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Motherboard: August 2020

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Der Londoner Rumpel-House-Produzent John Monkman bespielt auf Asriel (Beesemyer Music, 28. August) ebenfalls den Grenzbereich von Electronica und cinematischer Neoklassik. Er ist definitiv kein Newcomer, und so hat das Album eine abgeklärte produktionelle Professionalität und einen Punch, der mit den Apparat-Soundtracks absolut mithalten kann. Monkman braucht dazu nicht einmal einen Film als Vorlage. Ein feines Beispiel für den Zauber von Anfängen, von der impliziten Schönheit, einmal etwas anderes zu machen, ist das Album noch dazu.

Umgekehrt gilt das ebenfalls für den Deutsch-Briten Robin Schlochtermeier. Als versierter Auftragskomponist für Filmscores, Dokumentationen und Serien ist er ein etablierter Musikprofi. Frei und für sich hat er aber selten bis nie vorher gearbeitet. So ist Spectral (Denovali) auf gewisse Weise ein Debüt, eine Hommage an seine Tochter mit einem intimen Piano und zurückhaltenden elektronischen Sounds, die Emotionen zulassen, aber nie zu Pathos oder orchestralem Kitsch vergrößern.

Der Moskauer Pianist Dmitry Evgrafov frischt auf Surrender (130701/FatCat) sein Instrument ebenfalls cinematisch auf, mit üppiger Orchestrierung und subtilem elektronischem Soundprocessing. Was bei ihm bisher eher klassische Neoklassik war, ist auf dem vierten Album zu Postrock geworden, zu etwas Großem und Mächtigen. Die intimeren Post-Satie- oder Schubert-Variationen, für die er bekannt ist, sind aber erfreulicherweise noch immer möglich.

Mit theatralischem Donnern hat John Bence aus Bristol ebenfalls wenig Probleme. Das große disruptive Piano-Album kommt im Spätherbst. Die EP Kill (Thrill Jockey , 21. August) ist ein Vinyl-Reissue von Bences selbstverlegter Kleinstauflage. Eine Garagen-Aufnahme von Cello und Stimme, Pathos-geladen und beängstigend massiv. Ein Solitär. 

Was Jas Shaw & Bas Grossfeldt mit dem Klavier (Drone) anstellen, endet früher oder später (meist früher) in Techno. Es ist also weniger Soundprocessing als Geloope, was die beiden auf dem Label ihres Kumpels Richard Fearless veranstalten. Aber auch hier gilt, wie schon oben gesagt: Mal was Anderes zu machen, als immer nur Hits raushauen wie Shaw bei Simian Mobile Disco, das hat definitiv einen ganz eigenen Charme.

Aisha Orazbayeva ist eine instrumentale Kosmopolitin. Die in Kasachstan geborene Violinistin hat sich als Interpretin auf Solowerke des Barock und der Moderne spezialisiert, komponiert und improvisiert aber auch selbst. Music for Violin Alone (SN Variations) versammelt eine übersichtliche Mischung aus all diesen Aspekten. Ein Largo von Bach, eine Fantasia von Nicola Matteis Jr., zittriger Drone-Minimalismus von James Tenney, eine späte Studie von John Cage. Am interessantesten sind hier aber tatsächlich die Stücke ihrer Komponisten-Peers wie Angharad Davies und Oliver Leith und eine Eigenkomposition, die alle konventionellen Spielweisen ihres Instruments hinter sich lassen und genuin neue, aber durchaus sozial verträgliche Musik machen.

Was sich ähnlich über Botanisk hage (Aurora) des norwegischen Ensembles Tøyen Fil og Klafferi behaupten lässt. Sie spielen ähnlich Orazbayeva zeitgenössische Kompositionen ihrer Peers, gehen aber, wie im Genre üblich geworden, über eine reine Interpretation des Urtextes hinaus und improvisieren und kolorieren die Stücke auf eigene und eigenwillig wiedererkennbare Art aus. So wird aus sechs unabhängigen Kompositionen jeweils verschiedenen Ursprungs ein zusammenhängendes Album zum Thema Botanischer Garten.

Auf den Sound von Flora und Fauna ist Chris Watson von je her spezialisiert. Seine collagierten und mit einer gewissen Dramatik arrangierten Feldaufnahmen sind legendär und haben dem Field Recording quasi seine Moderne beschert. Die Split-LP Notes from the Forest Floor / Line of Parts (SN Variations) mit der Elektroakustik-Komponistin Georgia Rodgers demonstriert, dass Feldaufnahmen (in diesem Fall aus dem Dschungel Costa Ricas) bei Watson mehr mit Neuer Musik zu tun haben als mit ökologischer Klangkonservierung (wobei natürlich beides seine wohlbegründete Existenzberechtigung haben kann).

Silvia Tarozzi aus Bologna spielt in verschiedensten, über ganz Europa verteilten Neue-Musik- und Avantgarde-Projekten die Violine. Sie leitet zudem noch einen Kinderchor und komponiert selbst. Das Album Mi specchio e rifletto (Unseen Worlds) ist dennoch eine Art spätes Debüt, denn es versammelt Stücke, die in die sonstige Arbeit nicht so recht hineinpassen wollen. Jazz, Folk, italienische Poesie und Traditionelles werden zu buntem Avantgarde-Pop gemischt, sogar gemütlicher Kaffehaus-Improv à la Penguin Café Orchestra ist in der Wundertüte enthalten.

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