Du bist auf dem Land aufgewachsen. Hatten Clubs jemals eine Bedeutung für dich?
Also ein Raver war ich nie. Der Rave an sich liegt mir eigentlich fern. Ich bin kein Mensch der Eskapaden oder Exzesse und suche für mich eher die goldene Mitte. Aber das heißt nicht, dass ich nicht oft im Club war. Ich bin in zum Beispiel gerne ins Bogaloo in Pfarrkirchen gegangen, wenn dort DJs waren, die mich interessierten – zu Dixon zum Beispiel oder Kruder & Dorfmeister und auch zu HipHop-Konzerten von Blumentopf oder Dendemann. Ich bin mit Freunden dann auch nach München gefahren, um mir in der Registratur Swayzak anzuhören. Aber im Club hab ich mir dann eher den Sweetspot gesucht, wo man die Musik am besten hören konnte, und habe nur hin und wieder getanzt.

Eine besondere Bedeutung hatte für Dich dann die Superpitcher-Mix-CD Today, die 2005 auf Kompakt erschien. Warum?
Weil damit meine Begeisterung für elektronische Musik begann. Vorher hatte ich eher HipHop gehört oder Sachen wie Tricky und Massive Attack, Musik bei der die Vocals viel mehr im Vordergrund standen. Die Mix-CD habe ich kennengelernt, als ich mit meinem besten Freund auf eine Party in einem Jugendheim ging. Dort lief dann auch diese CD von Superpitcher, die mich schlagartig begeistert hat. Und letztendlich hat mich dieser Mix auch dazu gebracht, selbst Musik machen zu wollen. Ich hab den damals dann zum Beispiel oft beim Fahrradfahren auf dem Land in Bayern gehört.

Recondite – Groove Podcast 151

Hört man sich den Mix heute an erinnern viele der Stücke, etwa von Lawrence, DJ Koze oder Superpitcher selbst, deinen eigenen, späteren Sound. Das sind sehr minimale aber melodiebetonte Technotracks.
Ja und genau das hat mich auch an dieser Musik so beeindruckt. Die reduzierte Beatstruktur, die Geradlinigkeit und dass sie keine Angst hatte, Gefühle auszudrücken. Ich höre die auch heute noch gern.

Welche Auswirkungen hatte der Wunsch, selbst solche Musik zu machen, dann auf dein Leben?
Ich hab mir sehr schnell überlegt, wie ich mein Leben so gestalten kann, dass ich genügend Zeit für die Musik hab. Der zweite Ehemann meiner Mutter macht selbst Werbemusik und hatte damals ein eigenes Studio bei ihr im Haus. Der hat mir einen alten Sampler und Cubase gegeben und damit habe ich dann angefangen. Ich hab mir dann bewusst eine neue Halbtagsstelle als Physiotherapeut gesucht. Damit konnte ich genug Geld für meinen Lebensunterhalt verdienen und hatte Zeit für die Musik.

Du bist drei Jahre lang mit tausend Euro im Monat ausgekommen, um dich auf die Musik zu konzentrieren. Könntest du das heute auch noch?
Ja. Ich hatte auch nicht das Gefühl, dass ich damals auf etwas verzichten musste. Das war eine schöne Zeit. Ich hab erst noch 20 dann 15 Stunden die Woche gearbeitet und konnte den Rest machen was ich will. Ich hab 300 Euro Miete warm gezahlt und konnte beim Musikmachen Rehe beobachten. Wenn ich mit diesem Geld heute wieder auskommen müsste würde ich ein paar Dinge ändern und vermutlich auch wieder aus Berlin wegziehen, aber das würde gehen.

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