Foto: Lisa Geue (Panthera Krause)

Auf den ersten Blick hat Panthera Krause so etwas wie einen tiefenentspannten Senkrechtstart hingelegt. Nach einigen verstreuten Veröffentlichungen und zwei Releases auf Riotvan gewann er spätestens 2014 mit seiner Rules-EP auf dem Überflieger-Outsider-Imprint Lobster Theremin die House-Welt für sich. Launische Chords trafen auf abgehangene Grooves, Krause nahm sich alle Zeit der Welt. Es folgte ein weiteres Release auf Lobster Theremin und schließlich im letzten Jahr mit Umami eine EP für Uncanny Valley, deren Titelstück allein die track id pls???-Crowd schon Wochen zuvor in Aufregung versetzt hatte. Dabei war der mittlerweile in Leipzig angekommene Produzent schon lange vor seiner Solo-Karriere höchst aktiv und zudem noch in den besten Kreisen unterwegs: Als Mitglied von den Projekten Karocel und Marbert Rocel machte er unter anderem auch mit Mathias Kaden, Antje Seifarth und Martin Kohlstedt gemeinsam Musik. Nun meldet er sich als Panthera Krause am 10. Februar mit dem letzten Puzzlestück seiner Trilogie auf Riotvan zurück und hat für unseren Groove-Podcast einen Mix aufgenommen, der in Leipzig anfing und dann doch den gesamten Kosmos des vielseitigen Produzenten in sich aufsog – Breakbeat-Leidenschaften inklusive.

 


 

In unserem letzten Gespräch sagtest du, deine Eltern haben früher oft die Rock-Band Silly gehört. Was beinhaltete deine musikalische Früherziehung denn sonst noch – und wie bist du letztlich bei Clubmusik gelandet?
Natürlich lief nicht nur Silly im Auto. Ab und zu gab es auch Rio Reiser oder Sade zu hören. Mit zwölf habe ich angefangen, Saxofon zu lernen. Das war super und trotzdem war ich dann froh, als ich mir mit 16 beim Skaten den Arm gebrochen hab und endlich einen triftigen Grund hatte erst mal aufzuhören. Daraus wurden dann fast zehn Jahre, bevor ich das Saxofon für Marbert Rocel wiederentdeckte und heute noch spiele. Die wöchentliche Stunde Unterricht war zwar nicht viel, aber das Üben hat genervt. Meine eigentliche musikalische Früherziehung genoss ich aber als Weimar, die Stadt aus der ich komme, ein freies Radio bekam. Da begann ich mit 16 zusammen mit Freunden eine wöchentliche Radiosendung namens Burner FM zu machen, bei der ich für die Musikredaktion verantwortlich war. Es gab zu Beginn von Radio LOTTE noch kein Musikarchiv, weswegen die Jungs vom Radio mit unserem örtlichen Plattenladen einen Deal hatten und so konnte ich jeden Dienstagnachmittag in den Laden und mir alles überspielen, worauf ich Lust hatte. Das war echt toll, einfach durch den Laden zu laufen und mit Stapeln von Platten und CDs ins Hinterzimmer zu gehen und zu recorden. Noch heute hab ich Kisten voller MDs mit dem unterschiedlichsten Kram drauf. Zu Hause bin ich dann aber eher über meine Freunde von QY gekommen mit denen ich während meines Studiums und weit darüber hinaus zusammen gewohnt hab. Friedemann hatte dutzende Tapes mit teilweise alten DT64 Sendungen. Die liefen den ganzen Tag in der Küche und an den Wochenenden ging es zu der Zeit oft ins Kassablanca, Jena. Dort spielten die Whignomy Brothers und das Krause Duo und es waren ständig gute Musiker wie Ada oder Dave Aju zu besuch.

Durch deine Produktionen scheint ein Interesse an Breakbeat-Rhythmen und Hip Hop durch. Was waren für dich prägende Alben oder musikalische Ereignisse aus dieser Richtung?
Zuhause höre ich meistens und schon seit langem viel Hip Hop und Rap. Nach wie vor mag ich Klassiker wie das Like Water For Choclate-Album von Common, die MOR-Sachen und höre gern die Huss und Hodn Tracks. Prägend waren für mich die ganzen Hip Hop Klassiker. Shook Ones von Mobb Deep ist nach hundertmaligem Hören immer noch ein Erlebnis. An breakigeren Sachen hab ich das New Forms-Album von Roni Size verschlungen, die ganzen Autechre Produktionen, und Aphex Twin sowieso. In Berlin gab es einen Plattenladen namens das Drehmoment. Dort hab ich viele Platten gekauft und bin dort auch auf Matthew Herberts Bodily Functions-Album gestoßen, was jetzt nicht so breakig, dafür aber ungeheuer prägend war. Wobei mich die gebrochenen Beats in vielen Arten von Musik interessieren. Als ich das erste mal das Schlagzeugsolo in Creams “Toad” gehört hab, war das in jedem Fall ein prägender Moment. Und das letzte mal richtig überwältigt war ich, als ich vor kurzem auf Terry Riley gestoßen bin. Aber der hat gar keine Beats in seiner Musik.

