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Philipp Priebe – Groove Podcast 418

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Foto: Presse (Philipp Priebe)

Philipp Priebe scheint derzeit nicht zu stoppen, steigt aber selbst auf die Bremse. Gerade hat der Berlin lebende Produzent sein drittes Album in genauso vielen Jahren bei Freund der Familie und wird sich nun auf andere Dinge konzentrieren. Auch das dürfte ihn allerdings gut auf Trab halten, haben diese anderen Dinge doch vor allem mit Stólar zu tun, dem Label, das er Anfang 2020 aus der Taufe hob und seitdem als erstklassige Adresse für Musik an der Schnittstelle von Deep House und Dub Techno sowie verwandten Sounds etabliert hat. Dort erschien auch sein letztes Album, das nunmehr durch die Remix-Mangel genommen wird. Interpretationen von Priebes Stücken durch Rising Sun sind gerade dort erschienen, es folgen neben eigenständigen EPs von Label-Regulars Beiträge von unter anderem Molly und Ben Kaczor. Das ist ähnlich gute Gesellschaft wie die, mit der Priebe vor einer Weile nach Frankfurt reiste – sein Beitrag zu unserem Groove Podcast, der von diesem Trip inspiriert ist, klingt jedenfalls so. Deep, samtig, wattig, weich wie von Stólar gewohnt, hier und dort aber auch etwas “krawallig”, wie er es nennt. Zu Eigenproduktionen, auch unter dem Pseudonym zojs., gesellen sich noch unveröffentlichte Cuts und Remixe aus dem Stólar-Katalog sowie natürlich ein Vorgeschmack auf das kommende Album.


Im März 2020 markierte deine EP The Clouds All Form a Geometric Shape den Startschuss für dein eigenes Label Stólar. Aus welcher Motivation heraus hast du es gegründet – und wie war es, das unvermittelt im weltweiten Stillstand zu tun?

Stólar wurde nach einer längeren Zeit der Inaktivität geboren, ich hatte zuvor viele Jahre aus Unzufriedenheit, Lustlosigkeit und einem Mangel an Kreativität heraus keine Musik mehr gemacht. In meinem Leben standen andere Dinge im Fokus. Ich bekam damals aus dem Nichts eine Anfrage eines Labels für eine Veröffentlichung und dachte darüber nach, was ich möchte. Am Ende war für mich klar, dass ich, wenn ich wieder anfange, Musik zu produzieren und zu veröffentlichen, keine Kompromisse mehr eingehen möchte, was Artwork, Zeitraum, Art und Weise eines Releases angehen. Mein Ziel war es, mir mein eigenes kleines Universum zu schaffen, quasi mein Lebenswerk, wenn man so es nennen will – wiedererkennbar auf musikalischer und visueller Ebene. Der Zeitpunkt war nicht optimal, die Grundlagen hatte ich im Frühjahr 2019 gelegt und ein Jahr später war eben erst einmal Ruhe, was für mich aber nur bedingt schlecht war. Das Gute am Stillstand war, dass ich Zeit hatte, das Label aufzubauen, Kontakte zu anderen Produzent:innen herzustellen und zu pflegen, und am Ende meiner eigenen Vision immer näher zu kommen.

Nachdem Stólar zuerst eine Plattform für deine eigenen Releases bot, öffnete sich das Label über die zahlreichen Remixe zu deinen Tracks zunehmend – zuletzt erschien dort etwa eine Solo-EP von Molly. Worauf legst du bei der Zusammenarbeit mit anderen Künstler:innen wert?

Von Beginn an habe ich versucht mit Künstler:innen zu arbeiten, die ich schätze. So zum Beispiel mit Kim Brown zur STÓ 001, bis heute eine ihrer letzten Arbeiten. Ich habe nicht geplant, auch andere Künstler:innen zu veröffentlichen, aber dann kam aufgrund guter persönlicher Kontakte die Metome-EP zustande. Später kamen Yard One, Tim Eder und Fossar dazu und dann fragte ich irgendwann Molly, ob sie nicht auch Lust hätte, zu Stólar zu stoßen, nachdem wir bereits längere Zeit im Austausch standen. Zu Beginn legte ich mir eine Liste von Personen an, mit denen ich gerne zusammen arbeiten wollen würde und dieser gehe ich seitdem nach. Es sind am Ende Leute, deren Musik ich mag – deren Fan ich bin.

Von dir selbst erschien dort zuletzt das Album Movements in an Empty Department Store auf Stólar. Ausgangsgedanke war der Kindheitstraum einer Nacht allein im Kaufhaus. Wie lässt sich das in Musik übersetzen?

