HUSH (Cover)
Seit dem Frühjahr letzten Jahres ist Ruhe eingekehrt in die ehemals wummernden Hallen und Gänge der Berliner Techno-Institutionen. Aus früher höchstens kurzweilig verlassenen Orten der Begegnung sind heute entfremdete Räume voll gähnender Ungewissheit geworden. In sich abwechselnden Etappen der Hoffnung und Enttäuschung blieben die Protagonist*innen der Berliner Clubkultur in ihren Habitaten allein zurück.
Mit dem Willen festzuhalten, was in Zeiten der Pandemie in geisterhafte Stille verfallen ist, besuchten die Fotografin Marie Staggat und der Journalist Timo Stein von April 2020 bis Januar 2021 insgesamt 42 Berliner Technoclubs. Ihre Eindrücke haben sie nun in einem Fotoband gesammelt.
Mit Interviews und Porträts dokumentieren sie in HUSH: Clubkultur in Zeiten der Stille die pandemisch verordnete Ruhe, die für die Protagonist*innen der Berliner Nächte auch zu einer Zeit der existenziellen Ängste wurde. Großer Verzweiflung, aber auch großer Kreativität und unbändigem Optimismus seien sie dabei begegnet.
Mit HUSH: Clubkultur in Zeiten der Stille liefern Staggat und Stein nicht nur ein interessantes Protokoll des Ausnahmezustandes, sondern schaffen durch eine Vielzahl an Geschichten, Interviews und Anekdoten auch ein für die Subkultur bedeutsames Zeitdokument der Berliner Electro- und Technoszene.
Das Buch ist am 01. März 2020 im Parthas Verlag erschienen und kostet 30 Euro. Die Einnahmen kommen dabei auch den beteiligten Clubs zugute.
Im Folgenden eine kleine Auswahl der Bilder des Fotobands.
Paloma
„Freitag, der 13. März (..). Für die Berliner Clubs bringt dieser Tag im Frühjahr 2020 die Gewissheit, dass es keine Gewissheiten mehr geben wird.”
Ohm
„Während in den Monaten nach dem Lockdown in vielen gesellschaftlichen Bereichen und Branchen nach und nach eine zarte Perspektive zurückkehrt, bleibt sie für die Clubs maximal unscharf.”
Tresor
„Wir brachen auf in die ursprünglich lautesten Orte der Stadt, aus denen unfreiwillig Orte der Stille wurden.”
Else
„Dabei trafen wir auf eine Branche, deren Alltag sich schon vor Corona in einer Krise befand. Steigende Mieten, Lärmbeschwerden und Verdrängung hießen ihre Gegner. Mit dem Virus kam der unsichtbare Feind hinzu und brachte eine neue Qualität von Krise.”
Flo
„An diesen Orten stießen wir nun auf eine pandemiebedingte Stille, die so unerträglich anders war. Drückend und ohne Pausen. Eine Krisenstille, die nicht versprechen wollte oder konnte, dass nach ihr tatsächlich wieder Dinge wie Tanz, Lärm und Leben folgen.”
Gretchen
„Was für Paris der Eiffelturm oder für Rom der Papst, ist für Berlin der Technoclub.”
Mudar
„Auf unserer Quarantäneclubtour trafen wir auf mitunter verzweifelte, vor allem aber krisenfeste Kreative, auf Türsteher, Clubmanager, Booker, Barleute und Angestellte, die nach dem Lockdown nicht lange im Schockzustand verharrten, sondern umgehend Wege aus der Krise suchten.”
Humboldthain
„Während die vermeintlich Querdenkenden brüllten, trafen wir unsere Protagonisten an den stillen Orten, die zwar für Menschen gemacht wurden, aber auch ganz ohne sie wirken: in den Clubs.”
Lilly
„In all diesen Phasen trafen wir auf Menschen, die trotz eines Ganzjahreslockdowns, bezogen
auf das Kerngeschäft Indoor-Tanz, immer auch Verständnis für die von der Politik
verordneten Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus zeigten.”
Arena
„Aus ehemals bebenden Hallen waren Stillleben geworden.”