DJ Lily – Lilies5 (Lilies)

DJ Lily - Lilies5 (Lilies)

Eigentlich blühen Lilien für gewöhnlich ja erst zwischen Mai und August besonders schön. Das hält DJ Lily allerdings nicht davon ab, jetzt schon putzmunter das Blütengewand in Form des fünften Releases auf seinem eigenen Imprint zur Schau zu stellen. Ein angenehm rumpelndes Drumpattern bildet die Basis des ersten Tracks „Lilies Were Here (I’ll Carry You Home Little Foal)”, während elegante Pads und ein Synth-Pattern mit verspieltem Echo-Effekt gemächlich hinzukommen, im reduzierten Break-Moment die Führung übernehmen und Hörer*Innen dadurch stets zwischen Peaktime-Feeling und gelungener Wohlfühl-Hymne hin- und herschweben lassen. Eine psychedelischere und direktere 4×4-Variante des gleichen Tracks folgt noch auf der A-Seite, die es dann aber doch mit dem Schön-Sein-Wollen übertreibt und schlichtweg zu vorhersehbar ist. Auf der Flip holt die personifizierte Lilie aber dann das Distortion-Effekt-Pedal raus und zeigt mit „Immediate Access” und „Brace Brace” auf gelungene Art und Weise, dass er vor allem roughen und perkussiven Techno fabelhaft zu produzieren weiß. Andreas Cevatli

Etapp Kyle – Nolove (Ostgut Ton)

Etapp Kyle - Nolove (Ostgut Ton)

Nach längerer Abwesenheit meldet sich Etapp Kyle auf Ostgut Ton zurück: Inspiriert von der Bukowina in der Westukraine, seiner Heimatregion, erscheint die EP zusammen mit einem Kurzfilm und einer Online-Ausstellung. Auf dem Cover wie im Teaser zum Film geht ein Transparent mit kyrillischen Lettern in Flammen auf: Sie stehen für so viel wie „Liebe”. Nolove charakterisiert für ihn den dortigen lokalen Vibe. Dementsprechend fügt sich die Platte den vorhergehenden Schöpfungen des Ukrainers, der zunehmend auf die esoterische Schiene abdriftet. Ferner schimmert sein Hang zum Big Room wesentlich subtiler durch — ein Sound, mit dem er zu Beginn seines künstlerischen Daseins untrennbar verbunden schien. Herausgekommen sind vier detaillierte Techno-Abstraktionen, die einen Spannungsbogen über der Temposkala entwickeln. Dafür schafft er komplexe Rhythmen, jagt sämtliches Schlagwerkzeug durch den Equalizer und zerrt an den Synths, bis sie zu reißen drohen. Eine durch und durch runde Nummer!
Leonard Zipper

Jordan GCZ – Space Songs EP (Future Times) 

Jordan GCZ - Space Songs EP (Future Times)

Weltraummusik. Müssen ja keinesfalls bloß Beat-freie Schwebekörper sein. Bei Jordan GCZ alias Jordache alias Jordan Czamanski, hauptberuflich eine Hälfte von Juju & Jordash, sind die Space Songs einerseits altmodisch Detroit-kundiger Techno. Andererseits führt der auch beim Hauptprojekt stets deutlich herauszuhörende Spieltrieb auf dieser Fünf-Track-EP mit Albumlänge zu diversen Lockerungen des starren Raumflugkörperstahlgerüsts. Die Maschinen beginnen in diesen gerne mal zehnminütigen Space-Jams nach Swing-Gesetzmäßigkeiten, die Schwerkraft aufzuheben. Lockeres Flugtempo, punktiert im unteren Getriebe durch verschiedene Funk-Zündstufen, dazu Melodien, die mühelos einige Lichtjahre durchqueren können, bei Bedarf mit Rhodes-Unterstützung. So fühlt man sich da draußen gleich weniger allein. Ein sehr guter Trip. Tim Caspar Boehme

Seven Orbits – EP0001 (SVBKVLT)

Seven Orbits - EP0001 (SVBKVLT)

Flashback auf ein Contemporary-Art-Festival deiner Wahl 2017. Lichter lecken, Bässe ballern – der Sound ist untanzbar, die Ü40-Boomer wippen von einem Fuß auf den anderen, während vorne ein paar Kids in CTM-Shirts versuchen, zu dem Theorie-Geholpere abzuspacken. Und sonst: Stillstand. Auf der Bühne hat vor über einer Stunde jemand den Laptop aufgeklappt, auf Play gedrückt, zwei oder gar keine Fetzen ins Mikro gestammelt und dann den Kasten wieder zugetackert. Namaste, das war’s, die Leute klatschen. „Echt geiles Arrangement, was?”, kommentiert so ein Typ aus dem Publikum, der gleich den ganzen Merchstand abräumt. „Ja, echt super durchdacht, total post-everything!” Eigentlich könnte einem die Debüt-Platte von Seven Orbits egal sein. Eigentlich. Doch Matteo Zamagni veröffentlicht EP0001 auf dem chinesischen Label SVBKVLT –, der momentanen In-Adresse für alles, was sich in Ableton durch den digitalen Fleischwolf drehen lässt, um nach Internetkonsumgesellschaft und zehn Lines schlechtem Speck zu klingen. Soll heißen: Die Platte ist eigentlich supernice, ich check den Kram nur nicht. Kann mir aber auch egal sein, denn: Das Beste kommt wie immer ganz zum Schluss. Mit den SVBKVLT-Residents Gooooose, Zaliva-D und 33EMYBW steigen drei Phönixe aus der Remix-Asche und lassen die A-Side vergessen. See you on Atonal 2021! Christoph Benkeser

Sleep D – Smoke Haze (Planet Euphorique)

Sleep D - Smoke Haze (Planet Euphorique)

Smoke Haze – der Titel dieser neuen EP des australischen Duos Sleep D lässt die Fantasie gar nicht mal so weit schweifen. Schon nach den ersten Takten von „Freezer” mit seinen Dave-Clark/Kevin-Saunderson-Akkorden ist klar, dass hier eine Nebelmaschine dicke Schwaden über die Tanzfläche der Warehouse-Party gepustet hat. Dieser erste Track der EP ist zwar nicht sonderlich originell, aber umso effektiver. „Green Pond” geht die Dinge ein wenig tribalistischer an, fürs Sentiment huschen immer wieder Obertöne durch die Szenerie, die ein kleines bisschen an „Knights of the Jaguar” erinnern. „King Tide” weckt ebenso Assoziationen an die glory days der Lagerhallen-Raves, doch in Sachen Beatgerüst bauen Corey Kikos und Maryos Syawish nun auf Electro-Patterns. Genau daran knüpft auch „Bugger” mit seinem synkopierten Beat an. Eine grandios schlichte und sehr entschlossen steppende Bassline treibt das Highlight dieser guten, beim kanadischen Label Planet Euphorique erschienenen Platte an. Holger Klein

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