„2G+ turnt viele Besucher*innen ab”, sagt Dimitri Hegemann. (Illustration: Dominika Huber)
Und täglich grüßt das Murmeltier: Nach Biergärten, Pilotprojekten und einem winzigen Zeitfenster gefühlter Normalität im Herbst scheint der Lockdown für die Clubs Ende 2021 dort, wo er nicht ohnehin schon da ist, unausweichlich. GROOVE-Autorin Laura Aha hat mit Dimitri Hegemann vom Berliner Tresor, mit Robert-Johnson-Chef Ata aus Offenbach und Neele und Jasmin vom Institut fuer Zukunft in Leipzig über das vergangene Jahr gesprochen. Denn der Blick ins Kommende sieht ziemlich düster aus.
Kurz hatte er sich so angefühlt wie immer. Dieser Sonntagnachmittag im Berghain, Ende Oktober. Während unten Luke Slater die schwarzgekleidete Masse verlässlich in ihre Technotrance wiegt, macht sich Gerd Janson in der Panorama Bar bereit für sein Closing-Set. Acht Stunden wird es dauern. Jetzt gilt’s. Denn trotz aller Ausgelassenheit sitzt allen hier die Angst im Nacken. Nicht unbedingt die vor einer Corona-Infektion. Vor der fühlen sich dank streng an der Tür kontrollierter 2G-Regel und Berghain-Pass die meisten Tanzenden wohl relativ sicher.
Es ist die Angst vor dem Danach. Denn die vermeintliche Normalität, die sich in diesen wenigen glorreichen Wochen zwischen September und Ende November in der Clubszene – zumindest in Berlin – ausgebreitet hat, ist eine trügerische. Nach einem Sommer mit Masken auf dem Open-Air-Floor und Festival-Pilotprojekten durften die Clubs hier Anfang September zwar wieder öffnen.
Doch dank immer noch zu niedriger Impfquote stand die vierte Welle da quasi schon im Hausflur. Der kollektive Modus im Berghain steht an diesem Abend daher allen ins Gesicht geschrieben: Feiern, so lange es noch geht. In der ersten Reihe stehen Menschen, die gerade sieben Stunden in der Schlange gestanden haben. In den Insta-Stories von @berghainlinelive stand schon vor ein paar Stunden: „No entry without guestlist, only re-entry.” Und besagte Gästelisten- und Re-Entry-Schlange schlängelt sich mittlerweile bis in den angrenzenden Park.
„Das ist mir zu unsicher, da warten wir lieber, bis es sich beruhigt. Wir könnten auf März nächsten Jahres setzen. Ich bin da vorsichtiger. 2G+ turnt auch viele Leute ab.”
Dimitri Hegemann
Ende August hatte das Berliner Verwaltungsgericht das Tanzverbot für Geimpfte und Genesene in Innenräumen gekippt. Dem vorangegangen war die Klage einer Diskotheken-Betreiberin am Kurfürstendamm. Sie bekam Recht, sogenannte „Tanzlustbarkeiten” waren wieder erlaubt. Die Welt schaute auf Berlin, sogar die New York Times berichtete darüber. Als das Berghain sein Line-Up für die erste Party nach dem Lockdown am ersten Oktoberwochenende bekanntgab, war die Website kurzzeitig überlastet. Ausgehungerte Raver*innen kamen aus ganz Europa, um endlich wieder ohne Maske und Abstand auf einem stickigen Dancefloor zu stehen. Doch nicht alle Clubs konnten ihren Betrieb so schnell wieder hochfahren.
Zusammenkommen und Reflektieren: Der Tresor, Berlin
„Für uns kam das ein bisschen überraschend, als alle Clubs wieder eröffneten”, erzählt Dimitri Hegemann, Besitzer der Berliner Techno-Institution Tresor. Auf der Website des Clubs steht unter dem Reiter Programm noch immer der Post vom 12. März 2020: „Aufgrund der Gesundheitsbesorgnisse durch das Coronavirus entscheidet sich Tresor im Interesse unserer Mitmenschen für eine präventive Schließung aller Veranstaltungsorte mit sofortiger Wirkung.” Das gilt bis heute. Während die meisten anderen Clubs im Sommer Biergärten aus dem Boden stampften, sich Alternativkonzepte überlegten und schließlich wieder öffneten, war es um den Tresor weiter still geblieben.
