Bereits vor dem Amtsantritt des designierten Kulturstaatsministers Wolfram Weimer (CDU) regt sich Kritik an der Personalie. Der wirtschaftsliberale und selbsternannte Wertkonservative Verleger und Publizist und ehemalige Chefredakteur von WELT und Focus erregte unter anderem mit seinem Buch Das konservative Manifest. Zehn Gebote der neuen Bürgerlichkeit (2018) Aufsehen, in dem er von der „Fortdauer des eigenen Blutes” und der „biologischen Selbstaufgabe” Europas schrieb. Zudem sprach er im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 von einer „Masseninvasion” und schrieb im von ihm gegründeten Magazin Cicero von der „Multi-Kulti-Lüge”. Dem Stern sagte Weimer kürzlich, er sei Kulturverfechter, kein Kulturkämpfer. „Gegen die AfD und die üblen Umtriebe des Rechtspopulismus schreibe ich seit Jahren an.”
Die Kritik aus dem Kulturbetrieb beschränkt sich nicht nur auf Weimers ideologische Ausrichtung, sondern hinterfragt auch die Qualifikation des 60-Jährigen Medienunternehmers: Er habe besonders auf dem Feld der Kulturpolitik kaum Erfahrung vorzuweisen. CDU-Chef Friedrich Merz sieht das anders und attestierte Weimer, er könne beides, „Medien und Kultur”.
Die Nichtregierungsorganisation Lobbycontrol sieht in der Ernennung Weimers zudem einen Interessenkonflikt. Er stehe als Anteilseigner seiner Weimer Media Group in Konkurrenz zu öffentlich-rechtlichen Angeboten wie der Deutschen Welle. In der Vergangenheit stellte Weimer außerdem den öffentlich-rechtlichen Rundfunk grundsätzlich infrage und forderte die Privatisierung des ZDF. Inzwischen gab Weimer seinen Ausstieg aus der Media Group bekannt. Die alleinige Geschäftsführung übernimmt künftig seine Frau Christiane Goetz-Weimer.
Die Weimer Media Group richtet von 7. bis 9. Mai den jährlichen Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee aus, laut Selbstbeschreibung ein „Treffen der Meinungsführer Deutschlands, die zu brennenden Themen unserer Zeit interessante Denkansätze und neue Lösungswege finden wollen”. Das Gästefeld des Wirtschaftsgipfels setzt sich aus Spitzenpolitiker:innen sowie Prominenten und weiteren öffentlichen Personen zusammen.
Der Schauspieler Paul Maximilian Pira startete eine Petition gegen die Ernennung Weimers zum Kulturstaatsminister. Im begleitenden Text heißt es: „Gerade in Zeiten wachsender gesellschaftlicher Polarisierung braucht die deutsche Kulturpolitik eine Persönlichkeit, die Vielfalt, Demokratie und künstlerische Freiheit schützt und fördert – und keine konservative Verengung betreibt.” Die Petition sammelte bislang über 60.000 Unterschriften.
Weimer wird die Nachfolge von Claudia Roth (Die Grünen) am 6. Mai antreten. Von seiner Amtszeit wird ein Paradigmenwechsel in der Kulturpolitik erwartet, der mit einem Bedeutungsverlust linker Positionen einhergeht.