Ich denke, dass sich dies nur schwer übersetzen lässt, vor allem bei instrumenteller Musik. Es braucht dafür die Überschneidung zum Visuellen, um das Storytelling auf ein Niveau zu heben, dass es dir möglich macht, nachzuempfinden, was ich eigentlich meine. Auf musikalischer Ebene helfen hierbei für mich das Klangbild selbst – die staubigen, fast LoFi-artigen Samples, theatralische Flächen, die Hektik, die bestimmte Rhythmen mit sich bringen, aber auch die Weite im Klang, bei bestimmten Layerings, wie zum Beispiel bei „On The Way Out“. Du spürst quasi ein Aufatmen beim Hören, so als ob du tatsächlich nach der Nacht im Kaufhaus dieses verlassen würdest.

Bei der LP handelt es sich um eine Kollaboration, wie du im Begleitschreiben erklärst: Jules Villbrandt war für das Artwork verantwortlich, Valentin Tatau für das Logo. Welche Rolle haben sie bei der Produktion des Albums genau gespielt?

Beim Album selbst hatte Jules, wie bei jeder Stólar-Nummer, die große Aufgabe, mein Storytelling visuell zu übersetzen. Ich berichtete ihr von meiner Idee, davon was jeder einzelner Track für mich aussagt und welche Etage eines Kaufhauses in ihm wiedergefunden werden soll. Sie nahm all diese Informationen und kreierte eine Vielzahl an Werken, in derem Fokus stets Stühle stehen – passend zu Stólar, Isländisch für Stühle –, die aber auch das Storytelling widerspiegeln. Mit Valentin besprach ich, nach Beendigung des Album-Artworks, die Möglichkeit eines weiteren individuellen Artworks im Stil des Logos, welches er für das Label entwarf. Dieses Extra-Artwork wollte ich am Ende für Merchandise und als Werbemittel nutzen. Es war mir klar: Ich möchte gerne einen eigenen kleinen Department Store aufbauen für dieses Album und ein wenig mehr anbieten als „nur” die Platte.

Neben Merch und natürlich Platten bietest du in diesem Department Store auch Kunstdrucke an. Inwiefern greifen Sound und Visuals beim Label ineinander?

Wie bereits erwähnt, war es mir von Anfang an wichtig, diesen Wiedererkennungswert zu haben, ähnlich wie das bei Smallville der Fall ist. Du siehst das Artwork und weißt direkt, zu welchem Label die Platte gehört. Das mochte ich seit jeher und wollte es auch für Stólar.
Jules war mit ihrer Kreativität, ihrem Esprit und ihren Skills von Anfang an die größtmögliche Hilfe dabei. Schaut man sich jede einzelne Stólar-Nummer an, erkennt man sie darin als Fotografin und als Künstlerin wieder. Wir besprechen die einzelnen Nummern, deren Titel und mögliche Bedeutungsebenen und sie schlägt Möglichkeiten zur Umsetzung vor. Ohne sie geht visuell bei Stólar nichts, wenn es an Veröffentlichungen geht.

Das erste Remix-Paket zur LP kommt von Steffen Laschinski alias Rising Sun, der gleich vier Neubearbeitungen abgeliefert hat. Wie kam es dazu?

Steffen ist ein unglaublicher Künstler! Ich kontaktierte ihn, nachdem wir immer mal wieder im Austausch standen, als ich auf dem Weg zum Flughafen war und erzählte ihm vom Album, den Ideen dahinter und fragte, ob er, ähnlich wie bei der Yard-One-EP, eine Bearbeitung des Materials vornehmen würde. Er stimmte zu und ich schickte ihm die Stems zu drei oder vier Tracks. Es ist dabei schier unglaublich, auf welchem Niveau all diese Ideen in der Kürze der Zeit entstanden. Kaum gelandet, hatte ich bereits mehrere Edits, Remixe und Reprisen im Postfach.

Außerhalb Stólars erschien vor Kurzem eine gemeinsame EP von dir und der isländischen Dub-Techno-Legende Ohm auf Æ. Wie kam es zu dieser Kollaboration und wie gestaltete sich euer Arbeitsprozess?

