Grafik: Facebook Like Checker

Technohausen ist mal wieder in großer Aufruhr. Nein, es geht nicht um matschige Bananen oder andere Bagatellen, sondern um nackte harte Zahlen. Nachdem einige DJs ein Tool zur Auswertung von Facebook-Statistiken fremder Seiten entdeckt haben, ist eine große Diskussion im Gange. Mal werden Namen genannt, mal nicht, immer aber geht es um Zahlen. Eine DJ mit rund 135.000 Facebook-Likes hat beispielsweise 95.000 dieser Daumen aus Indonesien erhalten. Da kann doch was nicht stimmen!

Vermutlich stimmt da auch wirklich was nicht. Mit unserer Szene. Und nein, nicht allein mit den DJs, die scheinbar Geld für Reichweite rauswerfen. Sondern weil wir uns überhaupt um diese Zahlen scheren.

Lange bevor ich meine Stelle als Online-Redakteur bei der Groove antrat, habe ich eine Weile in der Medienanalyse gejobbt. Ich habe auf Facebook dabei zugesehen, wie sich Menschen unter Werbeposts zu Milchspeisen mit dem Tod bedrohten, habe 40-seitige Reportings zu den Diskussionen in PHP-Boards über Abdichtungssysteme geschrieben (ja, die gibt es) und vor allem eins verstanden: Marketing ist immer skrupelloser geworden. Manche Agenturen lancieren bewusst Shitstorms für ihr Klientel. Letztens beispielsweise lichtete sich eine Heidelberger Medizinstudentin mit mehr als 38.000 Instagram-Followers in der Badewanne dabei ab, wie sie von Wurstprodukten umgeben genüsslich in ein eben solches biss. Ein lächerliches, bescheuertes Bild, wie gemacht für ein paar schnelle Memes. Vermutlich, weil es vor allem für ein paar schnelle Memes gemacht war.

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Selbst das Branchenmagazin Horizont nannte die Kampagne “tollpatschig”. Dabei erfüllte das absonderliche Fotoshooting doch zumindest einen Zweck: Die Wurstmarke war wieder in aller Munde, mit etwas Glück sogar buchstäblich. Wichtig ist nicht wie, sondern dass über etwas geredet wird. Das hat nicht nur die Wurstmarke, sondern das haben zum Beispiel auch die Parteien am rechten Rand verstanden. Dahinter steckt keine Tollpatschigkeit, sondern knallhartes Kalkül. Marketing soll uns schließlich manipulieren, das ist sein einziger und erklärter Zweck.

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Kristoffer Cornils war zwischen Herbst 2015 und Ende 2018 Online-Redakteur der GROOVE. Er betreut den wöchentlichen GROOVE Podcast sowie den monatlichen GROOVE Resident Podcast und schreibt die Kolumne konkrit.