Du hast eine Weile gebraucht, bis du nach deinen Anfängen bei Marbert Rocel und Karocel als Solo-Produzent in Erscheinung getreten bist. Als ausschlaggebend hast du deinen Umzug nach Leipzig und insbesondere das Conne Island genannt. Welche besonders denkwürdigen Erinnerungen hast du an den Club und was genau daran hat dich selbst zum Produzieren motiviert?
Wie beim letzten mal schon erwähnt war ich lange Zeit eher dabei, Songs zu schreiben und diese gemeinsam als Marbert Rocel zu produzieren. Klar hab ich auch immer ein bisschen House oder elektronische Musik gemacht, aber der Fokus lag eher auf Stücken, die für Gesang gedacht waren. Die Motivation, House-Musik oder eher elektronische Stücke zu produzieren, hat viel mit der Zeit zu tun als ich 2010 nach Leipzig kam. Wie oben schon erwähnt gab es ja schon ein Interesse für House und unter dem Einfluss Leipzigs und des Conne Islands hat es sich dann noch mehr verdichtet. Denkwürdige Abende und Erfahrungen gab es im Island viele, aber was die meisten Abende einte, war eine echt gute Zeit auf dem Dancefloor. Es war der familiäre und vor allen Dingen der positive Vibe, den es dort gab und gibt. Ich mag Techno. Aber den House, den zum Beispiel Manamana dort gespielt haben und immer noch spielen, war einfach so mitreißend, dass ich mir dachte: Solche Musik will ich auch machen.

Der Titel deiner neuen EP STONITH ist ein Akronym, ausgeschrieben bedeutet er “Shoot The Offending Node In The Head”. Was bedeutet das wiederum – vor allem im Kontext deiner Musik?
Der EP-Titel kam eher aus einer Laune zustande. Nachdem ich schon mehrere Ideen für den Titel hatte und mir keine von diesen so richtig zusagte, stieß ich beim Recherchieren auf den Begriff STONITH. Ich fand den Klang des Wortes ansprechend und da ich schon etwas genervt war vom Rumsuchen und Abwägen, ob jetzt dieser oder jener Name, dachte ich mir als ich die Bedeutung las: Genau, einfach dem Zweifel in den Kopf schießen, und mich auf die Musik konzentrieren! Klar ist die Bedeutung erst mal negativ. Aber die Grundidee, sich auf das zu fokussieren, was da ist und funktioniert, sowie alles andere, was damit im Moment nichts zu tun hat und nervt, auszuschalten ist schwierig aber echt wichtig. Ich verstehe es als ein Plädoyer für Konzentration.

STONITH markiert deine Rückkehr zu Riotvan, wo du 2013 dein Solo-Debüt Yorikke veröffentlicht hast. Was verbindet dich mit dem Leipziger Label?
Meinen ersten Release hatte ich auf einer O*rs Split EP mit dem Track “Cassandra”, aber die erste eigene EP dann auf Riotvan. Der Kontakt zu Markus alias Peter Invasio), der das Label betreibt, kam über Micha alias Good Guy Mikesh, einem guten Freund von mir. Die beiden hatten zu der Zeit eine Band namens Here Is Why und Riotvan wurde ursprünglich gegründet, um deren Musik zu releasen. Als dann das Album und die dazugehörigen Remixes draußen waren, fragte mich Markus, ob ich mir vorstellen könnte, Musik von mir auf Riotvan zu veröffentlichen. Auf eine eigene EP hatte ich natürlich riesige Lust und so kam das dann zustande. Mittlerweile sind wir gut befreundet und reden oft über das Label. Und das ist es dann auch das, was mich mit dem Label verbindet – das Freundschaftliche, das Komm-wir-treffen-uns-auf-nen-Kaffee-und-schauen-mal-was-wir-noch-so-machen-können! Außerdem lasse ich mich gern von Markus’ Enthusiasmus mitreißen.

