Das Hippie-Ding von Techno und House

Beats sind in der Dial-Trilogie, ein viertes Album für das Label ist trotz Abschluss der Trilogie übrigens nicht ausgeschlossen, immer weiter in den Hintergrund gerückt – ein Prozess, den Roman Flügel seit der Arbeit an Happiness Is Happening bewusst angeschoben hat. Mit der nächsten Platte wollte er nicht lange warten, er fürchtete, dass sich die Idee wieder verlieren könnte.

„Ich war fast jedes Wochenende im Omen. Meistens Freitags, weil da sven spielte. Der Club hat mich extrem sozialisiert“

„Die Arbeit am letzten Album war viel intensiver, auch weil ich mittlerweile gar nicht mehr so viel Zeit habe, um ins Studio zu gehen“, sagt er. „Ich lege heute ja viel mehr auf. Dadurch, dass ich so viel spiele, sind ständig Beats in meinem Leben. Ich glaube, dass ich das mit den Beats daher bei meiner eigenen Musik immer weiter reduziert habe, um so einen kleinen Ausgleich für mich zu schaffen.“ Platten für den Club macht der Frankfurter natürlich noch immer, das sind dann Maxis für Clone For Daze oder Hypercolour. Gerade erst ist auf Die Orakel, dem Label des Robert-Johnson-Bookers Oliver Hafenbauer, die EP Die Verschiebung herausgekommen. „Eine Konzeptplatte“, sagt der Frankfurter. „Die kann man durchaus spielen, vor allem ein Stück davon lege ich gerne im Technokontext auf. Die Tracks sind mit einem 16-Spur-Analogsequencer gemacht. Innerhalb von ein paar Minuten verschieben sich Sequenzen mit ungeraden Metren gegeneinander. Der Puls untendrunter bleibt gleich, aber die Synthesizer oder Rhythmuselemente darüber sind in einer ständigen Verschiebung begriffen.“


Stream: OFF feat. Sven Väth – Electrica Salsa (Roman Flügel Remix)

Wesentlich simpler, aber ungemein gut ist Roman Flügels im Juli erschienener Remix des OFF-Hits „Electrica Salsa“ – irgendwie hat er es geschafft, den rückblickend etwas albernen Track von 1986 ins Jahr 2016 zu beamen, ganz ohne Patina und Novelty-Effekt, dafür mit konzentriertem Wumms, und das, ohne dabei den einstigen Spaß aus den Augen zu verlieren. OFF war ein kurzlebiges Projekt der späteren Snap-Produzenten Luca Anzelotti und Michael Münzing sowie Sven Väth. Michael Münzing und Sven Väth eröffneten 1988 auch gemeinsam mit Matthias Martinsohn das Omen in der Frankfurter Junghofstraße – eine Adresse, die Roman Flügel, nachdem er im selben Jahr den Führerschein machte, regelmäßig ansteuern sollte.

Sprung ins kalte Wasser

„Ich war fast jedes Wochenende im Omen. Meistens freitags, weil da der Sven spielte. Der Club hat mich extrem sozialisiert. Ich war bei der Warp-Labelnacht mit LFO und Nightmares On Wax oder bei Underground Resistance. Ich hörte im Omen erstmals englische Acid-House-DJs. Dort bin ich mit so vielen Sachen zum ersten Mal konfrontiert worden. Das Omen war ein Treffpunkt für ganz viele Leute. Klar hat man gefeiert wie blöde, aber die Leute trafen sich auch, weil sie etwas bewegen wollten. Es war die Geburtsstätte des Deliriums, im Omen haben sich Leute zusammengetan und beschlossen, T-Shirts zu drucken, woraus Clubwear-Labels wurden. Solch einen DIY-Ethos gab es vorher in Deutschland ja nicht. Die Achtziger waren ganz stark geprägt vom Yuppietum, auf der anderen Seite waren da noch die Reste von Punk. Dann fingen die Neunziger an. Mit Techno und House hielt wieder so ein Hippie-Ding Einzug – ob das die Klamotten waren, baggy und weit, floral gemustert oder Paisley, Lichtprojektionen, Lavalampen, die Drogen. Es gab ein starkes Verlangen danach, aus der Gesellschaft herauszutreten. Die Aussage war: Wir sind nicht mit an Bord, wenn Börsenkurse studiert werden, wir beamen uns für ein Wochenende mal ganz woanders hin. Diese Verbindungen mit dem Hippietum sind mir rückblickend erst bewusst geworden. Damals war alles einfach nur neu und aufregend für mich.“

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