Das schwedische Paar Lisa & Kroffe Ulfves bekommt das ähnlich gut hin. Wobei ihre Wurzeln weniger im Techno und der Clubkultur liegen als in kraut-kosmischen Synthesizer-Experimenten der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, was ihren Sound allerdings nicht weniger zupackend und kraftvoll macht. Roslagens Famn (Lamour Records/Klangfigur Audio Artifacts) brummt analog und modular in eine imaginierte wie reale Natur hinein. Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel mit und in diesem mehr als bekannten Sound-Idiom noch geht.
Wenn sich die komprimierte Gegenwart in Form von Trap, K-Pop und avancierten Körperpolitiken nur nach Zukunft anfühlt, ist die cross-skandinavische Brieffreundschaft von Loke Rahbeck und Jonas Rönnberg alias Croatian Amor & Varg2TM nicht weit. Angetreten, um den Mainstream von Techno und EDM, Rap und R’n’B in antifunktionale, aber verdammt nach Hit über Hit klingende, konstruktivistische Destruktiv-Elektronik zu verzwirbeln, nimmt ihre vierte gemeinsame Arbeit Body of Content (Posh Isolation, 30. April) endlich in Albumlänge den Bit-Abfall von Hyper-Pop, Avatar-Hip-Hop und Selbstoptimierungs-Blogs und macht daraus pures Insta-Gold, gerne mit deprimierten Autotune/Vocoder/Vocalise-(T)Rappern, Abstrakt-R’n’B oder Post-Metal-Kreischen kontrastiert.
Wenn sich eine Vergangenheit der Zukunft in Form von Hip-Hop-Beatschneider Shigeru Ishihara alias DJ Scotch Egg mit der Zukunft der elektronischen Zukunft in Form des Nyege-Nyege-Kollektivs aus Kampala, Uganda trifft, kann es eigentlich nur großartig werden. Zu 100 Prozent stimmt das beim gemeinsamen Projekt Scotch Rolex, das Nishihara-Beats mit den derben Rhymes der assozierten MCs und dem Lo-Fi-Noise der Elektriker aus Ostafrika überlagert, was dem Album Tewari (Hakuna Kulala, 30. April) ein irres Energielevel verleiht und die Breakbeat- und Trip-Hop-Variationen des Japaners ungeahnt frisch und neu klingen lässt.
Apropos Perfektion, die von YMO und Minimal Music inspirierte J-Electronica des Quartetts Unknown Me bietet auf Bishintai (Not Not Fun, 30. April) nicht weniger als Exzellenz, Brillanz und ein Sounddesign, das als Äquivalent der minimalistischen japanischen High Fashion begreifbar wäre, wenn es nicht so überlegen und doch flüchtig daherkommen würde. Die vier Produzenten aus Tokio bringen die verschiedensten musikalische Erfahrungshintergründe spielend in Einklang, von instrumentalem Hip Hop über Ambient und Neoklassik zu freier Improvisation an Steel Drum und Analogsynthesizern erwecken Yakenohara, P-RUFF, H. Takahashi und Osawa Yudai immer das Mehr aus dem Wenigen, nie umgekehrt.
Sonne, Mond und Sterne, immer, immer gerne. Prolaps bespielen die Sonnenwenden und Tag-und Nachtgleichen des Jahres 2021 in vier C-120-Tapes, die jeweils pünktlich zu den entsprechenden Jahreszeiten-Wendedaten erscheinen. Die erste Folge, die die Brooklyner Weirdo-Eminenzen Matt Stephenson und Bonnie Baxter mit ihrem genialen Irrwitz zugeballert haben, heißt Ultra Cycle Pt. 1: Vernal Birth (Hausu Mountain) und ist also schon im März erschienen. Es bleibt unglaublich, wie dicht und voll die 14 jeweils fast zehnminütigen Stücke sind, die jedes für sich genommen schon ein maximales Mini-Breakbeat-Hardcore-Noise-Epos ergeben, darin allerdings dem Frühlingsanfang angemessen lichtdurchflutet und hell.