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Clubs als Kulturstätten: Warum der Bundestagsbeschluss bisher keine Folgen hatte

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In Deutschland müssen immer häufiger Clubs schließen. Manche sprechen deshalb von einer „sterbenden Clubkultur”, andere sehen sie in der „Krise” – obwohl politisches Interesse an dem Thema besteht. 2021 beschloss der damalige Bundestag einen Entschließungsantrag zur Baugesetz-Novelle. Diese ordnet Clubs seither als Kulturstätten ein. Eigentlich ein Gamechanger, denn: Mit der Einstufung als Kulturstätten gehen baurechtliche Erleichterungen einher, die allerdings erst in einer Neufassung der Baunutzungsverordnung umgesetzt werden müssen.

Inzwischen sind zwei Jahre vergangen, Deutschland hat eine neue Regierung. Auf eine neue Baunutzungsverordnung müssen Clubs allerdings genauso warten wie auf eine Anpassung des Lärmschutzes, denn erst in der neuen Baunutzungsverordnung wird der artikulierte Wille des Parlaments umgesetzt. Immer häufiger macht sich deshalb Frust in der bundesweiten Clubkultur breit. Unser Autor Johannes Hartmann hat recherchiert und die Frage gestellt, warum das alles so lange dauert.

Seit 2021 sind Clubs in Deutschland sogenannte Anlagen kultureller Zwecke. Der politische Auftrag ist nicht nur im Entschließungsantrag aus der letzten Legislaturperiode festgehalten, sondern findet sich auch im Koalitionsvertrag der aktuellen Ampel-Regierung wieder. „Clubs und Livemusikstätten sind Kulturorte”, heißt es dort, und: „Wir sichern kulturelle Nutzungen in hochverdichteten Räumen und unterstützen Investitionen in Schallschutz und Nachhaltigkeit. Für beides werden wir die Baunutzungsverordnung und Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm anpassen.”

Eine Reform beider Gesetze ist nicht nur wegen des Bundestagsbeschlusses zu den Clubs längst überfällig. Die Baunutzungsverordnung, kurz BauNVO, die die Nutzung eines Grundstücks regelt, trat 1962 erstmals in Kraft. Seitdem hat sie sich kaum verändert. Wohl aber die Vorstellung einer modernen Stadt, denn: Die Idee einer funktionsgetrennten Stadt gilt als überholt.

Stattdessen will man abwechslungsreiche Stadtteile mit vielfältigen Nutzungen, Milieus und Settings, kurz: mehr Urbanität. Eine Änderung, wie sie von der LiveKomm, dem Bundesverband der Musikspielstätten in Deutschland, und dem Parlamentarischen Forum für Clubkultur und Nachtleben angestrebt wird, hätte also nicht nur positive Auswirkungen auf die Entwicklung bestehender Clubs sowie deren Neugründung, sondern auch auf die Lebensqualität der Stadtbewohner:innen.

Novellen sind kein Allheilmittel

Was den Erhalt und die Neuansiedlung von Clubs angeht, so wäre eine Novelle des Baugesetzbuches in Verbindung mit einer Anpassung der sogenannten TA Lärm eine erhebliche Erleichterung, was beispielsweise die öffentliche Förderung oder auch den Abschluss von Mietverträgen angeht. Das weiß auch Luise Amtsberg. Sie ist Abgeordnete der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen und erkennt die kulturelle wie gesellschaftliche Relevanz von Clubs an.

„Die Ampel denkt Clubkultur mit”, sagt Luise Amtsberg vom Bündnis 90/Die Grünen. (Foto: Luise Amtsberg / Marco Fischer)

Die BauNVO sei dafür zentral, denn sie habe, so Amtsberg, „großen Einfluss darauf, wo sich Clubs ansiedeln können und wie leicht sie es haben, Standorte in den ohnehin engen Städten zu finden.” Gleichzeitig sei eine Änderung der Verordnung kein Allheilmittel für bestehende Probleme der Clubs. „Deshalb hat die Ampel im Koalitionsvertrag auch eine Reform der Lärmschutzvorgaben vereinbart und denkt Clubkultur innerhalb der Kulturpolitik deutlich besser mit”, so die Grünen-Abgeordnete.