„Einerseits hatten wir Baustelle und wollten nicht nur den halben Club öffnen”, erklärt Hegemann den Umstand. „Und wir waren in Kurzarbeit. Das ist für uns wirtschaftlich schwierig, weil die Sache einfach sehr unsicher ist. Wir haben natürlich auch beobachtet, was anderswo in Europa los war. Also haben wir gesagt: Wir nehmen uns die Zeit, die können wir für den Umbau nutzen und für andere Herausforderungen wie zum Beispiel Workshops und Mitarbeiterschulungen.” Aktuell macht Hegemann mit dem verbliebenen Tresor-Team Schulungen in den Bereichen Awareness, Diversität, Inklusion und Teilhabe. Strukturelle Arbeit für einen besseren Neustart, irgendwann.
Denn selbst wenn Hegemann hätte aufmachen wollen: Das Personal fehlt. Von den 109 Mitarbeiter*innen, die der Tresor 2020 noch beschäftigte, musste Hegemann letztes Jahr 40 Minijobber*innen entlassen, die Festangestellten sind bis heute auf Kurzarbeit. „Viele Clubs finden keine Fachkräfte mehr. Licht, Ton, Gastronomie, es gibt nicht mehr so viele Leute, die haben den Job gewechselt. Deshalb haben wir beschlossen, dass wir jetzt noch viel mehr Wert auf die Ausbildung unserer Mitarbeiter*innen legen. Nicht nur mit dem schulischen Coachingprogramm. Sondern, dass wir auch häufiger zusammenkommen und reflektieren.”
„Es wird alles langsamer, du weißt ja schon, wie es im Berghain zugeht, wie lange die Warteschlange ist. Ist halt die Frage: Wie lange kann man das ertragen?”
Ata
Reflektiert hat Hegemann in der Zwischenzeit zudem über neue Projekte, mit denen er die Relevanz von Clubkultur auf einer größeren gesellschaftlichen Ebene auch außerhalb der großen Clubmetropolen verankert möchte. Auf dem deutschen Städtetag hat er kürzlich seine Initiative Clubs für Deutschland vorgestellt. Damit will er kleinere Städte für das Potenzial von Clubs zur Standortaufwertung sensibilisieren und dadurch den Aufbau neuer Clubs außerhalb der Metropolen fördern – beraten durch die Tresor Foundation. „Clubs fördern die Attraktivität und die Lebensqualität unserer Städte”, heißt es in dem Konzeptpapier. „Sie sind Orte der sozialen Identifikation und Orientierung und fördern den Zusammenhalt innerhalb und untereinander von verschiedenen sozialen Gruppen.”
Doch das ist momentan natürlich Zukunftsmusik. Hegemann hatte eigentlich vor, den Tresor zu Silvester wiederzueröffnen. Nach der Ankündigung in der Landespressekonferenz vom 23. November, dass Clubs ihre Kapazitäten bald wieder auf 50 Prozent reduzieren müssen, ist das aktuell wohl eher fragwürdig. Auch wenn es keine Maskenpflicht geben wird, gilt ab dem 27. November 2G+ – also Testpflicht auch für Geimpfte und Genesene; weitere Verschärfungen sind bereits laut angedacht und gefordert. Hegemann sieht das Modell kritisch. „Das ist mir zu unsicher, da warten wir lieber, bis es sich beruhigt. Wir könnten auf März nächsten Jahres setzen. Ich bin da vorsichtiger. 2G+ turnt auch viele Leute ab. Und vor allem auch die Logistik an der Tür.”
Papa Staat und seine lustigen Ideen: Robert Johnson, Offenbach
Im Robert Johnson in Offenbach hatte man sich diesen Herausforderungen gerne gestellt. Auch in Hessen hatte es ab Mitte September weitere Lockerungen gegeben. Bei der langersehnten Wiedereröffnung des Robert am 5. November galt noch 2G, kurz darauf kündigte der Club dann über Instagram an, 2G+ einzuführen – inklusive kostenloser Testoption an der Clubtür für die Gäste. „Für Robert lasse ich mich impfen <3 ”, schrieb eine Userin unter den Post. Doch es hagelte natürlich auch Kritik.
