Consulate – E-FAX005 (Art-E-Fax)
Als Kurzgeschichte in vier Tracks beschreibt Consulate selbst seine neueste Produktion, eine Short Story, die einen Partyband aus Raver-Sicht beschreibt. Und es ist eine Party, auf die man wirklich gern gehen würde. Sie startet mit einem hypnotischen Dub Techno-Track, um dann Stück für Stück in tiefere Gefilde zu gleiten, sei es abstrakt abgespeckter Breakbeat von den Rändern der Milchstraße oder heruntergepitchte Photek-Reminiszenz im Deep Rave-Modus. Was auch immer der imaginäre Raver für diese Party eingeworfen hat, es wirkt wunderbar. Tim Lorenz
Credit 00 – Beats For The Streets EP (Mechatronica)
Dass der Rat Life Records-Boss und Uncanny Valley-Affiliate Alexander Dorn nicht erst seit gestern Musik diggt, sollte einem spätestens nach dem Durchhören seines Groove-Podcasts auffallen. Der In Leipzig ansässige Credit 00 brachte seine Produktionen bereits auf Bordello A Parigi und Pinkman unter. Inspiriert von der Hip Hop-Kultur der frühen 90er und dem anarchischen Sound aus Detroit und Chicago, sind nicht nur seine Produktionen, sondern auch seine bodenständige Attitüde: Zum Mukke machen braucht man keine Ausbildung. Mit der Beats For The Streets-EP landet Credit 00 auf und beim Berliner Electro-Label und -Kollektiv Mechatronica, auf dem bereits bekannte Gesichter wie Jensen Interceptor, Sync 24 oder auch The Exaltics veröffentlichten. Die Synthese aus dreckigen Drums, düsteren Basslines und verschrobenen Synthie-Sounds lässt die sonischen Einflüsse der kühlen Realität Detroits wiedererkennen.„Let It Roll” tritt die EP mit einer 808-Drum-Sequenz und schmutzigen Bassline á la Aux88 los und taucht alles in gespenstisch-kühle Flächen, während der langsame Electro-Groover „Islamatronic” Ghetto-Tech Basslines über ein reduziertes Percussion-Konstrukt bouncen lässt und mit den Lyrics „Shake that thang and set your body free; I got kick, snare and bass for all eternity” zum Tanz bittet. Die B-Seite erinnert subtil an alte Drexciya-Projekte, die trotz alledem den Klang des Ostens reflektieren. Unheilvolle Geräuschkulissen ergänzen blubbernde Sounds und schroffe Drum-Breaks, disruptive Basslines jagen diese durch die Straßen. Credit 00s Beats For The Streets klingt reduziert, robust und ehrlich und schafft es mit roher und eindringlicher Energie zu überzeugen. Luzie Seidel
Diverse – Rhythms Of The Pacific Volume 4 (Pacific Rhythm)
Vor fünf Jahren haben die beiden in der Szene der kanadischen Westküstenmetropole Vancouver umtriebigen DJs D.DEE und Early das Label Pacific Rhythm gegründet. Den Auftakt machte damals die erste Folge der EP-Serie Rhythms Of The Pacific. Nun ist man beim vierten Teil angelangt, der wird von einem etwas benommen über die Tanzfläche tapsenden Track mit dem durchaus treffenden Titel „Piano Theme” eröffnet. Produziert worden ist diese zwar durch und durch sympathische, aber nicht gerade superoriginelle Nummer von Khotin. Das Duo Active Surplus dürfte im Gegensatz zu Khotin wirklich niemandem ein Begriff sein. Nimmt man das blendend gelaunte „Peppermint”, das so ein bisschen an alte Pal Joey-House-Stücke erinnert, als Maßstab, sollte sich dieser Umstand möglichst bald ändern. Dieser immer wieder aufpoppende Sound, der irgendwo zwischen Scratching, Husten und Hundebellen zu verorten ist, beweist mal wieder, dass die albernsten Ideen oft die besten sind. Von der kanadischen Ostküste, genauer gesagt aus Toronto kommt Wolfey, der hier einen afro-kubanisch angehauchten Track aus der Jazz Funk-Abteilung an den Start bringt. Das große Highlight dieser Platte kommt indes zum Schluss: „Ray Trace” vom UK-Trio Chapters. Kein Mensch hat je von denen gehört, soll in den letzten Jahren in den Clubs von Vancouver so etwas wie ein Hit gewesen sein. Völlig zu Recht, dieser dubbig-deepe House-Track mit seinen schönen Sub-Bässen ist ein großer Wurf. Holger Klein
Lhasa – The Attic / Sexxor (Stroom)
Die A-Seite dieser Wiederveröffentlichung einer EP auf Music Man von 1990 könnte absolut auch eine aktuelle Produktion sein. In ihrer leicht angetrashten Analog-Ästhetik, ihrer songhaften Länge von knappen fünf Minuten und ihrer genreübergreifenden Stilistik zwischen L.F.O., Trance und Disco. Würde die Platte auf Honeymoon Soundsystem oder Dark Entries erscheinen, kein Mensch käme auf die Idee, dass „The Attic” fast dreißig Jahre auf dem Buckel hat. „Sexxor” auf der B-Seite ist dann weniger disco-fluffig und dafür technoider, aber ähnlich gut gealtert mit seiner soften Acid-Line und einer dieser unwiderstehlichen Synthiekadenzen, die bis heute nicht ihren Reiz verloren haben. Ganz nebenbei: Der Autor dieser Zeilen gehört nicht zu den alten Fans der EP und schreibt deswegen nicht aus einer romantisierenden Perspektive der Erinnerung, sondern aus einer ganz aktuell angefixten. Mathias Schaffhäuser
Peder Mannerfelt – Like We Never Existed (Voam)
Karenn gaben mit ihren letztjährigen Releases den Takt auf ihrem neugegründeten Label Voam vor: Höllisch treibender Maschinentechno, so elaboriert und gleichzeitig reduziert, dass damit gleich schon Referenzpunkte gelegt wurden. Nur konsequent, dass die dritte Voam-Veröffentlichung jetzt Peder Mannerfelt bestreitet, gilt der Schwede seit ein paar Jahren doch selbst als Referenz für ebenso eigenwillige wie eindringliche Maschinenmusik jedweder Art. Auf Like We Never Existed schaltet er mehrere Gänge nach vorne und liefert vier pumpende Techno-Stücke. Das geht mal Acid-induziert wie bei „Black Alert”, mal rumpelnd überbordend wie bei „Everywhere, Everywhere”. Beim letzten Stück „A Queen” fühlt man sich an einen weiteren Sonderling der Maschinenmusik erinnert: Im Zusammenspiel von scharfkantig-metallischen Beats und sphärischen Synths blitzt kurz der früh-analoge Aphex Twin der 90er auf, seines Zeichens bekanntlich selbst die Referenz schlechthin. Steffen Kolberg