Wenn Dax J nicht gerade unterwegs ist, versucht er so viel Studiozeit wie möglich abzuknapsen. Befindet sich der Perfektionist in einer heißen Produktionsphasen und ist in the zone, verbringt er dort auch gut und gerne 20 Stunden am Stück. Sein Workflow ist dabei immer unterschiedlich, hier kommt ihm seine Erfahrung in Genres außerhalb von Techno zugute: „Ich mache schon so lange Musik, dass ich viele verschiedene Techniken habe. Daher muss ich mich nicht auf eine Herangehensweise verlassen, ich bin immer auf der Suche nach neuen Wegen.“

Was seine Soundästhetik betrifft, wirkt Heddons Vergangenheit ebenfalls nach. „Ich wollte immer das Gefühl erschaffen, das ich bei Jungle und Drum’n’Bass hatte: launisch, dunkel und mächtig. Mit dieser gewissen Energie. Eine screwface mentality, wenn du einen Track hörst und dir denkst: ‚Urgh, das ist schmutzig.‘“ Sein eigenes Label Monnom Black speist sich aus derselben Stimmung und steht damit für Heddon für den „alltäglichen Struggle, den täglichen Kampf im Leben“. Neben eigenen Veröffentlichungen finden sich auf dem Label unter anderem Releases von Stranger und I Hate Models, die auf die gleiche dämonische Rave-Energie hinarbeiten. Im Gegensatz zu dem Labelprojekt EarToGround, das gemeinsam mit Gareth Wild und Chris Stanford entstand, kann sich Heddon bei seinem eigenen Label komplett verwirklichen. „Es ist unmöglich, mit drei Leuten ein Label zu führen, vor allem mit drei großen Persönlichkeiten. Das wird nie funktionieren“, sagt er zum Hauptunterschied der Labels. Bei Heddons Soloprojekt nimmt das Artwork eine wichtige Rolle ein. „Wenn ich in anderen Ländern bin, suche ich auf Märkten immer nach alten Fotos, die diesen subtilen Kampf verkörpern. Für mich repräsentiert das die düstere, launische Unterwelt.“

Sein zweites Album Offending Public Morality beschäftigt sich Heddon zufolge mit allem, was in der Gesellschaft als anstößig gelten kann. „Ein großer Teil der Musik streift Themen wie Rassismus, Drogen und Prostitution. Und außerdem verkörpert es alles, was mir letztes Jahr passiert ist“. Damit spricht Heddon die wohl schwierigste Phase seiner Karriere an, ausgelöst durch eine folgenreiche Trackauswahl vergangenen März in Tunesien. Während seines Sets auf dem Orbit-Festival im Nordosten des Landes spielte er einen Track, der ein 20 Sekunden langes Sample des Adhan, dem islamischen Gebetsaufruf, enthielt. Aufgenommene Videos verbreiteten sich rasch und sorgten in den sozialen Medien für heftige Reaktionen, da einige die Verwendung des Samples als Beleidigung des Islams empfanden. Es folgten Todesdrohungen, die temporäre Schließung des Clubs El Guitoune, in dem das Festival stattgefunden hatte, sowie Untersuchungshaft für den Manager des Clubs wegen „Verletzung der guten Sitten und Erregung öffentlichen Ärgernisses“. Über Facebook veröffentlichten der Club und Dax J selbst Entschuldigungen. „Ich bin zutiefst traurig, dass manche denken, dass ich einen Track mit einem 20-sekündigen Vocal des islamischen Gebetsaufrufes aus irgendeinem anderen Grund außer seiner musikalischen Schönheit gespielt haben könnte“, zeigte er sich damals über die Wucht der Reaktionen verwundert.

1
2
3
4
Vorheriger ArtikelStudiobericht: Frank Bretschneider
Nächster Artikel10 Jahre Plattenspieler: Ziúr zu Gast bei Thomas Meinecke