Fotos: Nadine Fraczkowski (Roman Flügel)
Zuerst erschienen in Groove 162 (September/Oktober 2016).
Gerade hat Roman Flügel All The Right Noises fertiggestellt. Es ist erst sein drittes Album unter eigenem Namen, doch bereits das x-te in seiner 23 Jahre umspannenden Karriere, in der er gemeinsam mit seinem früheren Partner Jörn Elling Wuttke mit Projekten wie Alter Ego, Acid Jesus, Sensorama ungemein erfolgreich war. Dazu kamen etliche Solo-Pseudonyme, wie etwa Ro70, Soylent Green, Roman IV oder Eight Miles High. Wir trafen uns an einem extrem sommerlichen Tag bei ihm zu Hause im Frankfurter Bahnhofsviertel zum Gespräch.
All The Right Noises, das Ende Oktober erscheinende neue Album von Roman Flügel, beginnt mit gedämpften Klaviertönen in Moll und einigem Bassbrummen. Die zehn in sich ruhenden Stücke der neuen LP sind allenfalls ideell Clubmusik. Der Frankfurter wagt dieses Mal viel, angestrengt wirkt seine Musik aber nie. Auch vermeidet er es, sich in angeberischen Experimenten zu verlieren. Auf einigen Tracks pocht auch eine gerade Bassdrum, ganz kurz mag man sich auch mal an LFO erinnert fühlen. LFO waren einst eine der Inspirationen des noch immer etwas jungenhaft wirkenden 46-Jährigen. All The Right Noises ist kein Ambient-Album, es ist keine Neo-Krautmusik und doch psychedelisch.
Es gibt nicht viele Platten, die so ambitioniert sind, ja richtiggehend frisch und neuartig wirken und gleichzeitig solch eine irre Sogwirkung entfalten. Man will sie wieder und wieder hören. Seine neue LP fügt sich durchaus in das ein, was Roman Flügel in den späten neunziger Jahren gemeinsam mit Jörn Elling Wuttke als Sensorama verfolgt hat. Noch mehr fühlt es sich an wie sein grandioses Ro70-Album, das auf Move Ds eingestelltem Label Source erschien und inzwischen leider in keiner Form mehr erhältlich ist. All The Right Noises ist das dritte Album einer Trilogie, die Roman Flügel für das Hamburger Label Dial aufgenommen hat. Fatty Folders, das erste dieser Serie, war sein erstes unter eigenem Namen. Bis dahin legte sich der Frankfurter immer wieder neue Pseudonyme zu. Ro70 war eines, Soylent Green ein anderes, für Musik zwischen klassischen Housebeats und Minimal im besten Sinne des Begriffs, also die Pole, für die das Label Playhouse in seinen besten Zeiten stand. Als Roman IV veröffentlichte er zwei grandiose Deephouse-Platten, als Eight Miles High Techno zwischen Clubbangern und Wagemut. Die Zeit der Pseudonyme ist vorbei, inzwischen möchte der 46-Jährige alles unter seinem bürgerlichen Namen veröffentlichen, egal ob House, Techno oder fragile Electronica-Sounds. All diese Musik sei ein Teil seiner Persönlichkeit, künstlich trennen wolle er nichts mehr.
„Fatty Folders war noch eine Sammlung von Stücken, die teilweise über Jahre hinweg entstanden sind“, so Flügel. „Ich hatte ja sehr lange kein eigenes Album mehr gemacht und daher erst einmal Musik gesammelt, um sie dann irgendwann zu veröffentlichen. Aus diesem Grund war die Platte auch eher noch ein bunter Blumenstrauß an verschiedenen Sounds. Fatty Folders ist viel verspielter als die beiden anderen Alben und auch so ein bisschen jazzig, obwohl ich das Wort nicht mag. Happiness Is Happening, das zweite Album, beschäftigt sich mehr mit deutscher Elektronik der siebziger Jahre. Es ist krautig, auch psychedelisch und etwas noisiger. Das dritte ist für meine Verhältnisse doch sehr meditativ. Es enthält deutlich weniger Noten als die beiden Platten vorher. Ich wollte eine Musik machen, die nicht überladen ist, die einen aber genau deshalb mental irgendwohin bringt. Es sollte eben nicht so sein, dass nach drei Parts schon der vierte wartet und dann schon der fünfte angedeutet wird. Es ging nicht darum, meine Skills mit bizarren Arrangements zu beweisen.“