Albert van Abbe – Nondual (Raster)
VA x BY – Dual (Raster)

Die Zweizahl ist eine elementare Einheit in so ziemlich allen Dingen des Lebens. Beim Musizieren ist es der erste Schritt, wenn man nicht allein vor sich hin puzzlen will. Was bei elektronischer Musik ansonsten wohl eine der häufigsten Produktionsweisen ist. Der Niederländer Albert van Abbe und Raster-Labelbetreiber Olaf Bender alias Byetone haben ihre erste gemeinsame Platte entsprechend grundsätzlich Dual genannt. Sie selbst treten dazu passend als VA x BY in Erscheinung.

Die Aufnahmen begannen sie zunächst in ‘s-Hertogenbosch in den Willem Twee Studios – „twee“ bedeutet auf Niederländisch übrigens zwei. Mehr oder minder live entstanden, fließt ihr duales System in gewohnt reduzierter Raster-Manier weitgehend unangestrengt über eine halbe Stunde Länge. Störgeräuschiges, Umweltgeräuschiges, Frequenzbrummendes und sogar vertraut akustisch Klingendes wie Klaviertöne setzen sie neben- oder ineinander. Die daraus entstehende elegante Komplexität spielen sie mit lapidaren Titeln wie „I added a tom and a hihat“ oder „I think this part is a bit boring“ stilvoll herunter.

Ein schönes Gestaltungsprinzip ist die Wiederkehr bestimmter Sounds, etwa ein (weißes?) Rauschen, das wie eine Snare eingesetzt wird. Beim ersten und letzten Track ist der Anfang zudem komplett identisch, ein atonaler Drone im Hintergrund, begleitet von einem tröpfelnden Klang. Bloß geht es danach sehr unterschiedlich weiter, trockener Funk im einen Fall, herbstversonnener Ambient im anderen. Eine geschlossene Form und Öffnung in eins.

Trotz scheinbarer Unberechenbarkeit gibt es durchaus vorwärtsdrängende Repetition, nicht direkt zum Tanzen gedacht. Doch der Körper ist mitunter klar mitgemeint.

Um Öffnung geht es noch einmal stärker in Albert van Abbes Raster-Solo-Einstand Nondual. Der Titel könnte zunächst die Verneinung der Zweizahl meinen, was auf van Abbes im Alleingang eingespielte Platte im trivialen Sinn zutrifft. Nondual ist andererseits noch so einiges, das auf im weitesten Sinne spirituelle Dinge verweist: die „unteilbare eine“ Wirklichkeit oder aber reines Bewusstsein, wie auch immer zu erreichen.

Bei Nondual kann es zumindest nicht schaden, mit gleichschwebender Aufmerksamkeit zu hören, was für den Anfang genügen mag. Denn die überwiegend kurzen Stücke, die van Abbe versammelt, entwickeln sich alles andere als geradlinig, mischen akustische Instrumente wie Klavier mit abstraktem Beat und vertrauten wie fremdartigen Synthesizersounds. Trotz scheinbarer Unberechenbarkeit gibt es auch auf diesem Album durchaus vorwärtsdrängende Repetition, nicht direkt zum Tanzen gedacht, doch der Körper ist mitunter klar mitgemeint.

Die Reise geht, wenn man den Titel so ganz ernst nimmt, tief ins eigene Innere hinein, was den Rest da draußen zugleich einschließt, es ist ja im Nondualen schließlich alles eins. Das Konzept braucht einen dabei strenggenommen gar nicht groß zu interessieren. Genauer gesagt: Ob man die Idee hinter dem Album zur Kenntnis nimmt oder nicht, ist im Zweifel nicht entscheidend dafür, ob einem das Ganze gefällt oder nicht. Wäre sogar fast schade, wenn sich die Musik lediglich als Illustrierung eines Gedankens behaupten könnte und nicht einfach für sich sprechen.

Was sie definitiv tut. Man muss lediglich in der richtigen Verfassung sein, wie oben angedeutet. Der Rest dürfte sich von selbst ergeben. Van Abbe hält die Ereignisse auf spröde introspektive Weise lebendig genug, um auch so zu fesseln. Ganz gleich, ob für einen nun alles eins ist oder nicht. Seltsam und schön. Tim Caspar Boehme

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