Eine Stahltür öffnet sich, Errorsmith und Fiedel strahlen mich an. Auf den ersten Blick sieht das Studio von Errorsmith ganz schön wild aus, fast wie eine Baustelle. An den Wänden sind riesige Pakete mit Holzwolle aufeinandergestapelt. Die Holzwolle verhindert, dass Frequenzen von den Wänden zurückgeworfen werden und Klänge entstehen, die nicht Teil der Musik sind, die den Klangeindruck stören, erklärt er. Errorsmith ist bis ins Letzte konsequent und er geht dabei seinen eigenen Weg. Professionell gebaute Studios verstecken das Dämmmaterial hinter einer Wandverkleidung. Das war für ihn zu teuer und letztlich unwichtig. „Das ist ein bisschen die Haudrauf-Methode. Am schwierigsten ist es dabei, die Bässe trocken zu kriegen.“ Für die höheren Frequenzen reicht der gängige Schaumstoff mit Noppen, der ein paar Zentimeter dick ist. Bei einer handbreiten Dämmung filtert man Frequenzen im Bereich von einem Kilohertz. Aber die Wellen der heiß geliebten Basslines sind lang und entsprechend dick muss die Dämmung sein. In einem Meter Breite türmt sich die Holzwolle an der Rückseite des Raums bis unter die Decke. Fiedel wohnt in Jüterborg, eine Stunde südlich von Berlin. Einmal die Woche treffen sich die beiden um 11 Uhr zum Technofrühschoppen, lacht Errorsmith.

Errorsmith spielt einen Loop in Ableton Live ab. Der Sound im Studio ist trocken und klar. Wie die Produktionen von Errorsmith und MMM vermittelt er ein Gefühl von Nüchternheit und Präsenz. Der Unterschied zwischen Stille und Klang ist wie der zwischen 0 und 1. „Das ist wirklich nur eine Skizze, da sind wir noch nicht weit“, erklärt Errorsmith. In dem Loop wird ein Chord immer wieder angeschlagen. Der raue Klang und der versetzte Rhythmus erzeugen ein besonderes Insistieren. Dann blitzen verschiedene Sounds auf, die wie Moleküle durch eine Nebelkammer schießen: Einzelne, zarte Klänge erinnern an ein Fagott, unerwartet setzt ein abrupter Bass-Punch einen Gegenpol. Ein Tamburin schlägt wie ein Metronom. Das sind nur einige wenige Elemente, dennoch steckt da viel drin: Die Sehnsucht der House Music, die Unmittelbarkeit und Naivität minimaler Klänge, das Insistieren der Bassmusik, die Lust auf Groove aus dem Disco. Ideen entstehen oft schnell. Dann kommt das Editieren. Da geht es darum, die Elemente in der dramaturgisch bestmöglichen Form anzuordnen und sämtliche Variationen zu erschaffen. Das kann sich lange hinziehen, erklärt Errorsmith: „Das ist dann echte Arbeit und kein Spaß mehr. Arbeit lässt sich natürlich nicht vermeiden. Es sollte aber ein gesundes Maß sein. Wenn wir Leuten sagen, wie viele Stunden wir an einem vierminütigen Track sitzen, der relativ unkomplex ist, glaubt uns das keiner.“

Berlin Underground: Fiedel. (Foto: Paul Krause)

Wenig später sitzen wir im Café im Erdgeschoss des Gebäudes. Errorsmith heißt Erik Wiegand, Fiedel ist Michael Fiedler. Fiedel stammt aus Schwedt an der Oder, er war ein musikverrückter Jugendlicher. Die legendäre Westberliner Radiomacherin Monika Dietl war seine Musiklehrerin. Sie spielte EBM, House, Acid und New Beat: „Sonntags saß ich mit Kopfhörern am Mittagstisch, meine Eltern haben das geduldet“, lacht er. Vor dem Mauerfall legte er als Jugendlicher mit aus dem Radio aufgenommenen Kassetten auf. „Ich hatte große Listen mit Zählerständen. Ich spielte in Schulen, beim Training, in den Trockenkellern der Neubaublöcke.“ Anfangs musste er sich noch einen zweiten Kassettenrekorder dazuborgen. Bei ihm hingen Bravo-Seiten, DJs mit Plattenspielern an seiner Wand: „Das war ein Traum, der im Osten nicht realisierbar war.“ Nach 1989 fuhr er mit seiner Clique, zu der auch Shed gehörte, am Wochenende nach Berlin. Am liebsten am Freitag, weil sie am Samstag ins Hardwax gehen wollten.

Errorsmith stammt aus Kassel. Als Teenager lernte er, nach Noten Schlagzeug zu spielen. Die Musik hat auch er neben dem Ausgehen besonders über das Radio entdeckt. Nachdem er 1991 nach Berlin gezogen war, hörte er die Sendung von DJ Niplz auf Kiss.fm. „Das war meine Einführung in die deepere Disco-Tradition, die in House steckt. Das fand ich ganz toll.“ Errorsmith lernte Niplz persönlich kennen, weil dieser oft Platten verloste: „Ich war der Einzige, der wirklich interessiert war“, lacht er. Über Niplz lernte er Fiedel und Soundhack kennen, mit dem er später als Smith N Hack kollaborieren sollte.

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