wenn ich feiern gehe, muss ich über 100 Kilometer fahren, das sind zweieinhalb Stunden mit dem Zug. Mir ist es wegen des langen Weges wichtig, in den Club zu kommen, deswegen ist mir der Preis manchmal nicht so wichtig. Ich habe durch meine Feierhistorie das Glück, oft einen Gästelisten- oder Skiplisten-Platz zu bekommen. Aber ich sage mal so: Auch wenn es teurer wird, würde ich das Feiern nie lassen. Klar ist es erschreckend, wenn die Preise über 20 oder 25 Euro liegen. Für den Preis hätte ich früher nach Berlin fahren und von Freitag bis Montag feiern gehen können.

Seit Corona bezahlt man wegen angestiegener Energie- und Lohnkosten teilweise den doppelten Eintritt. Wenn der Eintrittspreis schon bei 25 Euro liegt, hole ich mir meistens weniger Getränke. Außerdem trinke ich eher Wasser oder eine Cola, aber keinen Gin Tonic für neun Euro. Und: Bei so einem Eintrittspreis finde ich es gut, wenn sich der Club Mühe gibt, auch mal größere Acts ranzuholen, auch wenn die lokalen Residents wie Vincent Neumann natürlich sehr gut sind. Ben Klock oder Chris Liebing ziehen halt eine große Crowd an. Die meisten Leute holen sich dann oft Early-Bird-Tickets, um zu sparen. Der Unterschied liegt manchmal sogar bei zehn Euro.

Die Leute möchten oft weiterziehen.

Trotzdem muss man aufpassen, dass das Feiern bezahlbar bleibt. Ich habe viele Freunde, die in Beziehungen sind oder nicht das Geld haben und deswegen nicht mehr weggehen. Ich habe auch neue, jüngere Leute kennengelernt, die weiterhin ausgehen. Ich denke, der Kreislauf wird immer da sein. Der Clubbetrieb wird immer erhalten bleiben, aber es wird eben schwierig.

Mittlerweile sind die Clubs auch nicht mehr so voll, weil sich viel ins Private verlagert hat. Man kann sich ja leicht in Locations einmieten und auflegen, und dann geht es halt da ab. Clubs müssen sich interessanter für die Gäste machen. Es gibt andere Konzepte wie kostenlose Open-Airs, das ist auch super. Ich würde das nicht als Konkurrenz sehen, sondern als weitere Möglichkeit. Die Leute möchten oft weiterziehen.

Vielleicht wäre es eine Maßnahme, eine Art Getränke-Flatrate zu machen, sodass ein Getränk schon im Eintrittspreis enthalten ist. Vor circa acht Jahren haben die Distillery und das IfZ mal eine Art Club-Hopping organisiert. Du hast, glaube ich, 20 Euro bezahlt und konntest in zwei oder drei Clubs an einem Abend gehen. Da hat jeder Club in der Nähe was von, und niemand nimmt sich die Gäste weg. Um Letzteres zu verhindern, könnte man sich auch die Wochendendtage mehr aufteilen. Ich habe darüber schon mit dem Betreiber des Westhafens geredet, und er hat gesagt, dass Clubbetrieb ein marktwirtschaftliches Konzept sei. Ich finde, wenn man besser zusammenarbeiten würde, wäre der Betrieb leichter zu handhaben.

Edgar Nienhüser: „Man muss Clubräume anders denken”

Edgar Nienhüser (Foto: Jannik Henk)

Edgar Nienhüser ist 24, wohnt in Bielefeld und studiert Kommunikationsdesign im siebten Semester. Er geht zwei- bis dreimal im Monat in Bielefeld oder Osnabrück feiern. Außerdem hat Edgar bereits Flyer für eine lokale Techno-Reihe gestaltet.

