Dann geht es zurück ins Hotel. Zak hat noch zwei Stunden, um sich auszuruhen. Bevor wir aufbrechen, steht er wie immer ein paar Minuten vor dem verabredeten Zeitpunkt da, wie immer mit Zigarette. Jetzt sieht er ein wenig müde aus. Das Taxi rast durch die engen Straßen von Gent, raus aus der Stadt. Die Party tobt schon. Die Crowd ist jung – eine wilde Meute, die schon ordentlich etwas intus hat. Durch Pfützen wandert man zwischen den Floors hin und her, Sitzgelegenheiten gibt es keine, einige hocken an den Wänden. Draußen ist ein Chillout-Bereich, die Temperatur beträgt aber fünf Grad. Die Botschaft ist klar und jeder versteht sie: Wer hier ist, will feiern. Blawan steht allein in der DJ-Kanzel zwischen zwei großen Monitorboxen, die seine zarte Gestalt überragen. Er spielt einen rotzigen Sound, dessen Energieniveau kaum Spielraum nach oben lässt und den er nicht ganz und gar unter Kontrolle zu haben scheint.
DVS1 erwacht jetzt, wirkt neugierig, angriffslustig. „Auflegen ist wie Boxen“, wird er später sagen. Er löst Blawan ab und ist sofort 100 Prozent in seinem Element. Mit prasselnden Hi-Hats und brutal marschierenden Snares nimmt er das enorme Spannungsniveau seines Vorgängers auf. Seine Hände zucken über Mixer und drei CD-Playern. „Wenn ich nach einem anderen DJ spiele, ist die Energie manchmal so hoch, dass ich mich blitzschnell entscheiden muss: Stoppe ich jetzt komplett oder nehme ich die Energie auf, die da ist, um dann vielleicht nach einer Stunde meinen eigenen Takt zu finden?“
Stream: DVS1 – In The Middle
Zak winkt dem Soundmann zu, etwas funktioniert nicht. Dieser zieht an den Reglern auf dem Screen seines Tablets. Zak ist angespannt, aber diese Spannung ist kein Problem für ihn, sie führt nicht zum Kontrollverlust. Krisenmanagement ist sein Default Mode. Viele DJs schauen ihren Platten eher zu, greifen hauptsächlich durch die Übergänge und die Auswahl des nächsten Tracks ein. Zak ist immerzu aktiv, in einem atemberaubenden Tempo. Er schiebt in kleinen, rhythmischen Schritten die Regler rauf oder runter, dreht an den EQs, bedient Plattenspieler und CDJs. Bevor ein Track ausläuft, fixiert er mit dem CD-Player einen Loop des Stücks. So laufen oft gleichzeitig eine Platte, ein digitaler Track und ein einzelner Loop. Manchmal kommunizieren die Elemente miteinander, manchmal vermischen sie sich zu einem rohen Klangstrom. Ganz und gar verstehe ich nicht, wie Zak mixt.
„Von einem Track kommen dann etwa die Percussions, die das Momentum erzeugen“, versucht er mir zu erklären. „Wenn das Stück ausläuft, halte ich diese Percussions, indem ich sie im Loop laufen lasse, während von der anderen Seite die Melodie kommt. Ich genieße dann diesen Mix. Und ich denke, ich will ihn noch nicht verlieren, und ich bin noch nicht bereit für den dritten Track. Das ist aufregend für mich. Denn ich weiß in diesem Moment wirklich nicht, wo es hingeht. Leute sagen, dass sie mir zuhören und sich ständig fragen: Was kommt als Nächstes? Ich bin süchtig nach dieser Frage: Was kommt als Nächstes?“