Ferienwohnungen als Vorbild

Passiert ist bisher dennoch nichts. Die Frage ist: Wieso? „Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben könne man nicht danach beurteilen, bestimmten Tätigkeiten einen kulturellen Wert beizumessen oder aber abzusprechen”, heißt es vonseiten des Bauministeriums, dessen Vertreter bei einem Expertengespräch im Mai das erste Mal in schriftlicher Form Bedenken äußerten.

Man müsse entweder einen eigenen Nutzungsbegriff in der BauNVO schaffen und diesen in hierfür geeignete Baugebiete der BauNVO aufnehmen oder aber Musikclubs als gewerbliche Anlagen einstufen und diese dann im Einzelfall prüfen.

„Nutzungskonflikte bei der Ansiedlung von Wohngebieten sollen vermieden werden”, sagt Michael Smosarski von der LiveKomm.

Der Verband hat mit der Bundesstiftung LiveKultur eine Kampagne zur Sensibilisierung für die Problematik und die anstehenden Novellierungen initiiert, für die ein ausführliches Positionspapier entwickelt wurde. Unter dem Titel clubsAREculture haben bereits Veranstaltungen wie Podiumsdiskussionen mit Vertreter:innen aus Landes- und Bundespolitik stattgefunden.

„Es gäbe keinerlei Automatismus in der Zulassungspraxis.”

Michael Smosarski (LiveKomm)

Eine Einstufung von Clubs als Anlagen für kulturelle Zwecke würde der Vermeidung von Nutzungskonflikten aber nicht entgegenstehen, so Smosarski. „Schließlich müsse nichtsdestotrot^z immer eine Einzelfallentscheidung von den Behörden getroffen werden. Es gäbe also keinerlei Automatismus in der Zulassungspraxis.”

Eine denkbare Lösung wäre laut der LiveKomm eine Regelung in Anlehnung an Ferienwohnungen. Dafür hat man 2018 in der BauNVO einen eigenständigen Paragraphen hinzugefügt. Durch den Paragraph 13a sind Ferienwohnungen seitdem nicht nur in Sondergebieten erlaubt, sondern auch in Wohngebieten zulässig. Auf ähnliche rechtssystematische Weise könne man beispielsweise auch Clubs und Diskotheken abgrenzen, so Smosarski.

Langwieriger Prozess

Es handelt sich um eine Änderung, die viele Instanzen durchlaufen müsste, sagt wiederum Thore Debor. Der Sprecher der AK Kulturraumschutz und Geschäftsführer des Clubkombinats Hamburg ist empört über die „Bestandswahrerkraft der Verwaltung”, die sich „mit Händen und Füßen gegen die politische Willensbildung des Bundestags wehrt.” Es sei, so Debor, ein „mieser Dämpfer, wenn der Arbeitsauftrag und die Realität so weit voneinander entfernt liegen.” Dadurch entstehe der Eindruck, dass eine klare politische Ansage vom Ministerium in Richtung der Verwaltung fehlt.

Thore Debor vom Clubkombinat Hamburg. (Foto: Debor/Clubcombinat Hamburg)

Doch selbst wenn diese Ansage vorhanden wäre – es bestehe die Gefahr eines langwierigen Kraftakts in der Umsetzung auf Landesebene. Selbst den fortschrittlichen Kommunen sind die Hände gebunden, so Debor. Da die Arbeitsbeziehungen zwischen den Fachabteilungen auf Bundes- und Landesebene sehr eng sind, könnte es auch später noch zu Widerstand kommen.

Einen längeren Prozess könnte auch die Anpassung der TA Lärm durchlaufen, für die das Bundesumweltministerium zuständig ist. So oder so stellt sich die Frage, wer das Zepter in der Hand hält. Die Verwaltung oder die gewählten Volksvertreter? Für Thore Debor steht fest: „Die Haltung ‚Wie es immer war, so soll es immer bleiben’ ist nicht mehr angebracht.”

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