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FOUR TET Fabriclive 59 (Fabric)

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Viel besser als Kieran Hebden alias Four Tet selbst kann man seinen aktuellen Mix für die Fabriclive-Reihe tatsächlich nicht zusammenfassen: „This mix is not about my DJing. It’s about London and Fabric and nights out and my take on all that. The memories and the influences.“ Fabriclive 59 ist viel mehr als ein schlichter DJ-Mix, eher schon eine echte Zeitreise. Fangen DJ-Sets, besonders die der Fabriclive-Reihe, sonst eher einen ganz bestimmten Augenblick ein, so geht es Four Tet hier darum, eine ganze Epoche festzuhalten und dabei zugleich eine Geschichte des englischen, stark in London verwurzelten Sounds der vergangenen 15 Jahre zu erzählen. Eine Geschichte, die gewissermaßen auch die von Dubstep und all seiner frühen Vorfahren und Gehversuche ist. Und dafür ist Four Tet durch einige Untiefen gegangen. Rechte zu klären und brauchbare Kopien zu finden ist im Fall obskurer Whitelabels aus den Neunzigern nämlich offenbar nicht immer einfach.

Der Mix ist oberflächlich gesehen stark im Garage- und Dubstep-Universum geerdet. Er vereint dabei aber Klassiker und rares Material aus einer Zeit, in der das, was später Dubstep werden sollte, noch 2Step hieß und eine meist eher souligere und R’n’B-lastige Variante war, mit aktuellen Lieblingen wie Burial, Floating Points oder auch Ricardo Villalobos. Und das Verblüffende dabei ist, dass keinerlei Brüche entstehen, sondern Tracks, die bereits zehn bis 15 Jahre auf dem Buckel haben (Crazy Bald Heads, C++, Manitoba/Caribou oder Genius) immer noch frisch klingen und sich mit aktuellem Material zu einem beeindruckend konsistenten Set zusammenfügen. Und das, obwohl der Mix durch Feldaufnahmen (Clubgeplauder live aus dem Fabric) zweigeteilt wird. Wobei die Demarkationslinie hier natürlich nicht zwischen Alt und Neu verläuft, sondern eher stilistischer Natur ist: Wie beim Wechsel zwischen verschiedenen Clubfloors öffnet sich die zweite Hälfte des Mixes nämlich dem etwas elektronischeren Material wie zum Beispiel Dubtechno-Derivaten von WK7 und Red Rack’em oder Villalobos’ „Sieso“.

Ich bin eigentlich kein Fan von DJ-Mixes, die einzelnen Tracks nur zwei bis drei Minuten einräumen, wie dies gerade bei Fabriclive-Sets häufig der Fall ist. Aber hier erscheint dies schlüssig, vermittelt der Mix doch weniger über einzelne Tracks, denn vielmehr als Gesamtkunstwerk gehört einen Eindruck von einem sehr englischen, und nicht zuletzt Londoner Sound der vergangenen Jahre. Dieser kohärente Gesamteindruck ist natürlich auch Hebdens Mixtechnik zuzuschreiben: Er hat die Tracks über Vinyl gespielt, um den originalen Sound einzufangen, sie dann aber am Computer in eine ganzheitliche Collage eingebettet. Umso mehr sticht dann am Ende das unveröffentlichte „Locked“ heraus, ein neuer Track aus Hebdens eigener Feder: Der steht ganz für sich allein und verzaubert mit der Four-Tet-üblichen Mischung aus abstrakt perkussiver Rhythmik, einem sphärischen Gitarrenloop mit subtilem Siebzigercharme und wunderbar verhuschten Melodien.


Stream: Four TetLocked

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