„Dass wir die Leute ausschließen, die nicht genesen oder geimpft sind, ist natürlich traurig. Aber da muss ich auch ehrlich sagen: Leider selbst Schuld, wenn man nicht mitmacht”, sagt Robert-Chef Ata Macias. „Wenn wir 2G+ machen, da bleiben einige weg. Es wird alles langsamer, du weißt ja schon, wie es im Berghain zugeht, wie lange die Warteschlange ist. Ist halt die Frage: Wie lange kann man das ertragen?” Ata kommt gerade aus Berlin zurück. Am Wochenende hatte er beim Opening des Revier Südost gespielt. Er sei etwas angeschlagen. Und das liegt natürlich nicht nur am Schlafmangel vom Wochenende.
„Unser eigenes Re-Opening, das war erfolgreich, hat Spaß gemacht, die Leute haben sich total gefreut, klar”, erzählt Ata. „Es war wie früher, die Euphorie war sogar noch höher. Es hat sich nicht so angefühlt, als hätten wir eine Pause gehabt. Aber kurz danach kam ja im Grunde genommen direkt die Ansage, dass das bald wieder zu Ende geht. Und da war natürlich die Stimmung gleich wieder im Keller.”
Vom Aufwand her habe sich das Re-Opening wie eine Neueröffnung angefühlt. 70 Prozent der alten Mitarbeiter*innen waren weg, hatten die Branche gewechselt, weil ihnen der Clubbetrieb zu unsicher geworden sei. Auch im Robert Johnson habe man händeringend nach neuem Personal gesucht. „Wir arbeiten viel mit Aushilfen, Studierenden. Wir haben nur vier oder fünf feste Leute, die sind noch dageblieben. Die sehen sich jetzt wieder vor der Katastrophe, in die Kurzarbeit zu gehen. Das neue Team, die hatten ja jetzt gerade mal drei Abende im Club! Die sagen sich halt auch, wenn jetzt wieder ein Lockdown kommt: Die spinnen alle! Diese Perspektivlosigkeit, die wir bekommen von unserem Papa Staat, ist absolut irre.”
„Ich hab’ das Gefühl: wir können besser vermitteln als eine Bundesregierung.”
Neele
In Hessen kann man aktuell noch mit 2G+ ohne Kapazitätsbeschränkung feiern. Doch von Entspannung im Clubbetrieb kann auch hier keine Rede sein. „Alle warten nur noch drauf, dass die Bundesregierung sagt: ‚Das war’s, wir machen jetzt wieder zu.’ Das ist der Status Quo. Wir warten alle wie die Idioten. Alle Menschen, die im Club arbeiten, sind auf einer Hold-Position. Jede*r der*die mit Booking zu tun hat, die arbeiten permanent für umme. Ohne Ziel. Am Ende des Tages müssen alle Bookings, alle Flüge wieder gecancelt werden. Das ist eine unglaubliche Arbeit, die da dran hängt, wenn der Staat sagt: ‚Morgen ist Schluss.’ Das ist Wahnsinn!”
Für Ata ist die Aussicht, sich demnächst statt mit Bookings wieder mit dem Steuerberater über Mietstundungen und bürokratische Förderanträge zu beraten, schwer zu ertragen. Vor allem wegen eines kulanten Vermieters und einer verlässlichen Fanbase, die das Robert Johnson tatkräftig mit knapp 80.000 Euro Spenden unterstützt hatte, habe man die letzten 18 Monate überstanden. Die psychische Belastung lässt sich jedoch schwer mit Geld kompensieren.
„Es war schon hin und wieder im Gespräch, zu sagen: ‚So, jetzt langt’s!’ Schon wieder von vorne anfangen – weil das ist es ja! –, da fragt man sich dann schon: Lässt man den Laden einfach ganz zu? Aber dann kommt natürlich wieder die andere Stimme im Kopf, die sagt: ,Neeein! Das kannst du nicht tun! Die Fans! Die Fans! Die wollen doch alle wieder tanzen!’ Und dann sagst du: ,Ja, stimmt, du hast vollkommen recht!’ Vorerst werden Ata und das Robert-Johnson-Team also nicht aufgeben. Von Spekulationen oder Prognosen habe man sich allerdings verabschiedet. „Wir haben schon so viel Spekulation gemacht, da könnten wir echt ein Buch drüber schreiben”, sagt Ata nicht ohne Galgenhumor. „Wir hören auf zu spekulieren. Weil Papa Staat hat noch lustigere Ideen, als wir sie haben.”
