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Die Platten der Woche mit ALPI, CAIV, Oltrefuturo, Space Dimension Controller und der neuen VA auf Isabelline

ALPI – Respiri (quartal.)

Das italienische Duo ALPI steht nach eigener Auskunft auf Vinyl und Synthesizer. Das kann man ihrem Sound insofern anhören, dass er eine recht bedachte Ausdrucksweise des Tribal-Techno ist. Mit organisch anmutender, sich ständig im Raum bewegender Perkussion und fein geschliffenen Synths, die zwar hypnotisch wirken, sich aber nicht in den Vordergrund drängen müssen. Eine gelungene Abwechslung im heutigen Rennen um immer BPM und Bumms.

Ihre neue EP Respiri erscheint beim deutschen Label quartal. und liefert vier anmutig groovende Tracks, die sowohl technisch als auch musikalisch überzeugen. Musik für kühle Nächte unter Sternenhimmeln, mit einem Nicken hin zu Donato Dozzy, aber mehr als genug Ideen, um auf eigenen Beinen zu stehen. Leopold Hutter

CAIV – Dwellers EP (Tresor)

CAIV ist eine neue Kollaboration zwischen Israel Vines und Camille Altay, die 2021 das erste Mal zusammenarbeiteten. Beide wollten das semantische Wortspiel der „Cave” (Höhle) erkunden, das im Musikkontext etwa mit Diggen, Underground oder dem Erforschen des Früheren verbunden werden kann.

Die vier Tracks nehmen das Höhlen-Feeling auch akustisch auf, etwa wenn sich der Opener „Cymbalism” mit metallischer Perkussion langsam Richtung Erdkern gräbt oder die wilden Rhythmen auf „Ötzi 2.0” Bilder von vorzeitlichen Tanzritualen heraufbeschwören. Am ehesten aber ist es wohl der Einsatz von viel Hall und schweren Sounds, die das Gefühl der Techno-Höhle hier auf unterschiedliche Art und Weise umsetzen. Eine Konzeptplatte, die sowohl intellektuell als auch musikalisch aufgeht! Leopold Hutter

Oltrefuturo – Aural Deception (Trule)

Aus den Tiefen der wunderblauen Adria ist die 4-Track-EP Aural Deception von Claudio Ebert alias Oltrefuturo aufgetaucht und beschert ein gutes Omen für 2024. Feiner psychedelischer Trance für alle open listeners und free dancers.

Auch wenn „Aural Deception” mit entspanntem Trommelschlag und unvermeidlichem Didgeridoo beginnt, übernehmen tragende Tribal-Drums nach und nach die Führung und geleiten versiert und geschmeidig in die nächste Dimension. Doch Gemach. „Dark Blue” erdet vor dem Höhenflug mit reinigendem, klaren Ambient-Klang, langsamen Rhythmen und entspannten Voices. Die Tür ins nächste Universum durchschreitet dann „Mental Music” feat. Crystal Therapy – langsam beginnender Tribal, der nach und nach nach vorne schiebt und für ein glückliches Grinsen sorgen dürfte.

Das Rezept dieser Oltrefuturo-Kompositionen mag simpel erscheinen, ist es aber nicht. Aural Deception eben – akustische Täuschung. Die Kunst, mit wenigen Ingredienzien wie Drums, Soundflächen, Vocals und einer Prise Acid einen gehobenen Bewusstseinszustand zu erlangen, liegt in der Kunst der Reduktion auf das Wesentliche, der Verschiebung und Steigerung. Viel hilft nicht unbedingt viel, weniger ist mehr. Den Schlusspunkt setzt „Stealth Trance” – uptempo, jetzt doch mehr acidlastig, auf- und abschwellend. Oltre (italienisch: darüber hinaus) und futuro (italienisch: Zukunft) macht seinem Namen Ehre. Liron Klangwart

Space Dimension Controller – Acid Sampler 1.5 (Running Back)

Vier Tracks der verspielten 303-Sorte hat Space Dimension Controller für Running Back programmiert. Mit Electronica durchtränkter Acid House, der wirkt, als habe Squarepusher die Breaks mal in der Schublade verstaut, sich das Haar gekämmt und den Bart gestutzt, um dann an einem Familienpicknick nahe Castlemorton teilzunehmen. Und das ist überaus positiv gemeint.

Ein Track ist schöner als der andere: Schon das erste Stück „Kosmische Conga” springt einen fröhlich an, umarmt den Zuhörer mit gewinnendem Lachen, um ihn dann niemals wieder loszulassen. Mit gleichsam vereinnahmender Unruhe umgarnt das leicht mystische „Echopet”, während „Minehead” sich von einer tief groovenden Acid-Schleife zu einem wahren Blumenbouquet voller von Melancholie infizierter Melodieschnörkel entwickelt. Da bleibt kein Auge trocken. Entlassen wird man mit dem sich aus tiefsten Tiefen emporwindenden Slow-Groove von „Carinacid”, gehüllt in zarte Aphex-Flächen-Gaze. Tim Lorenz

VA – II: Common Welfare (Isabelline)

Das Berliner Label Isabelline beschreibt sich selbst als „esoteric wax imprint”, das die Elemente von Techno, Dub, Ambient und Minimalismus kanalisieren will. Auf der zweiten Veröffentlichung, wieder ein gemischter Viertracker, kommen Künstler aus aller Welt zusammen.

Der New Yorker Plebeian öffnet mutig mit einem lebendigen, ständig mutierenden Techno-Stepper der unheimlichen Sorte, während Roman Kutnov alias Corell eine dagegen wie Balsam wirkende Ambient-Komposition beisteuert, die von statischem Rauschen und atmosphärischen Synths getragen wird. Auf der Flip wird dann wieder abgerissen, Gaul Plus steuert Lo-Fi-Breakbeat bei, der auch bei L.I.E.S. gut aufgehoben wäre, während Litauens Undveld eine schon fast verstörend dichte Technonummer aufschichtet. Ein, zusammen mit dem ersten Release des Labels betrachtet, durchaus vielversprechender Einstieg, dessen stilistische Richtung sowohl kohärent als auch aufregend modern wirkt. Leopold Hutter

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