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Die Platten der Woche mit Artefakt, Daniel Wang, RDS, Rick Wade und Space Dimension Controller

Artefakt – Brain Dripper EP (Delsin)

Techno und das All – warum diese Kombo so gut funktioniert, liegt auf der Hand: Astrophysikalische Prozesse laufen wie alles in der Natur zyklisch ab, sind dabei aber ebenso unwirklich groß und kataklysmisch wie wunderschön und traumartig. Der Rhythmus des Kosmos spiegelt sich im Pulsieren von Supernovae, den irdischen Gezeiten oder unserem Herzschlag – letztlich auch in einem Beat. Artefakt üben sich seit nunmehr drei Alben und einem guten Dutzend EPs darin, all diese Ebenen zu integrieren, also atmosphärischen, nein stratosphärischen, emotional aufgeladenen Ambient Techno mit brillantem Drumprogramming in den Äther zu pusten.

Brain Dripper, abermals via Delsin gelandet, könnte unter all den hochklassigen Veröffentlichungen des niederländischen Duos aber tatsächlich eine der bislang stärksten sein. Wie hier der lauwarm anflutende Klang der tiefsten Neunziger mit zeitgenössischen Produktionswerten ausstaffiert und abgekühlt wird, ist ein verdammter Hochgenuss. Schon „The West” übt sich dabei dennoch in einem gewissen Understatement, lässt die Breakbeats in einem Nebel aus Pads verdampfen und entwickelt dabei waschechten Soundtrackcharakter. „Rail” und „1992” massieren anschließend mit enormer Sehnsucht die Tränendrüse und nutzen krosse 808s unter schimmernden Flächen, die scheinbar stilecht mit einem SH-101 erzeugt und hinterher digital bearbeitet wurden. Wer weiß, ganz sicher lässt sich das mittlerweile ja angesichts endloser digitaler Emulationsoptionen gar nicht mehr sagen.

Sicher ist aber: Das Rezept funktioniert. Titeltrack und Rausschmeißer „Transient Being” gehen dann wieder in eine etwas modernere Richtung, was keineswegs mit Verlusten an Emotion verbunden ist. Artefakt sind zu versiert in dem, was sie tun, als dass ihre Musikalität vom Equipment abhängig gemacht werden müsste. Und dennoch: Gerne können die beiden Wahlberliner beim nächsten Mal das Braindance-Workout noch länger, tiefer und vielleicht auch analoger gestalten. Stehen würde es ihnen allemal. Nils Schlechtriemen

Daniel Wang – DSDN EP (Paloma)

In Sachen Hingabe macht Daniel Wang immer noch so schnell keiner was vor. Mit der ersten Veröffentlichung unter eigenem Namen seit einer gefühlten Ewigkeit meldet sich der Producer mit einer EP für das Label der Berliner Club-Institution Paloma, wo die Disco-Koryphäe Wang auch regelmäßig als DJ zu hören ist.

An DJs hat er wohl auch mit diesem Release gedacht, was nicht heißen soll, hier seien bloße Tools zu hören: „DSDN” liegt hier in einem zehnminütigen „Vocal Mix” und drei kürzeren Bearbeitungen vor, die als Dub oder Instrumental firmieren – das Konzept zitiert das einer Dancefloor-Maxi der späten Achtzigerjahre. Gleichzeitig ist „DSDN” auch eine Ode an die Stadt Berlin und die Nächte ihrer Partyszene. Deren Internationalität spiegelt sich in den deutsch-englischen Vocals von Eva Be und Clé, die zunächst als Frau-Vocoder-Duett Italo-Disco-, dann mit gerappten Lyrics Italo- und Hip-House-Zeiten aufleben lassen. Auch seine New-York-City-Sozialisation lässt Wang einfließen, ebenso einen balearischen Vibe im Sinne von Saâda Bonaire. Der „303 City Dub” ist eine Art Acid-Rundfahrt durch die Bundeshauptstadt, wobei die Namen der unterschiedlichen Stadtteile und Quartiere von Diba Wunderlich und Kristina Becker durchgesagt werden. Tollo: die Tantra-artigen Gitarrenlicks von Simon Jules Etienne Guilbaud. Harry Schmidt 

RDS – Suite (Kalahari Oyster Cult)

Namenskürzel wecken ja oft Neugier, was damit gemeint sein könnte. Beim niederländischen Produzenten Rein de Sauvage Nolting alias RDS ist die Lage anscheinend einfacher. In seiner Musik kommen analoge Geräte zum Einsatz, mit denen er verschiedene Spielarten von Clubmusik erkundet.

Ist es in „2312”, womöglich nach dem gleichnamigen Science-Fiction-Roman von Kim Stanley Robinson benannt, ein hochgradig artifiziell pulsierender Trance-Sound, nutzt er in „BBsuite” einen Drum’n’Bass-Break für eine ansonsten versonnen melodische Nummer mit etwas nostalgischem R’n’B-Einschlag. „Silky” vermählt Tech-House mit frühem Detroit-Futurismus. Und wenn die letzte Nummer nicht diesen dämlich anbiedernden Kalauertitel hätte („Autechrein”), könnte man einfach sagen, dass es eine gelungene Breakbeat-Nummer in gemäßigtem Tempo ist. Das Handwerk stimmt jedenfalls. Tim Caspar Boehme

Rick Wade – Deeper Things EP (Thirty Year)

Mit Jahrzehnten an House-Erfahrung kann man Rick Wade zu den Altmeistern des Fachs zählen. Seine Kenntnisse in Sachen Deep bringt er auf dieser EP für Thirty Year mit bewährten Mitteln zum Ausdruck, wobei er die routinierten Gesten des Genres von Track zu Track variiert. Ist es in „Angry Flow” ein schartig krachender Beat, kratzt er bei „Houston” mit einem verzerrten Subbass am Fundament der Musik. Für „Scary Deep” hat er ein Ensemble an Sounds im Einsatz, die für sich gar nicht allzu auffällig sind, zusammen aber ein leicht irritierendes Ganzes geben, allen voran der sinustonartige Bass mit etwas zu aggressiver Attack-Phase und die leicht ausgehöhlte Stakkato-Stimme darüber. Am konventionellsten gibt sich „Goodbye” mit einem Gesangssample, dem sich der Titel verdankt, E-Piano-Akkorden, angedeutetem hohen Streichersäuseln und angenehm zischendem Drumcomputer. Sogar Triangel gibt es. Tim Caspar Boehme

Space Dimension Controller – Cro²ma EP (Hypercolour) 

Techno in Electro-Design macht der Ire Jack Hamill alias Space Dimension Controller. Unter drei tollen Titeln ragt noch „Highborne” heraus. Eine leicht blubbernde Bassline pocht unter einer präzise zuckenden Hi-Hat-Dynamik. „IG00158” hingegen klingt zerfetzter im Beat, um hin und wieder doch die Party zu schmeißen. Der Titeltrack zieht wie ein Wurm immer neue Teile mit Variationen des summenden Basses und kleingliedrigen Samples nach sich her, einen irre funky Beat nicht vergessend. Es ist also weit mehr als die Präzision in den Sounds: Hamills Techno ist unwiderstehlich in seiner Funkyness. Christoph Braun

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