Lockdown und kein Ende in Sicht: Institut fuer Zukunft, Leipzig
Worauf man in anderen Bundesländern noch wartet, ist in Sachsen längst Realität. Dem Institut fuer Zukunft in Leipzig waren nicht mal die paar wenigen Wochenenden vergönnt, an denen sie das Re-Opening ihres Clubs hätten feiern können. Dabei war alles schon vorbereitet. „Uns wurde suggeriert, dass, egal was kommt, wir offen bleiben können, mit 2G oder gegebenenfalls 2G+”, erzählt Neele, Bookerin im IfZ. Doch am Montag vor der geplanten Wiedereröffnung wurde in Sachsen eine neue Corona-Schutzverordnung verabschiedet. „Wir sind wütend und enttäuscht, aber auch einfach müde”, schrieb das IfZ nach Bekanntwerden in einem Statement.
Auch wenn in der Verordnung das Wort Lockdown nicht konkret auftauchte, sei er faktisch doch gegeben: Durch die Pflicht von Masken, Abstand und Kapazitätsbeschränkungen in den Innenräumen, die einen normalen Clubbetrieb nicht nur unmöglich, sondern auch noch unrentabel machten. Zwei Wochen später kam der Lockdown in Sachsen dann doch – vollkommen nachvollziehbar bei den Zahlen, findet auch das IfZ. Sachsen hat zur Zeit mit die höchste Inzidenz in ganz Deutschland bei vergleichsweise niedriger Impfquote.
„Es ist nicht unser Ziel, um jeden Preis zu öffnen”, betont Jasmin, die im IfZ für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. „Wir sehen die Hospitalisierungsrate und die Überforderung in den Krankenhäusern. Und wollen da natürlich auch solidarisch bleiben, zum Beispiel mit dem Krankenhauspersonal.” Solidarität ist dieser Tage ein Buzzword, das polarisiert – besonders bei Menschen, die sich in den letzten anderthalb Jahren solidarisch verhalten haben und nun vor allem aufgrund der Impfunwilligen trotzdem vor den existenziellen Aus stehen.
Das IfZ hatte seine Räumlichkeiten als Testzentrum zur Verfügung gestellt, nicht nur in Berliner Impfzentren hatten große Teile der Szene mitgearbeitet, um die Impfkampagne voranzubringen. Außerdem waren in Clubs Studien und Pilotprojekte mit PCR-Tests durchgeführt worden, die ein Feiern auch unter Pandemiebedingungen nachweislich sicher möglich gemacht hätten. „Denn dass wir aus dieser Lage so schnell nicht rauskommen, ist mittlerweile allen klar.”
„Generell haben die Modellprojekte gezeigt, dass das 2G+-Modell ein ganz gutes ist”, sagt Jasmin. „Am allergeilsten wär’ es natürlich, wenn PCR-Tests bezahlt würden. Oder zumindest bezahlbar wären. Das wäre das allersicherste Modell. Plus Impfung natürlich. Die Menschen müssen sich einfach impfen lassen, damit ein Ende in Sicht sein kann.” Neele ergänzt: „Es ist wichtig, im Club- und Konzert-Kontext 3G abzulehnen. Das ist nicht safe! Davon müssen wir uns klar abwenden und darauf hinweisen, dass die Leute sich impfen lassen. Das kann man halt als Club mit vielen Followern. Ich hab’ das Gefühl, wir können besser vermitteln als eine Bundesregierung.”
„Wenn wir ehrenamtlich etwa die Möbel für den Außenbereich bauen, können wir nicht mal eine Pizza für alle bestellen. Weil wir einfach faktisch pleite sind.”
Jasmin
Für Neele, Jasmin und das Kollektiv hinter dem IfZ ist klar, dass die Offenhaltung von Clubs für Geimpfte und Genesene auch als Impfanreiz für bislang Ungeimpfte hätte fungieren können. Der erneute Lockdown bringt den Club und seine Mitarbeitenden jetzt in eine existenzielle Notlage. Die Festangestellten des Kollektivs arbeiten ohnehin nur auf Mindestlohn-Niveau. Durch die Kurzarbeit werde das Gehalt nun auf 60 Prozent reduziert. Die 80 Minijobber*innen, die das IfZ für die Wiedereröffnung neu eingestellt hatte, musste der Club bereits vor ihrer ersten Schicht wieder entlassen. Und Arbeit gibt es natürlich trotzdem ohne Ende. Die werde nun unbezahlt geleistet, erzählt Jasmin: „Das ist eine Katastrophe. Vorher war es schon prekär, aber jetzt ist es das ultimative Prekär. Und das fühlt sich nicht gut an.”