Bjarnar und ich kennen uns jetzt seit ein paar Jahren und treffen uns immer, wenn er in Berlin oder ich in Kopenhagen bin. Wir schätzen uns sehr und sind sehr gut befreundet, was die gemeinsame Arbeit stark vereinfacht, da wir sehr ehrlich mit unseren Ideen ins Gericht gehen können. Für die Flickering Lights-EP trafen wir uns in Kopenhagen. Ich besuchte ihn für ein paar Tage und hatte ein paar Ideen dabei, mit denen ich nicht weiterkam. Er wiederum hatte auch ein paar Tracks, die nicht fertig wurden. Also begannen wir zusammen darüber zu sprechen, was aus unserer jeweiligen Sicht fehlt und produzierten am Ende meines Besuches mit „Sacred Nights“, „Roaming“ und „Flickering Lights“ die drei Tracks der EP. Dabei arbeitet einer von uns immer ein wenig am Projekt, während der andere zuhört und eingreift, wenn er eine Idee hat, die passen könnte.

Du spielst in der Regel live. Welche Rolle spielt das Auflegen in deinem Leben?

Keine sonderliche große in den letzten Jahren. Das Auflegen brachte mich als Teenager zur Musikproduktion, jedoch habe ich damals Brit- und Indie-Pop aufgelegt, was meine ersten „Tracks“ ziemlich seltsam werden ließ. Ich fokussierte mich dann irgendwann aufs Live-Spielen. Es war spannender für mich, meine eigene Musik zu spielen. Inzwischen verändert es sich wieder ein wenig. Dadurch, dass ich in den letzten Jahren Unmengen an Musik produziert habe, fühle ich mich gerade ausgebrannt und das Auflegen liefert mir eine angenehme Abwechslung. Die stundenlange Suche nach Tracks, das Spielen von Musik, die verglichen mit meiner eigenen am anderen Ende des emotionalen Spektrums steht, birgt das Potential, meinen künstlerischen Burnout etwas zu überwinden.

In der Regel bestehen deine Mixe aus Eigenproduktionen oder Remixen aus deiner Hand. Wie bist du deinen Beitrag zu unserem Groove Podcast angegangen?

Vor wenigen Wochen war ich mit Freunden in Frankfurt am Main und wir hatten mit unterschiedlichster Musik eine tolle Zeit – dieses Gefühl wollte ich abbilden. Da ich eben vor allem ein Live-Act bin, entstand ein hybrides Set mit noch kommenden Remixen zum Album, einer Vielzahl neuer Tracks und Neubearbeitungen. Es sollte ein klarer Klimax entstehen, gekennzeichnet durch Intensität im Sound, leicht krawallig, ähnlich wie die Zeit in Frankfurt es war.

Was sind deine Pläne für die Zukunft?

Ich werde wohl wieder mehr auflegen … Im Ernst, im Frühjahr habe ich das dritte Album in drei Jahren beendet, diesmal für das neue Sublabel von Freund der Familie: Paradjis Boogie. Ich glaube, es reicht dann erstmal für eine Weile mit Alben. Stólar soll wieder vermehrt im Fokus meiner Arbeit stehen, es werden noch Remixe von Ben Kaczor, Molly, Soela, Hame und Will You erscheinen. Letzterer wird neben Yard One in diesem Jahr noch eine EP auf Stólar veröffentlichen. Mit Ben werde ich auf dem Above Below im UK spielen. Am Ende ist mein größter Plan für die Zukunft jedoch auch einfach nur zufrieden und okay mit mir zu sein. Alles andere ist ein schöner Zusatz.

Stream: Philipp Priebe – Groove Podcast 418

01. Philipp Priebe – On The Way Out (Rising Sun Reprise I) [Stólar]
02. Philipp Priebe – Porcelain (Soela Dream Remix) [Stólar]
03. Philipp Priebe – Unfold [Feuilleton]
04. Philipp Priebe – Schimmer [Stólar]
05. Philipp Priebe – Make Me Feel High [Paradjis Boogie]
06. Philipp Priebe – All I Need (with Ohm) [Paradjis Boogie]
07. Philipp Priebe – So Glad [Greyscale]
08. Philipp Priebe – Dreamless [Ohm Series]
09. Philipp Priebe – Interborough [Feuilleton]
10. Philipp Priebe – Will You – Understanding (Philipp Priebe Darkroom Version) [Oleeva Records]
11. Philipp Priebe – Clouds Floating In A Haze Of Light (Hame Remix) [Stólar]
12. Philipp Priebe – Was It Worth It All? (with Tim Eder) [Paradjis Boogie]
13. zojs. – (l) tólf
14. zojs. – (l) sex
15. Philipp Priebe – Flickering Lights (with Ohm) [Æ]
16. Philipp Priebe – Cold Nights Warm Bodies [Paradjis Boogie]
17. Philipp Priebe – On The Way Out (Rising Sun Reprise II) [Stólar]

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