Slowfoam – Animix Twenty Nine (Animalia)

Etwa wie eine Fantasiereise beschreibt Madelyn Byrd alias slowfoam den Mix für das Australische Label Animalia: Kosmische Klänge sollen irdische Erinnerungen hervorrufen. Für Byrd wären das Momente, in denen man allein in der Natur ist, sich vorstellt, Teil des Himmels zu sein oder Lichtreflektionen auf einem Fluss beobachtet. Der Mix steht unter der Ästhetik Slowfoams, dem Musikprojekt der Wahlberliner*in. Diese lässt sich als Cyber-Atmospheric, Bubblescape und synthetic Pop beschreiben und hört sich genauso futuristisch, wie dessen Beschreibung klingt. Zu waberndem Ambient reihen sich sanfte Regenrasseln, groovige Synths und auch mal Saxophonklänge oder Vogelgezwitscher. Oft verwischen die Grenzen zwischen dem, was man als irdische oder überirdische Klänge identifizieren würde. Da werden Aufnahmen von Stimmen zu blubber-artigen Geräuschen und Gitarrenklänge zu verzerrtem Geklimper. Stets dezent und trotzdem detailverliebt führt Byrds durch eine Stunde Klangmassage, die Ohren aufspitzen lässt und auf die nächste auditive Überraschung freuen lässt. Louisa Neitz

Yu Su – Fact Mix 799

Angesichts einer dritten Corona-Welle lohnt der Griff in die Fourth-World-Sammlung. Mit den außerweltlich anmutenden Veröffentlichungen des kalifornischen Labels Music From Memory etwa lässt es sich hervorragend fort träumen. Zuletzt hat auch die chinesisch-kanadische Künstlerin Yu Su Zugang zum Imprint gefunden. Seit Januar schmückt ihr Debütalbum Yellow River Blue die Speerspitze der Label-Diskografie. Ihre neueste musikalische Veräußerung ist gerade als DJ-Set zu hören. Mit ihrem FACT Mix führt Yu Su durch eine angenehm bizarre Kulisse aus unterschiedlichsten musikalischen Darbietungen. Angefangen im gemächlichen Downtempo wird nach knapp fünfzehn Minuten die Geschwindigkeit angezogen. Schnell zieht der Mix in seinen Bann. Die Außenwelt verliert an Konturen und ehe man sich versieht, ist das triste März-Berlin gegen eine freundlichere Welt eingetauscht. Verträumt engagierter House, gespickt mit allerlei psychedelischen Vocal-Fragmenten, ergießt sich in filigrane Leftfield-Rhythmen und fokussierter Electro liegt krautigen Gitarrenriffs in den Armen. – Optimistisch, aber etwas neben der Spur, findet man sich nach knapp einer Stunde überrascht wieder in die überlaufene S-Bahn blinzeln. Johann Florin

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Pablo Bozzi b2b Reka – Second Sight (HÖR)

Der französische DJ und Produzent Pablo Bozzi hat sich mit seinen Veröffentlichungen unter den Pseudonymen Lapse of Reason oder Imperial Black Unit bereits einen Namen in der elektronischen Musiklandschaft gemacht. 2020 erschien dann unter anderem mit seinem Remix von „Reach For The Lasers“ von Techno Maestro Arnaud Rebotini sein erstes Debüt unter seinem richtigen Namen. Es folgten Releases auf dem Label Aufnahme + Wiedergabe und mittlerweile veröffentlicht der Hör-Berlin-Resident regelmäßig Mixe in Zusammenarbeit mit namhaften DJ-Kolleg*innen.

