Batu – Opal (Timedance)

Nach einem Jahrzehnt des Wilderns im abseitigen Elektronik-Spektrum, nach über einem Dutzend Singles und EPs, Gigs rund um den Globus, tanzbaren wie subtileren Drops, ist Omar McCutcheon angekommen. Nicht am kreativen Schachtende, viel mehr in seiner eigenen Nische, die er akribisch aus dem Gesteinsbett moderner elektronischer Musik herausmeißelt. Den daraus resultierenden Soundskulpturen ringt er ein ums andere Mal neue Formen, neue Facetten und Brüche ab, die sich einer konkreten Taxonomie erfolgreich entziehen.

Batu (Foto: Adama Jalloh)

Verschiedene Stationen passierte diese Entwicklung seither. Als McCutcheon in Oxfordshire aufwuchs, waren Dub, Jazz und Punk gängiger Soundtrack im ungemein musikvernarrten Elternhaus. Während der frühen 2000er trieb er sich dann auf dubstepforum.com herum, arbeitete mit verschiedenen DAWs, feilte an Produktionsskills und begann schließlich, seinen Output unter dem Namen Streamizm direkt aus seinem Schlafzimmer in den Äther zu pusten. Dass er anschließend an der Bath Spa University einen Kurs für Music Production belegte, war einerseits technisch lehrreich, öffnete aber vor allem den Zugang zur pulsierenden Dubstep-Szene Bristols, die während der 2000er den britischen Zweig des Genres maßgeblich beeinflusste. Hier traf McCutcheon, der zwischenzeitig den Künstlernamen Batu annahm, auf gestandene Producer vom Kaliber Bruce und Ploy, Peverelist und Pinch, mit denen sich Kollaborationen und kreative Ambitionen fürs nächste Level anbahnten.

Körperliche Samples werden in fein ziselierte Rhythmusfiguren integriert, deren gesondertes Augenmerk für Modulation und winzigste Details zu jeder Sekunde spürbar bleibt. 

Das enterte Batu dann konsequenterweise 2015, als er sein eigenes Label Timedance ins Leben rief. „Es gibt da draußen nicht viel Raum für junge Leute, unter denen zweifellos einige der kreativsten Köpfe zu finden sind – deshalb glaube ich, das eigene Ding zu verfolgen, das eigene Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, sichert die Selbstbestimmung und zahlt sich auf lange Sicht immer aus“, sagte er ein paar Jahre später im Interview mit XLR8R. Nicht nur die beiden herausragenden EPs Monolith (2016) und Murmur (2017) erschienen hier in kurzem Abstand, auch Freunde und Kollegen wie der bereits erwähnte Ploy, aber auch Lurka, Giant Swan oder Air Max ’97 veröffentlichten via Timedance, was beträchtlich zur Profilierung des Labels innerhalb der Szene Bristols beitrug. Schnell war es Teil des sich ständig neu formierenden städtischen Untergrunds, sodass Batu mit anderen Akteuren wie Deep Nalström, Ben UFO oder Objekt in Kontakt kam und den eigenen kreativen Horizont, aber ebenso sein Publikum erweitern konnte, etwa über Labels wie Hessle Audio oder XL Recordings. Trotzdem: Im Fokus blieb stets seine Heimatstadt, die Entwicklung eigener Produktionsansätze jenseits von Dubstep sowie die Kuration von Timedance, der er nach wie vor einen Großteil seiner Zeit widmet.

Hier erschien nun auch folgerichtig das Debüt-Album Opal, auf dem Batu tribal vertrackten UK Bass mit Breakbeats, kühl ausgedehnten Flächen und Techno-Sensibilitäten anreichert – einerseits klingt das wie ein Derivat bisheriger Releases, andererseits aber auch nach einer fortgesetzten Emanzipation von ebendiesen. Körperliche Samples wie im statisch schimmernden „Mineral Veins“ werden in fein ziselierte Rhythmusfiguren integriert, deren gesondertes Augenmerk für Modulation und winzigste Details zu jeder Sekunde spürbar bleibt. 

Ein gewisses Understatement liegt dem Album zugrunde, lässt Melodien und Beatpatterns gleichwertig ineinandergreifen, was erfolgreich jeden Anflug überproduzierter Dekonstruktion verhindert. Exemplarisch ist das im brillant sequenzierten „Atavism“ hörbar, dem innerhalb eines IDM-Gerüsts säurehaltige Akkordfolgen gelingen, ohne dass die Myriaden sorgsam integrierter Samplefragmente und Shots dazwischen untergehen würden. Doch selbst aus sphärischen Tracks á la „Solace“ (mit Vocals von serpentwithfeet) oder dem abschließenden „Always There“, denen mehr an einer delikaten Pad-Progression mittels opaleszenter Klangfarben gelegen ist, kitzelt Batu die richtige Balance aus Mikro- und Makrodesign. Dass er dieses Gespür künftig noch weiter kultiviert, ist die große Hoffnung, mit der Opal einen am Ende zurücklässt. Nils Schlechtriemen

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