Im Jahr 2015 wurden du, Floating Points, Vessel und Biosphere vom Boiler Room für eine Reise nach Marrakesch eingeladen, um mit örtlichen Gnawa-Musikern wie Mahmoud Guinia zu spielen. Kanntest du seine Musik?
Ja, ich hatte eine Guinia-Aufnahme in meiner Library. Ich hatte sie auf dem Awesome Tapes from Africa-Blog entdeckt. Ursprünglich wurde der Trip von einem Paar organisiert, das dann wiederum Boiler Room involviert hat, nachdem das Ganze organisiert war. Als ich mir die Musik der teilnehmenden Künstler anhörte, fiel mir sofort auf, dass Guinia besonders war. Er machte sind eigenes Ding, das auf einzigartige Art zu meinen Interessen zu passen schien. In den Workshop gab es zwei Gruppen, Guinias Band und Mohamed Kouyou, der mit Vessel und Biosphere gearbeitet hat. Kouyous Stil war ziemlich protzig. Er hat die Rhythmen gewunden, um Platz für seine Prahlereien zu schaffen, während Guinia sich allein auf die Trance konzentriert hat. Ich hab’s geliebt.

Wie lief die Zusammenarbeit?
Gnawa-Musiker machen gelayerte Studioaufnahmen und sind deshalb nicht abgeneigt, auf Klick zu spielen, aber mir schien es ihnen etwas zu nehmen, wenn wir sie auf Klick spielen hätten lassen. Vessel hat zum Schluss brillant mit ihnen zusammen gespielt, auf der Orgel, aber in seiner ersten Session sind ihm fast die Tränen ausgebrochen, als er versucht hat, seine Drummachine an den Takt der Band anzupassen. Da wurde klar, Scheiße, wir müssen uns richtig anstrengen.


Video: BTS: Experiencing Gnawa in Marrakech with James Holden, Floating Points, Biosphere & Vessel

Als ich mir die Marhaba-EP mit gemeinsamen Aufnahmen von dir und Guinia angehört habe, war ich überrascht, wie zurückhaltend und spärlich deine Beiträge waren.
Ich weiß auch nicht, ich wie nie ein Sample-Musiker. Als ich also dort war, wollte ich mich anpassen, etwas beitragen, dass einem westlichen Publikum dabei helfen würde, einen Zugang zu finden, aber sie nicht zu Samples in meiner Musik machen. Ich wollte selbst das Sample in ihrer Musik sein.

Was waren die Highlights der Aufnahmesessions?
Es gibt da diesen einen Track, “Bania”. Am Anfang hörst du, wie ich versuche, reinzukommen und mich einzufügen. Und dann ist da dieser Moment, in dem wir durch die Musik eine Verbindung herstellen. Wir konnten der Sprachbarriere wegen verbal kaum miteinander kommunizieren, was es schwierig für uns machte. Aber er wusste, in welche Richtung ich musikalisch ging und ich wusste, dass er es wusste, und dann haben wir uns verbunden. An einer Stelle ließ er die Percussion sein und modellierte diesen Trance-Breakdown – er war nie auf einem Rave gewesen! (lacht) Das Gefühl, über die Generationen, Sprachen und Kulturen eine Verbindung aufzubauen, war unglaublich.


Stream: James Holden & Camilo Tirado – Outdoor Museum of Fractals

Jemand anderes, der auf dein neues Album The Animal Spirits einen Einfluss hatte, ist der Table-Spieler Camilo Tirado, mit dem du mehrmals im letzten Jahr zusammen gespielt hast.
Ja, er hat mir traditionelle Musik aus Indien näher gebracht. Sie ist sehr trancig, weil vieles davon auf repetitiven Strukturen basiert. Als er mir das erklärte, meinte ich, oh, das ist genau wie meine Musik, das kapier ich! (lacht) Mit ihm zu arbeiten was großartig. Er brachte etwas mit, das ich auf dem Synth niemals hätte umsetzen können. Aber auch sein rhythmischer Ansatz, klassischer indischer Kram kann sehr mathematisch sein. Also führte ich den Input aus seinen Trommeln in den Computer, damit die Software seinem Timing und seinem Ausdruck folgen konnte. Viele der Orgel-Parts werden tatsächlich ausgelöst, wenn er eine Veränderung in seinem Pattern oder eine Variation in der Intensität wahrnimmt. Dieselbe Software benutze ich auch in meinen Live-Sets mit Tom. Und das bekam der Prototyp für das, was ich auf dem neuen Album mache.

Hast du die Software selbst programmiert?
Ich habe diesen Physikprofessor von Harvard kennengelernt. Na ja, ich habe von einem Aufsatz erfahren, den er in seiner Freizeit zum menschlichen Timing geschrieben hat. Also schrieb ich ausgehend von seinen Erkenntnissen ein kleines Max for Live-Plugin. Als er davon erfuhr, zeigte er mir sein jüngstes Werk, in welchem es um Menschen ging, die gemeinsam in der Gruppe Musik machen. Es war toll, er konnte mir diese wirklich komplizierten Dinge verständlich machen, sodass ich daraus aus Max for Live-Plugin basteln konnte.

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