Wie bei Yorikke und Laika hast du das Cover für die neue EP selbst gestaltet und erneut ist darauf ein Hund zu sehen. Warum dieses grafische Leitmotiv und warum ausgerechnet für deine Riotvan-Releases?
Katzen mag ich mehr als Hunde. Aber seit ich Dürers “Melancholia” das erste Mal sah, hab ich diesen Hund vor Augen und empfand es als ein schönes Sinnbild für Melancholie. Damit wollte ich unbedingt etwas machen. Eine sehr gute Freundin von mir, Lisa Geue, die auch das Cover für die Umami EP und mehrere Videos für mich gemacht hat, zeigte mir dann eines Tages eine Aufnahme, die sie von Ihrem Hund gemacht hatte. Das Foto fand ich so gut und, untermauert mit dem eben Erwähnten, war es für mich klar, den Hund als Leitmotiv einzuführen. Als dann die Laika EP anstand, war es nur richtig, dieses Thema weiterzuführen und jetzt mit dem STONITH-Cover die Trilogie abzuschließen. Was nicht heißen soll, dass ich nichts mehr auf Riotvan mache.

Dein Mix für unseren Groove-Podcast ist House-lastig und doch stilistisch ebenso facettenreich wie deine eigene Musik. Hattest du dafür ein bestimmtes Konzept im Hinterkopf?
Lang habe ich überlegt, ob ich ein Konzept für den Podcast nutze. Ob ich nur Musik von Leipziger Musikern verwende oder gar keine Housemusik einbringe aber ständig musste ich dann Stücke verwerfen, die ich gern dabei gehabt hätte. Die Entscheidung für die jetzige Version ist beim Mixen von DJ Seinfelds “Forget U” auf “One” von Seven Davis Jr gefallen. Das war für mich so ein toller Moment, der mir gezeigt hat, dass ich eher an den Momenten als an einem Gesamtkonzept interessiert war. Somit konnte ich die meisten Stücke, die ich wollte einbringen, obwohl leider großartige Tracks von Spirituals auf der kommenden Doumen oder eines der Stücke von Fr Fels auf Ortloff wieder rausgeflogen sind.

Last but not least: Wo können wir dich in den kommenden Wochen hinter den Decks oder live erleben – und was hast du für 2017 außerdem geplant?
Dieses Jahr stehen ein paar tolle Sachen an. Am kommenden Wochenende spiele ich in der Tante Emma in Innsbruck. Am Wochenende danach, also dem 11.02., gibt es eine Release Party für die STONITH-EP im Institut fuer Zukunft, Leipzig. An dem Abend hängen wir auch alle vorher im Pekar, einem Restaurant von Freunden, ab und spielen dort zusammen mit den Jungs von Tuff Rubber und Vivian Koch ein paar Platten und stoßen natürlich an. Am 16. Februar wird es bei Muting The Noise, dem neuen Vertrieb von Riotvan, eine Session geben. Dort werde ich live spielen und dann geht’s am Samstag den 18. Februar in die Wilde Renate. Sehr freue ich mich auch darauf in der Muna in Thüringen am 16. April live zu spielen. Robag Wruhme legt auf und ich habe dort früher viele, viele Nächte auf Drum’n’Bass Parties verbracht. Seit diesem Jahr bin ich mit meinem Booking bei Palisade Agency und bin schon gespannt auf die Zusammenarbeit. Außerdem stehen ein paar Releases an. Ich mische gerade die Stücke für eine EP auf Vicario. Auf Pets wird es eine EP geben und den Jungs von Uncanny Valley hab ich vorhin ein paar Tracks zum Reinhören geschickt. Ein Remix für Vimes liegt bei Needwant und ich habe einen Remix für Jennifer Touch gemacht, der bald auf Riotvan erscheint und den ich sehr gut finde. Darüber hinaus stellt sich dann auch irgendwann mal die Albumfrage. Dazu gibt es schon einige Stücke und etliche Skizzen, aber ich weiß es noch nicht ganz anzupacken. Wahrscheinlich sollte ich mir aber wieder den STONITH-Gedanken zu eigen machen und mich einfach darauf konzentrieren.

 


Stream: Panthera KrauseGroove Podcast 92

01. Tevo Howard – Move
02. Panthera Krause – Twerk It
03. Afriquoi – Mwana Wa
04. Credit 00 – So High
05. Deko Deko – Kid (Jennifer Touch RMX)
06. Adam Port & Stereo MC’s – Changes
07. Dude Energy – Renee Running
08. Leibniz – 2 Simple
09. Doe Maar -Pa (Palmbomen Remix)
10. Seven Davis JR – One
11. DJ Seinfeld – Club Virtue (Forget U)
12. Panthera Krause -Stonith
13. DJ Different – I Can’t

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Kristoffer Cornils war zwischen Herbst 2015 und Ende 2018 Online-Redakteur der GROOVE. Er betreut den wöchentlichen GROOVE Podcast sowie den monatlichen GROOVE Resident Podcast und schreibt die Kolumne konkrit.