Ich würde mich als eine eher untypische Clubperson bezeichnen. Bis ich 18 Jahre alt war, habe ich keinen Alkohol getrunken, die Clubszene hat mich überhaupt nicht interessiert. Im Studium habe ich durch WG-Partys begonnen, mehr elektronische Musik zu hören, und war dann das erste Mal im Club. Das war wie eine Mutprobe für mich, ich wollte lernen, loszulassen und frei zu sein. Ich trinke aber immer noch fast keinen Alkohol und konsumiere keine Drogen. Dafür interessiere ich mich seit drei Jahren für Musik. Dubstep feiere ich sehr, da gibt es aber leider keine wirklichen Events mehr für. Die Acts sind jedenfalls ausschlaggebend dafür, wo ich tanzen gehe.

Die bekanntesten und eher alternativen Clubs in Bielefeld sind das Forum, das Nummer zu Platz und das Cutie, gleich daneben. Offiziell sind das Bars, jeder hier versteht diese Orte aber als Club oder als Kulturort mit zusätzlichen Formaten wie Tischtennis, Konzerten oder Open Decks. Die Partys sind nicht kommerziell gedacht und deswegen oft kostenlos oder auf Spendenbasis. Wenn jemand mal nicht das Geld für den Soli-Eintritt hat, ist das, glaube ich, gar kein Problem in Bielefeld. Hier geht es sehr solidarisch zu. Man kann die Locations meistens auch für eigene Veranstaltungen mieten.

Ich finde es schade, dass die Clubszene gerade so schrumpft. Auch hier wurden schon Event-Reihen pausiert oder abgeschafft. Davon hat man gar nichts mitbekommen, auf einmal waren sie weg. Ich komme aus Osnabrück, dort ist es genauso. Ich würde gerne mal in andere Clubs wie das Open Ground gehen, aber das schaffe ich zeitlich nicht. Von der restlichen Clublandschaft erfahre ich nur über Social Media. Wenn mal wieder ein Instagram-Post mit „Wir müssen reden” anfängt, weißt du schon Bescheid. Bei anderen Kollektiven, die Raves auf Open-Air-Flächen veranstalten, läuft es hingegen gut. Die sind ausverkauft und müssen sich durch das Temporäre weniger Sorgen machen. Ich war erst an diesem Wochenende im Club bei einer Italo-Disco-Veranstaltung, und die Partymenge war überschaubar.

Wenn mal wieder ein Instagram-Post mit „Wir müssen reden” anfängt, weißt du schon Bescheid.

In Bielefeld ist es so: Das Nummer und das Cutie liegen nebeneinander und haben ähnliche Öffnungszeiten. Dadurch ist es manchmal schwierig, genug Leute ranzubekommen – vor allem wenn sich die Eintrittspreise unterscheiden. Ich gehe erst seit drei Jahren feiern, daher sind mir die Preisunterschiede zu früher nur in geringem Maß aufgefallen. Mir hilft es, mich mit der Musik auseinanderzusetzen. Ich bin mir deswegen oft über die Größe des Line-ups und den damit verbundenen Preis bewusst. Früher musste man sich auch eine Schallplatte für zehn Euro kaufen, um Musik zu konsumieren, jetzt ist es eben der Clubeintritt. Ich war mal auf einer Jahreshauptversammlung eines Kollektivs, das seine Preise angehoben hat, und konnte die Gründe so besser nachvollziehen. Ich hätte vorher nie gedacht, dass die Kosten für die Organisation eines Events im fünfstelligen Bereich liegen.

Hier sparen die meisten Leute bei der Garderobe, alle Jacken werden irgendwo auf einen Haufen geworfen. Mehr als zwei Mate trinke ich meistens eh nicht, daher spare ich nicht bei Getränken. Ich habe aber schon das Gefühl, dass die Leute weniger feiern gehen. Ich glaube, das liegt neben dem Geldaspekt vor allem an persönlichen Gründen – die Energie ist oft raus.

Neue Formate wie Sober Raves, Ausstellungen, bei denen aufgelegt wird, und Events in Cafés oder Boulderhallen finde ich spannend, manchmal aber auch komisch. Ich freue mich immer, wenn größere Acts mal nach Bielefeld kommen, viele habe ich durch YouTube-Formate wie HÖR kennengelernt.

