Die afroamerikanische Musik hat einen ihrer kühnsten Architekten verloren: Sly Stone, der visionäre Kopf hinter Sly & the Family Stone, ist im Alter von 82 Jahren verstorben. Für die Musikwelt ein Verlust, für die elektronische Musik Anlass für eine stille Verneigung vor einem der wichtigsten Impulsgeber ihrer Geschichte, der selbst kaum elektronische Musik produzierte.
Geboren 1943 als Sylvester Stewart, war Sly Stone mit seiner Band The Family Stone eine der ersten Gruppen, die sowohl musikalisch als auch personell radikal inklusiv dachte: Schwarze und Weiße, Männer und Frauen, Funk und Rock vereint in einer Band. Songs wie „Dance to the Music”, „Thank You (Falettinme Be Mice Elf Agin)” oder „Family Affair” verbanden mitreißenden Groove mit gesellschaftlichem Kommentar – und legten auch mit ihrer Experimentierfreundigkeit das Fundament für vieles, was später die elektronische Musik prägen sollte.
Auch wenn Stone selbst nie dezidiert elektronische Musik produziert hat, sind seine Spuren dort deutlich hörbar. Die radikale Wiederholung seiner Basslines, der Einsatz von Rhythmus als Leitstruktur, die frühe Verwendung von Drumcomputern – all das fand später Eingang in Hip-Hop, House und Techno. Produzenten wie J Dilla, Madlib oder Theo Parrish zitierten ihn direkt oder indirekt, sei es durch Samples oder durch Ästhetik.
Vom Mainstream entdeckt wurde Sly Stone, als er mit seiner Band auf dem Woodstock 1968 ein legendäres Set spielte. Er war Teil der Hippie- und Civil-Rights-Bewegung. Schon Ende der Sechziger komponierte Stone Songs wie Skizzen für eine Zukunft, die noch niemand erahnte. Seine Tracks waren gebaute Beats – roh, reduziert, wiederholend, tanzbar. Der Basslauf von „Thank You (Falettinme Be Mice Elf Agin)” ein Blueprint für Hip-Hop. Die Drum-Machine-Experimente auf „Family Affair” waren Frühformen elektronischer Musikproduktion.
Mitte der Siebziger löste Stone die Band aufgrund von Drogenproblemen zeitweise auf, sein Konsum besonders von Kokain und PCP brachte ihm in dieser Phase immer öfter Probleme mit dem Gesetz ein. Er stand im Ruf, oft einen mit Drogen gefüllten Gitarrenkoffer mit sich zu führen. In den Achtzigern zog er sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück. 2011 meldete sich Sly Stone mit dem Album I’m Back zurück – eine Mischung aus Neuaufnahmen alter Songs und drei bislang unveröffentlichten Tracks aus den späten Achtzigern.
Seinen letzten Live-Auftritt absolvierte er 2015, als er in New Jersey als Keyboarder die Band The Family Stone unterstützte. Zu seinem 80. Geburtstag erschien im Oktober 2023 schließlich seine Autobiografie Thank You (Falettinme Be Mice Elf Agin), gemeinsam verfasst mit Ben Greeman.
Sly Stone hinterlässt drei Kinder, die Töchter Phunne Stone und Novena Carmel und den Sohn Sylvester Stewart jr.