Traxman – Da Mind Of Traxman Vol.3 (Planet Mu)
Was soll man von einem Produzenten halten, der in einem Track dazu auffordert, einen DJ, der nicht die gewünschte Musik spielt, mit einem Ziegelstein zu vermöbeln? Darauf ließe sich antworten: Wenn der Rhythmus stimmt, passt das schon. „Kill Da DJ”, mit dem der Chicagoer Footwork-Veteran Traxman sein Album Da Mind Of Traxman Vol. 3 eröffnet, enthält besagte Forderung, gerappt über einem siliziumtrockenen Beat, aufgekratzt gestrafft, fast wie in den guten alten Tagen des Labels Dance Mania, deftige Lyrics inklusive.
Cornelius Ferguson alias Corky Strong alias Traxman ist seit den Neunzigern im Geschäft, seine ersten Platten erschienen auf besagtem House-Label. Sein Output ist immens, digital bringt er alle paar Monate ein neues Album als Selbstveröffentlichung heraus, darunter neue Musik genauso wie Archivmaterial. Seine Plattenserie Da Mind Of Traxman bei Planet Mu hingegen ist eine rare Angelegenheit. Die ersten beiden Auflagen sind von 2012 und 2014, danach ließ Traxman die Sache mit den Einblicken in seinen Geist über ein Jahrzehnt auf sich beruhen.
Veraltet oder abgestanden wirkt nichts, die Auswahl der Samples sitzt, Traxmans Schnippelarbeit, die er damit leistet, ebenso
Jetzt aber hat er sich darauf besonnen, das Projekt wiederaufleben zu lassen. Und man kann sehr viele Spekulationen darüber anstellen, was die Pause für Ferguson bewirkt hat oder welche Einflüsse seitdem bei ihm hinzugekommen sind, jedenfalls ist das Ergebnis fantastisch. Hatten die ersten beiden Mind-Alben oft etwas Verspieltes, das zur abstrahierten Albernheit tendierte, kommt jetzt eine Konzentration zum Tragen, die teils Rückbesinnung auf seine Anfänge sein mag, vor allem aber wie eine Footwork-Renaissance aus eigener Kraft klingt.
Sei es, dass krassere Zeiten schon mal krassere Musik begünstigen (das jedoch nicht zwingend, die Sparte „Musik als Heilung” ist inzwischen genauso ein festes Marktsegment, das sich als Effekt der Multikrise deuten ließe), sei es, dass Traxman einfach einen Run hat, der sich in diesen 15 Titeln manifestiert: Hier findet sich nichts Unnötiges oder Enttäuschendes. Wobei das mit dem Run in etwas größerem Maßstab zu verstehen ist, schließlich geht die auf dieser Platte versammelte Musik mitunter bis 2005 zurück.
Veraltet oder sonstwie abgestanden wirkt jedoch nichts davon, die Auswahl der Samples sitzt, Traxmans Schnippelarbeit, die er damit leistet, ebenso, desgleichen die Rubbeldidupp-Rhythmen, die er darunterlegt. Bei manchen Footwork- und Juke-Künstlern scheint sich, schon der hohen BPM-Zahl und der peitschend programmierten Drumcomputer wegen, hier und da so etwas wie Wut in ihren Tracks zu kanalisieren. Grund genug gäbe es. Bei Traxman könnte dieser Eindruck in einzelnen Fällen allenfalls entstehen, wenn man selbst gerade nicht bei bester Laune sein sollte. Dass man beim Hören von besagtem „Kill Da DJ” aber ernsthaft Gefahr liefe, Mordgedanken zu entwickeln, verhindert Traxman durch fröhlich überdrehte Tightness. Er könnte ebenso „Kiss The DJ” rappen lassen, bloß dass die Konsonanten da weniger gut fließen würden.
Die Qualität von Da Mind Of Traxman Vol. 3 besteht vor allem darin, dass die Musik nicht Frust, sondern gebündelte Lebensfreude transportiert und bei aller Gegenwärtigkeit und Abgedrehtheit etwas Klassisches hat. Man bekommt an keiner Stelle den Eindruck, dass irgendetwas anders zu sein hätte. Dieser Tanzwahn folgt einer Methode, in die zugleich tonnenweise Liebe mit eingeflossen sein muss. Man muss ihn dafür bedingungslos zurücklieben. Wie heißt es doch im letzten Track, „Day and Night Time”: „I’m gonna love you anyway.”