Mit seinem neuesten Set mit dem Titel Second Sight gelingt es Bozzi gemeinsam mit Reka, die feierwütigen Anhänger*innen mit euphorischen Klängen in Ekstase zu versetzen. Im Gegensatz zum Namen des Sets genügt ein Blick und eine Kostprobe, um sich in den Bann der beiden Wahlberliner ziehen zu lassen. Der Sound ist sorgenlos und hedonistisch und schafft es, mit einem Hauch Melancholie die Energie anzupeitschen. Mit Hilfe von EBM-Bässen verpassen sie Italo Disco ein neues Antlitz. Im Verlauf des Sets wandert der anfangs fröhliche Sound hin zu einer drückenden und schweren Stimmung. Um die düstere Atmosphäre zu verstärken, wird das Tempo verlangsamt, nur um dann mit Tracks aus den Achtzigern und schwebend ansteigenden Synthesizerklängen nachzulegen. Die musikalische Zeitreise endet so unbeschwert, wie sie begonnen hat und lässt dich zurück mit einem Schimmer von Disco Musik. Franziska Nistler

Kiara Scuro w/ IDA (Balamii)

Seit einigen Jahren formt sich Balamii zu einem einflussreichen Community-Radio. Angefangen hat das Projekt 2014 in London, damals noch mit dem Upload von Club-Mixen. Inzwischen produziert Balamii ein umfangreiches Programm aus Online-Radio-Shows, Videoformaten und Texten.
Das DJ-Duo Kiara Scuro, bestehend aus Rosie Ama & Nadia, hostet eine monatliche Show auf Balamii. Als Gästen konnten sie schon DJs wie Warning-Resident Marie Montexier oder die russische Up-And-Comerin Errortica empfangen. Für den Guest-Mix der März-Edition stellt sich IDA hinter die Decks. Die finnische DJ, Produzentin und Promoterin hat ihre Wahlheimat in Glasgow gefunden und ist dort unter anderem Resident der schottischen Techno-Institution Sub Club. Im letzten Jahr startete sie mit Sävy Records ihr eigenes Label, dessen Katalognummer zwei von Producer Giordano schon jetzt heiß erwartet wird. 
Für Balamii liefert IDA, die die zweite Stunde bespielt, einen konsequenten Club-Mix in ihrem Signature-Sound: Breakig, energetisch und mit einer optimistischen Ladung 90er-Jahre-Vibes. Die Atmosphäre ist treibend, euphorisch und macht Lust auf die verschwitzten Keller-Raves, die wir alle so sehr vermissen. IDA beweist: Sie ist bereit, im Sub Club wieder für Ekstase zu sorgen. Und solang das noch nicht möglich ist, dient ihr Mix als kleiner Ersatz. Jan Goldmann

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Laura BCR – Guest Mix March 2021 (Refuge Worldwide)

Vor fast sechs Jahren legte die französische DJ und Powerfrau Laura BCR den Grundstein für das, was heute zu einem starken und gesunden Zusammenschluss von Booking-Agentur, Label und Management herangewachsen ist. On Board Music realisiert die Intention, als zentraler Punkt für Freunde zu dienen, die in der Szene unterrepräsentiert sind, mit der Absicht diese zu fördern und zu unterstützen. Ihre Arbeit beim Bass-Cadet-Plattenladen in Berlin verhalf ihr nicht nur zu ihrem Künstlernamen, sondern gab ihr die Möglichkeit, verschiedene Genres und Zusammenhänge kennenzulernen. Dadurch entstand ein vielfältiges Roster, welches zwischen den Genres oszilliert und dennoch ihren Geschmack widerspiegelt.
Ihr feines Gespür für musikalische Diversität macht sich auch in ihrem Guest-Mix für den Radiosender Refuge Worldwide auf der Berliner Fundraising-Plattform Refuge bemerkbar. Der Mix überzeugt mit einem langen, atmosphärisch getriebenen Ambient-Intro, welches sich zwischen Field-Recording-artigen Geräuschen und orientalischen Instrumenten einpendelt und in zurückhaltendem Dub auflösst. Es folgen tiefe Four-On-The-Floor-Rhythmen mit langen, nahtlosen Übergängen, die nie den Fokus auf das Wesentliche verlieren. Gegen Ende bricht das Gerüst der schweren Vier-Viertel-Kicks auf und bereitet so den Weg für eine hypnotisierende Sequenz, die sich langsam auf ein Closing par excellence hinschlängelt. Simon Geiger

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