Ich finde, Clubs müssen architektonisch gar nicht immer so perfektionistisch konzipiert werden. Es kann ruhig gelassener wirken. Man muss Clubräume aber anders denken. Ich habe mal irgendwo gesehen, wie auf einer Büroetage nachts die Schreibtische in den Boden fahren und man dadurch eine Clubfläche schafft. Das ist zwar drastisch, aber bei fehlenden Flächen auch eine Möglichkeit. Clubräume können außerdem als Kulturräume genutzt werden – für Lesungen, Politikveranstaltungen, Schauspiel oder kreative Workshops. Eine Cluberfahrung von 23 bis 5 Uhr ist zwar cool, aber es ist ebenso möglich, dass dort 30 Leute in einem Stuhlkreis sitzen und diskutieren. Das schaff auch mehr Vertrautheit mit den Räumen.

Lea: „Feiern ist selektiver geworden”

Lea / Babyblue (Foto: Emy Randel)

Lea ist 29 Jahre alt. Sie kommt ursprünglich aus Köln, studiert nun seit einem Jahr in Wien und arbeitet nebenbei auf einem Biohof sowie in der Gastro. Außerdem geht sie ein- oder zweimal im Monat feiern – meistens wenn sie selbst als Babyblue auflegt.

Im Sommer bin ich gerne auf Donauinsel-Raves unterwegs, ansonsten am liebsten im Werk oder im Flucc. Die großen Clubs meide ich eher und bin häufiger auf Partys von kleineren Kollektiven.
In Wien gibt es eine große Drum’n’Bass-Szene. Zu den Veranstaltungen gehe ich aber eher selten. Das Publikum ist insgesamt sehr gemischt und vor allem jung, einige Clubs sind eher schick und in großen Hotels oder im Industriegebiet.

In Köln beobachte ich schon seit den Corona-Lockdowns steigende Preise. Seit der Wiederöffnung der Clubs ist Feiern deutlich teurer und selektiver: Man geht gezielter auf Events mit bestimmten Kollektiven oder DJs, die man von Social Media kennt.

Früher sind meine Freund:innen und ich einfach in Clubs gegangen, weil wir die Orte als sicher empfanden. Allgemein sehe ich, dass Techno überall ein Stück weit kommerzialisiert wird – früher standen Gemeinschaft, Musik und sichere Räume im Vordergrund, heute eher Reichweite und Sichtbarkeit. Durch die Kommerzialisierung und die damit verbundenen höheren Preise ist Ausgehen in etablierten Clubs für mein Umfeld unattraktiver geworden.

Kleinere Partys von Kollektiven, Off-Locations und Hauspartys empfinde ich oft als spannender, günstiger und näher am ursprünglichen Gefühl einer Community.

Feiern erfordert inzwischen mehr Planung: Early-Bird-Tickets, Gästelisten oder Gruppeneintritte sind fast schon notwendig. Spontaneität ist seltener geworden, weil es sonst oft schwer ist, noch in den Club zu kommen oder der Eintritt deutlich teurer ist. Viele suchen deshalb bewusst nach Alternativen – kleinere Partys von Kollektiven, Off-Locations und Hauspartys empfinde ich oft als spannender, günstiger und näher am ursprünglichen Gefühl einer Community und von Safer Spaces.

Clubs müssen mehr Wert auf Community-Building legen und wieder Räume schaffen, in denen man sich sicher und willkommen fühlt. Preislich wären Soli-Tickets, Studierendenpreise oder gestaffelte Eintrittspreise hilfreich, auch bei den Getränken. Ich habe zum Beispiel mal auf einer Veranstaltung vom Kollektiv „Gesindel der Nacht” aufgelegt, auf der Leute mit ausreichend Ressourcen ein teureres Ticket kaufen konnten, damit dafür ein billigeres Ticket für eine andere Person angeboten werden konnte.

Es würde auch helfen, nicht immer nur große und damit teure Headliner zu buchen, sondern auch unbekannteren DJs eine Bühne zu geben. So könnten die Eintrittspreise moderater bleiben und gleichzeitig neue Talente gefördert werden. Außerdem würden Clubs zugänglicher bleiben, ohne sich finanziell zu überlasten.

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