Wie interessant moderner elektronischer Pop klingen kann, wenn er gleichermaßen von Cold Wave, Trap und Hyperpop informiert ist, aber in keines der angespielten Genres wirklich reinpassen möchte. RIP SILO, das Duo des britischen Sängers Toby Castle-Smith und des Niederländer Produzenten Jeroen van den Dungen, kann das auf dem selbstverlegten Album Hydro (RIP SILO, 30. Januar) schon ziemlich gut vorhersagen. Praktisch aus dem Nichts kommend, trifft ihr Debüt immer den entscheidenden Zwischenraum bereits ausdefinierter Stile. Mit einem von dunklerem Post-Punk und Dark Ambient geerbten Instinkt für instrumentalen Pathos und textliche Melancholie lässt Hydro keinen Zweifel daran, dass hier gerade ein heißer Anwärter für die Skandinavien/Benelux-Synthpop-Awards 2025 an den Start gegangen ist. Ein Preis, den ich gerade erfunden habe, den es für RIP SILO aber unbedingt geben sollte.
Das Pariser und ein bisschen Berliner Label Infiné, das nächstes Jahr schon den Zwanzigsten feiern darf, war von Beginn an mehr als ein puristisches Techno-Outlet. Von Neoklassik bis Bedroom-R’n’B war und ist hier vieles zusammen möglich, was anderswo ein Sublabel oder gleich eine gänzlich andere Plattform braucht. Dass das Herz aber noch immer für die elektronische Tanzmusik schlägt, zeigt die im Sommer 2024 gestartete Remix- und Kompilations-Reihe Club Infiné, deren zweiter Teil Infiné Club 2024 (Infiné, 2024 erschienen) den Pop-affinen Teil des tanzbaren Label-Portfolios demonstriert. Also Tracks mit (meistens) Beat, die aber doch mit einem Bein woanders stehen, in fluffigen Wölkchen, mit Wobblebässen etwa.