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Motherboard: Dezember 2023

Längst überfällig, so eine wirklich umfassende und tiefe Würdigung der kalifornischen Synthesizerpionierin Pauline Anna Strom. Die vor drei Jahren gestorbene blinde Komponistin hat tatsächlich nur wenige Jahre lang Musik gemacht, eine Handvoll Tapes mit lokaler Distribution. Die musikalisch-kosmische Voraussicht und Zukunftsvision ihrer eigenwilligen und schon damals aus der Zeit gefallenen, experimentellen New-Age-Klänge war allerdings von globalem Ausmaß und fand in jüngster Zeit eine breitere Hörerschaft, nicht zuletzt dank der Wiederentdeckung und Neuauflage durch die immer exzellenten Spürnasen von RVNG Intl. Das New Yorker Label liefert nun massiv: Echoes, Spaces, Lines (RVNG Intl., 10. November) veröffentlicht nicht nur Stroms erste drei Alben wieder in neuem Mastering, im aufwendig gestalteten Box-Set findet sich die Erstauflage eines wirklich sensationellen verlorenen Albums, das die psychedelisch-esoterische Klangwelt noch einmal neu und anders ausbreitet. Es sind expansive Klänge, die sehr typisch für ihre Zeit und ihr Umfeld sind – mehr Kalifornien, mehr frühe Achtzigerjahre, mehr spirituelle Ex-Hippie-Vapor-Zukunft geht kaum –, aber doch unmittelbar anschlussfähig an so vieles bleiben, was heute musikalisch passiert. Denn was nie so richtig gepasst hat, passt auf einer anderen (kosmischen?) Betrachtungsebene eben gerade und immer.

Sind die Umstände noch so hasserfüllt, bedrückend und ausweglos, eine geballte und mehr als umfangreiche Portion Menschenfreundlichkeit aus der immer erfreulich ergiebigen The-NotwistTenniscoats-Connection hilft eigentlich immer. Ihr jüngstes Produkt (und definitiv kein Nebenprodukt) kommt von der assoziierten Hochzeitskapelle + Japanese Friends. The Orchestra In The Sky [Kobe + Tokyo Recordings] (Alien Transistor, 1. Dezember) verbindet auf tatsächlich 24 Stücken die zeitgenössische Blaskapellen-Intonation der Münchner mit der sanften Schwermut der Acher-Brüder und dem DIY-Pop-Spirit ihrer japanischen Freund:innen, zu denen selbstverständlich die Uenos von den Tenniscoats gehören, aber ebenso die vielen weiteren japanischen Künstler:innen und Bands, die sie in den vergangenen Jahren auch außerhalb Japans bekanntgemacht haben.

Nicht weniger humanistisch inspiriert und vom gleichen positiv ausstrahlenden Selbstmachergeist durchdrungen kommt die zweite Ausgabe der von Jimmy Draht und Markus Acher zusammengestellten Compilation Glitzerbox 2 (Alien Transistor, 17. November) daher, die wiederum grafische Arbeiten der versammelten Künstler:innen mit deren Musik verbindet und umgekehrt. Es finden sich selbstredend dieselben üblichen Verdächtigen des Notwist-Tenniscoats-Universums, die Glitzerbox greift insgesamt aber weiter, sowohl was die Gestaltung angeht wie auch die Beteiligten. Dass es sich um ganz wundervolle, ausgeruhte und meist dem instrumentalen Ambient ganz nahe Songs handelt, ist hoffentlich ebenso klar.

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