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Motherboard: Mai 2025

Fangen wir in dieser Ausgabe des Motherboards doch mal mit Tieren an: Mit einem Gürteltier auf dem Cover kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Tut es auch nicht. Månen, Armadillo (Hubro, 21. März) von Building Instrument bietet durchweg schöne wie kleinteilige Glockenspiel-Electronica, angereichert mit milde klapperndem Avant-Pop, himmelstürmenden Vocals und fluffigen Trip-Hop-Beats. Den gewissen Mehrwert bekommen die Stücke über die Besetzung mit Mari Kvien Brunvoll, Åsmund Weltzien und Øyvind Hegg-Lunde, allesamt versierte Jazzer aus der norwegischen Crossover-Fusion-Szene.

Hinter Silver Y, dem Namen einer nachtaktiven, in ganz Europa zu findenden Motte mit einem fein gezeichneten silbernen Ypsilon auf den Flügeln, verbirgt sich die sizilianische Meeresbiologin Laura Caviglia. Neben der marinen Ökologie gilt ihre Leidenschaft der dunkleren Seite von Synthpop. Auf ihrem Albumdebüt In The Depths (Bytes, 25. April) durchmisst sie kathartische, psychologische Höhen und Tiefen mit einem minimalistischen Setup aus Drumcomputer, Synthesizern und hallverwaschener Stimme. Es mag überinterpretiert sein, aber es hört sich eben genau so an, als würden die Immensität der Meere, die Tiefe der ozeanischen Gefühle ihre Stücke informieren, stark und tief machen, als an Shoegaze und Ambient geschulte Erhabenheit.

Aus dem Cover schauen die Drei von Los Pirañas skeptisch bis leicht grimmig gen Firmament. Ihre Historie als altgediente Prominenz der kolumbianischen Avantgarde, von Cumbia bis Psychedelic-Rock bei, unter anderem, den Meridian Brothers, Frente Cumbiero und Romperayo, weist in eine ähnliche Richtung: Una Oportunidad más de triunfar en la vida (Glitterbeat, 7. März) hätte leicht zu einer vergrübelten Experimentalanstrengung werden können. Doch weit gefehlt, das in aller präzise konstruierten Hibbeligkeit doch extrem lässige Album animiert mit augenzwinkerndem Dub-Funk, launigen Loops und knusprigen Grooves aus akustischen Gitarren und einem feinen Allerlei lateinamerikanischer Rhythmen zum permanenten Mitwippen.

Wie schon öfters als nur gelegentlich (zum Beispiel hier) erwähnt, verfolgt Yelka, das Berliner Trio aus Daniel Meteo, Christian Obermaier und Yelka Wehmeier einen Masterplan, ein keineswegs größenwahnsinniges, sondern tatsächlich ziemlich entspanntes Großprojekt: zehn Alben in weniger als der Hälfte an Jahren abzuliefern. Nun, zur Halbzeit, ist In A Rose Hat (Karaoke Kalk, 11. April) die bislang dem gängigen Indie-Pop nächste, nur milde experimentelle Folge. Neben verstrahltem Dub-Rock zugleich wieder eine subtile Reflexion über unser Verhältnis zu Amerika, zur Kultur und dem politischen wie privaten Wesen der USA. In diesen Zeiten gehört schon einige Gelassenheit dazu, so etwas wenig angestrengt klingen zu lassen.

In den zeitgenössischen Urban Styles sind Mixtapes noch immer eine bevorzugte kleine Form ohne inhaltliche Vorgaben. Mit dem Tonträgerformat hat das erst mal nicht viel zu tun. ANGEL (this mixtape is for u) (Self-released, 22. März) der Französin Joye aus Toulouse ist digital und folgt der Mixtape-Konvention allenfalls in dem Sinne, dass die stilistische Vielfalt von Hyperpop und experimentellem Bedroom-R’n’B à la Sevdaliza über Piano-Balladen zu elektronischem Shoegaze-Ambient reicht. Dabei ist ANGEL ein stringent durchgeplantes Konzeptalbum von psychologischer Reichweite. Ein kraftvolles, überbordendes Voll-Album von einer Künstlerin mit immenser kreativer Spannbreite.

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