BLANKA – Open Ground
BLANKA liefert mit diesem im Wuppertaler Open Ground aufgenommenen Set eine intensive, facettenreiche musikalische Reise, die sich zwischen hypnotischen Techno, schneidenden Hi-Hats und minimalistischem Sounddesign bewegt. Von Anfang an wird klar: Hier geht es um Detailverliebtheit und Dramaturgie. Die ersten 20 Minuten führen langsam in das Set hinein, und man merkt, dass die Story allmählich beginnt. Es ist kein harter, direkter Einstieg, sondern entfaltet langsam einen Groove.
Nach etwa 30 Minuten öffnet sich das Klangbild und wird rhythmischer. Ein Auf und Ab von sphärischen Elementen und sanften Melodien bringt neue Dimensionen ins Set. Bei der Hälfte des Sets geht die Room-Trax-Mitgründerin kurz in den Cool-Down-Modus, bevor sie in den letzten zwei Stunden das Tempo nochmal anzieht. Die Soundschichten verdichten sich, und die ineinander greifenden Rhythmen erzeugen eine hypnotische Sogwirkung. BLANKA zeigt, wie gutes Storytelling auszusehen hat, und nimmt mit auf eine Berg- und Talfahrt aus energetischen Beats und hypnotischen Techno. Jacob Runge

Coffintexts – Truancy Volume 344 (Truants)
Ein satter, siegessicherer Neunziger-Jahre-NY-House-Groove von George Morel, heruntergestrippt und mit einer Extraportion Bass versehen: Auf ihrem Mix für Truants setzt Coffintexts einen funktionalen und überraschend ballerigen Grundton, der sich nicht sehr von Sets von, sagen wir, Honey Dijon unterscheidet. Mit aufbauenden Lyrics von HoneyLuv & Roland Clark und den derben Progressive-House-Sounds der Panic Attackers drückt die DJ aus Miami ordentlich auf die Tube. Zurück im New York der Neunziger, werden Raritäten großer Namen wie Erick Morillo, Armand van Helden oder Beyoncé gezockt, bevor Coffintexts mit trippigen, technoiden Tracks von Maara und Ciel & Mathis Ruffing relativ abrupt in der Gegenwart der elektronischen Clubmusik ankommt. Mit Nick León & DJ Babatr zollt der Mix dem TraTraTrax-Sound Tribut, einem Label, auf dem sie auch selbst veröffentlicht hat. Mit Farley & Heller und Ernie & Bert überrascht dann noch ein unerwarteter Ausflug ins London der frühen Neunziger, bevor ihre eigene TraTraTrax-Veröffentlichung „Bellaquella” den Schlusspunkt eines Mixes setzt, der einen nerdigen Umgang mit den großspurigen Momenten der Clubmusik pflegt. Alexis Waltz

Hünter – Wërda w/ Hünter: 26th February ’25 (Noods Radio)
„Wërda (ver-dah) is a completely made up word that fits well with my style and also sounds weird… that really describes where IDM and my style of music goes” – wer sich schon immer gefragt hat, wie insbesondere Künstler:innen aus dem Leftfield-Bass-IDM-Kontext bei der Namensfindung vorgehen, bekommt hier die aufschlussreiche Antwort serviert. Hünter – auch der Fetisch für Umlaute und Tremen (Ist das der korrekte Plural?) muss befriedigt werden – betreibt die eingangs erwähnte Radioshow seit bald drei Jahren unter diesem Namen und ist mit ihr beim Bristoler Noods Radio heimisch geworden.
Nach dem absurd krätzigen Audiotag des Senders wendet sich der DJ und Producer aus Seattle kurz ans Publikum. Er bewege sich gerade weg von heady Musik, wohl also für den klassischen Dancefloor konzipierten Tracks, hin zu Sounddesign-Projekten und „Texturen, Rhythmen und Frequenzen” zwischen Struktur und Chaos und sei überaus fasziniert vom neuen Hesaitix-Album Noctian Airgap. Der folgende Mix schlägt voll in diese Kerbe.
Klangquellen läppern sich, verdichten sich und fasern nicht diffus, sondern wohltemperiert auseinander. Anfangs regieren poserhaftes Garage-Gitarrenspiel und enthemmter, hallender Gesang. Bald halten die ersten Flächen Einzug, und kurz darauf bimmeln über organischen Bassläufen Glöckchen in Einheit mit taktilen Klavieranschlägen, Kankyō Ongaku trifft auf Jazz. Unter einem schabenden Geräusch, wie es beispielsweise Talismann in seinen Techno-Tracks auf die Spitze treibt, pocht daraufhin eine Kickdrum, die leicht off und mit ihrer Geistesabwesenheit an die Schlüsselloch-Spechtereien von GAS, an Wolfgang Voigts entrückte, seltsam solipsistische Perspektive auf den Rave erinnert. Konkreter wird es kurz darauf mit verhältnismäßig harten Bass- und IDM-Einschlägen, in der Mitte des Mixes reißt der Himmel für Digital-Pop auf und formvollendet celestiale Dub-Chords erheben endgültig in die Wolken. Wer da wartet? James Blake mit einer seiner frühen Post-Dubstep-Produktionen. Kaum zu glauben. Maximilian Fritz

source.link – 15/02/25 (Smut Press)
„Move along, move on” – dieser Mix von source.link, einer Hälfte des post-pandemischen Berliner House-Duos MDSM, beginnt nicht nur mit einem fetten Bass. Die Lyrics geben genau vor, was zu tun ist. „Move on”, oder vielleicht einfach den Booty bewegen? Ein Valentinstags-Special, das seinem Namen alle Ehre macht: Mit diesem Mix kommt garantiert die richtige Stimmung auf. Und das passt nur allzu gut zum sexpositiven Label, auf dem er erschienen ist: Smut Press. Progressiv, housig, bouncig. Da passen Mixe wie diese hin, bei denen die Hüften beim Gehen ganz von selbst mitschwingen. Trotz seines geschmeidigen Flows türmt das Set keine verrückten Schichten übereinander, sondern entfaltet eine Reise mit schicker Trackauswahl. „I can tell you’re into it”, hallen die Vocals auf halber Strecke und unterstreichen nur, was ohnehin längst in der Luft liegt. Jacob Hession

outlines – Gqom Werkz II
Ja, schau, die Sache ist die: Ich könnte das zwölfhundertzweiundzwanzigste Kläranlagenset reintun und mich freuen, weil alles noch mehr Dings ist. Oder ich hüpfe auf einem Bein und tu so, als wäre ich Flamingo. Ihr wisst schon, diese lustigen Vögel, die ausschauen wie norwegischer Frühstückslachs auf Stelzen. Na ja, sage das alles ja nur, weil man sich mich genau so vorstellen muss – zu dieser, na ja, verrückten MUSIK tanzend, ich meine: ABGEHEND. Also wirklich. Als Flamingoeinbeiner im Wohnzimmersafespace. Tschikitschikitschack! Schuld an dem sozialbedenklichen Aussetzer ist übrigens das schöne Label outlines aus Polen. Ich sage das ja nicht zum ersten Mal, ich sage es immer wieder: Was die machen, was dort passiert. Das würde ich gerne mal sehr laut hören. Von mir aus auch statt der dreihundertvierzigsten Kläranlagentaucherei. Christoph Benkeser