Die Menschen, die die Clubs am Laufen halten, seien auch bei den Fördermaßnahmen vergessen worden, die das Land Sachsen für die Clubs angeboten hat. Allein die komplizierte Antragstellung sei nicht für jeden Club leistbar gewesen. Als relativ große Institution habe das IfZ zwar das Know-How und die personellen Ressourcen gehabt. Für kleinere Clubs sah das aber anders aus. Durch das LiveKombinat, den Zusammenschluss von Leipziger Musikclubs und Livemusikspielstätten, ist die Clubszene in Leipzig gut vernetzt. Man habe sich ausgetauscht, über Newsletter über neue Förderprogramme informiert und sich gegenseitig unterstützt.
„Aber was nutzen Förderprogramme, wenn du den Club nicht machen kannst?”, sagt Neele. „Wir haben seit 20 Monaten was ganz anderes gemacht als das, wofür wir bekannt sind – das ist nämlich: dunkel, dreckig, Techno. Da ist halt ein Teergarten mit draußen tagsüber Feiern was ganz anderes. Dadurch haben wir auch Leute verloren by the way, die im IfZ arbeiten. Weil die nicht im Biergarten arbeiten wollen, sondern im Club.”
Jasmin kritisiert an den Förderprogrammen außerdem, dass sie vor allem die Wirtschaft angekurbelt hätten, statt die Mitarbeitenden aufzufangen. „Alle haben sich neue Technik angeschafft. Dafür gab’s Geld noch und nöcher. Aber da, wo es immer mangelt, ist so was wie Personalkosten. Weil, ja, okay, wir haben jetzt eine neue Anlage für unseren Teegarten, und die werden wir sicherlich auch noch richtig zum Einsatz bringen. Aber jetzt haben wir wieder 80 Leute gekündigt, keine Rücklagen. Wenn wir ehrenamtlich etwa die Möbel für den Außenbereich bauen, können wir nicht mal eine Pizza für alle bestellen. Weil wir einfach faktisch pleite sind.”
„Wir sind pleite. Wir bekommen keinen Kredit. Wir bekommen nicht mal einen Dispo.”
Neele
Momentan sei eine große Lethargie bei allen zu spüren. Die Unsicherheit, die Überlastung bei der schnellen Planung des Re-Openings und die kurzfristige Absage, all das zehrt an den Nerven. „Ich bin seit zwei Wochen sehr, sehr niedergeschlagen, weil diese Hochs und Tiefs, die wurden immer krasser über das Jahr”, sagt Neele. „Man arbeitet und dreht sich übelst, und dann ist es einfach mit einem Schlag vorbei. Jetzt ist da einfach nur so eine ziemliche Perspektivlosigkeit. Ich weiß überhaupt nicht mehr, wann es weitergehen könnte. Mir tut das sehr weh, das IfZ geschlossen zu sehen. Die ganze Enttäuschung, ich trau mich gerade noch nicht mal so nahe an den Club ran. Das ist sehr emotional.”
Gerade in einem Club wie dem IfZ, das von einer Kollektivstruktur getragen wird, sei es schwierig, die Crew jetzt zusammenzuhalten. Momentan könne man nur auf die Wirksamkeit des Lockdowns hoffen, um Richtung Februar oder März eine Öffnung wieder möglich zu machen. Wie lange das IfZ diese Situation noch stemmen kann? „Finanziell stemmen kann man es überhaupt nicht mehr”, sagt Neele deutlich. „Wir sind pleite. Wir bekommen keinen Kredit. Wir bekommen nicht mal einen Dispo. Die Banken sehen ja natürlich auch, dass wir ein Club sind. Das ist sehr prekär. Über das LiveKombinat Leipzig gibt es noch einen Nottopf aus den Crowdfunding-Einnahmen. Wenn der alle ist, dann war’s das. Das sind Monate. Wenige Monate. Gerade ist es wirklich nur noch eine Frage der Zeit.”
Dieser Beitrag ist Teil unseres Jahresrückblicks REWIND2021. Alle Artikel findet ihr hier.