Der Kalifornier Yann Novak hat die beeindruckende und einzigartige Fähigkeit, massives orchestrales Dröhnen und finsteren Noise in schwerelos schwebenden Ambient zu transformieren und dabei den Schmerz, die Katharsis der gesampelten Werke spürbar zu halten, ohne sie in Wohlgefallen aufzulösen, aber auch ohne dass sie weitere Wunden schlagen könnten. Ist das therapeutischer Drone? Jedenfalls sind die Klänge Novaks auf Reflections of a Gathering Storm (Playneutral, 22. April) – wie eigentlich in jeder seiner Veröffentlichungen – in der delikaten Balance von Schönheit und Dunkelheit sofort wiedererkennbar und unmittelbar verständlich. Novak kennt eben seinen Schmerz – und unseren – und weiß damit umzugehen.

Neue Psychedelik, Alte Schule? The Lovecraft Sextet ist das jüngste Projekt von Jason Köhnen, dem Improver und Postrocker, der den orchestralen Jazz dunkel und sinister gemacht hat. In kleiner Besetzung stürzt sich Nights of Lust (Denovali, 25. März), das zweite Album des meist in weniger als Sechserbesetzung sparsam aufspielenden Sextetts, voll in die Achtziger der Direct-To-Video Horror-Soundtracks und slicken Fifties-Noir Cool mit schwindsüchtigem Croonen. Also so Twin Peaks – Soundtrack eingespielt von Tuxedomoon – plus Lost Highway plus Lost Boys auf einem Lost Weekend im Gloomy Sunday. Das überaus schwelgerische, elektronische Sounddesign ist allerdings ganz von heute.

Was für die Dunkelheiten des Italieners Luca Sigurtà auf Propoli Kiss (Suoni Possibili Records, 8. April) ähnlich gilt. Ein psychedelisches Gemisch aus Drone, Dark Ambient, Electronica-Songs und kleinen Beats, Geknister und gespenstischem Dräuen in angetäuschten Songs, zu einem erfreulich großen digitalen Hörspiel arrangiert. Eine Arbeit, wie gemacht für eine dieser subtileren neue Horrorserien der Streaming-Plattformen.

Im Cabrio an der kalifornischen Küste cruisen, mit balearischer Restwärme in schunkelnde Dub-Psychedelia-Nächte mit Sundownern rauschen und dazu eine Prise Welcome Insel von Sensorama? Ja, klar, so etwas kommt heute bevorzugt aus Russland. Wie das wunderbare, entspannte S/T (Not Not Fun, 15. Mai) des Moskauer Duos Forgiveness. Eine kurze Erinnerung daran, dass es nicht nur um Krieg und Gewalt geht. Was selbst diese denkbar apolitisch-harmlos daherkommenden Klänge auf gewisse Weise immens politisch macht, einfach aufgrund ihrer Herkunft.

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