Global Nighttime Recovery Plan Meeting (Screenshot)
Die Night Mayors haben es sich seit 2003 zur Aufgabe gemacht, in Großstädten auf der ganzen Welt als Draht zwischen Nachtleben, Community, örtlichen Behörden und Politik zu fungieren. Mit Hilfe der Facilitator-Plattform Vibelab haben sie mit 130 Helfer*innen aus 70 Städten den Global Nighttime Recovery Plan entwickelt, der dem Nachtleben helfen soll, wieder zum Normalbetrieb zurückzukehren, wenn es die Verhältnisse zulassen. Unser Autor Leon Schuck war Teil eines Calls mit Night Mayors aus New York, Tokio, Berlin, Bratislava, Helsinki und Budapest. Sie berichten über ihre Strategien und Taktiken im Kampf gegen die Pandemie und erklären, die größten Hindernisse liegen.
Gastgeber*in Lutz Leichsenring (Clubcommission Berlin) und Diana Raiselis (Berlin) luden Night Mayors und Nachtleben-Funktionäre Andreina Seijas (Washington D.C.), Tak Umezawa (Tokio), Michael Fichman (Philadelphia), Nandor Petrovic (Budapest), Gleb Divov (Litauen) und Ariel Palitz (New York City) ein, um die derzeitige Situation im jeweiligen Land darzustellen und sich gegenseitig auszutauschen. Dieser Austausch war schon der fünfte in einer Reihe von Calls, davor wurden die Themen „Open-Air Nightlife and Covid-19”, „The Future Of Dance Floors” und „Sustaining Our Nightlife Scenes” diskutiert. Der fünfte Teil hatte den Titel „Nighttime Governance In Times Of Covid”. Der freundliche Umgang und die Tatsache, dass sich viele der Teilnehmer*innen auch persönlich kennen, vermittelte den Eindruck eines gut vernetzten Teams, das trotz der gegebenen Barrieren zusammenhält und miteinander an Lösungen arbeitet.
Tak Umezawa von der Japan Nighttime Economy Association (JNEA) erklärt, dass es die derzeitigen Copyright-Bestimmungen den Künstlern erschweren, ihre Performances lukrativ via Livestream im Internet zu teilen. Daran werde gerade gearbeitet, so der Leiter des japanischen Verbands. Weiter führte er aus, wie wichtig es sei, durch die Einhaltung der Corona-Maßnahmen die eigene Seriosität gegenüber der Regierung zu unterstreichen, damit man auch von offizieller Seite finanzielle Unterstützung erwarten kann.
Ariel Palitz, Leiterin von der Einrichtung Nightlife New York fügte hinzu, sie sei froh, dass sie wenigstens zwei Jahre hatten, um sich mit den Kultureinrichtungen zu arrangieren und zu etablieren, bevor der erste Lockdown kam, was für die während der Pandemie gegründeten Vereinigungen, etwa die in Bratislava (Slowakei), unmöglich war.
Im Zuge dessen konnte sich Nightlife New York beweisen und durch die nahe Kommunikation mit den örtlichen Behörden zeigen, dass sie wichtig sind und eine essentielle Stimme der Szene in der Diskussion mit den Behörden darstellen – gerade in diesen Zeiten. Aber nicht nur deswegen war dieses Mitspracherecht wichtig, auch im Bezug darauf, dass auf die Interessen der Künstler*innen der Stadt Rücksicht genommen wurde und ihre Arbeit als gleichermaßen bedeutsam wie die anderer Sektoren angesehen wurde. Die Arbeit der Gruppe in New York brachte außerdem den „Save Our Stages Grant” hervor, eine Förderung, die 15 Milliarden Dollar bereit hält, aber immer noch nicht ausgezahlt worden sei. Laut Palitz sehe man zwar Licht am Ende des Tunnels, trotzdem hebt sie klar hervor, dass die Arbeit aller in diesem Meeting gerade erst begonnen hat.
Das Hauptziel dieser Zusammenarbeit auf internationaler Ebene besteht also darin, die Arbeitserfahrung der einzelnen Komitees zu teilen und sich somit gegenseitig zu stärken.
Die aktuelle Krise hat nicht nur das Nachtleben in den Vordergrund gerückt, sondern auch die Menschen, insbesondere auch die Unterstützer*innen auf lokaler Ebene. Einige Städte waren während der Pandemie darauf angewiesen, Nighttime-Organisationen einzurichten. In Frankreich wurden in Städten wie Lille, Marseille, Bordeaux und Nantes Nighttime Mayors gewählt, um die Interessen der jeweiligen Szene zu repräsentieren und lokalen Behörden und Politikern zu vermitteln. Zusätzlich wurde in Städten wie Bristol die Einführung einer sogenannten „Night Czar”-Position bekanntgegeben, die bereits in London und Manchester existiert. Deren Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass nachts zum Beispiel öffentliche Toiletten zur Verfügung stehen oder genügend öffentliche Verkehrsmittel für die heimkehrenden Party People bereitgestellt werden.
Alle Reaktionen entstehen aus dem während der Pandemie gewachsenen Bewusstsein dafür, wie wichtig es ist, das lokale Nachtleben, egal ob New York City oder Helsinki, zu unterstützen, sodass es nachhaltig und langfristig gestaltet wird und die Interessen aller Parteien ein Gehör finden. Dieser Austausch ist elementar wichtig für eine Kultur, die sich im Rahmen der Gesetze frei entfalten will.
Ein anderer Aktivist des Nighttime Recovery Plan, Jack Waghorn, Graphikdesigner aus London, erklärt an anderer Stelle: „Ich glaube, dass die Bewahrung unabhängiger Orte dieser Kultur etwas ist, für das wir später dankbar sein werden. Ich habe in Bands in kleinen Venues gespielt und mir damit mein erstes Einkommen verdient. Deshalb fühlt es sich richtig an, dafür zu kämpfen, dass es diese Orte auch weiterhin gibt.”