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Motherboard: Oktober 2024

Ebenfalls inwendig aufgeräumt in avanciertem Sounddesign und interessanter Instrumentierung (hier zum Beispiel eine freie Trompete von Achim Fink) schreitet das zweite Album des Köln-Zyprer Produzenten Menelaos Tomasides daher. Sein Traumwandern Dreamhike (31 Minuten, 20. September) verbindet sorglose Electronica mit mühelosem Ambient in einen entspannten, doch milde-herbstlich-melancholischen Soundtrip im mittleren Flaniertempo.

Ambient im Bandformat baut sich gerne aus akustischen Instrumenten wie etwa Gitarre und Trompete. Wobei diese subtil-digital elektronisch bearbeitet oder gänzlich naturbelassen zusammenwirken dürfen. Forgetting You Is Like Breathing Water, das Duo der US-Amerikaner Will Evans und Theo Trump, hat sich nach einem Stück von Ben Frost benannt. Das beruht wiederum auf einer Textzeile von Stina Nordenstam. Ein gleichlautendes Debütalbum Forgetting You Is Like Breathing Water (Unheard of Hope, 11. Oktober) auf dem Labelkollektiv TAR/MM/UOH setzt sich unvermittelt an die Spitze einer ruhigen Postrock-Tradition.

Etwa von Bands wie Belong, Labradford oder Stars of the Lid sowie auf Labels wie Kranky oder Carpark. Eine Szene, die noch existiert und deren Protagonisten noch fleißig veröffentlichen. Aber die doch etwas aus dem allgemeinen Aufmerksamkeitsfokus gerückt ist. Mit ihrem erstaunlich gereift und perfektioniert erscheinenden Debüt haben sich die Mittzwanziger Evans und Trump aufgemacht, ihre Szene noch einmal richtig aufzumischen. Was auf ihrem aus dem Nichts kommenden Album bestens gelingt.

Die in Italien lebende Kanadierin Mélissa Gagné, deren Alias CECILIA sich von den zahlreichen weiteren selben Nur-Vorname-Künstlerinnen (etwa der estländischen ESC-Kandidatin dieses Jahres) immerhin in der vorgesehenen Großschreibung unterscheidet, hatte als Babi Audi eine durchaus respektable Karriere als DJ und Produzentin vorzuweisen. Sie hat diese allerdings zugunsten von avantgardistischem Bedroom-Pop und individuell-persönlicher Sound Art hinter sich gelassen.

Was auf CHOEUR (Haunter Records, 4. Oktober) einen Möglichkeitsraum öffnet, um zwar diesseits von Sound Art, immersiv, spezifisch und technologisch informiert, konzeptuell aber in der intensiven Verbindung mit Performance und Stimme zu agieren. Und aus abstrakter Klangforschung eine persönliche und individuelle körpernahe Kunst zu machen. Disruptiver Kammerpop zum Reinlegen.

Die schönsten Verbindungen tief in die Zeit sind die ungeahnten. Wie etwa die Tradition des belgischen Bossa-Nova-Postpunks Mitte der Achtziger auf Les Disques Du Crèpuscule oder dem Benelux-Ableger von Él. Er fand in Antenas Camino del Sol einen frühen Höhepunkt und vielleicht sogar ein frühes Ende. Viel gewürdigt, hoch respektiert und doch ein Solitär ohne Folgen oder Nachfolger geblieben. Bis jetzt. Das enigmatische Leipziger Projekt fastmusic füllt das ganze Album I want to Love, and I Love (Fun In The Church, 4. Oktober) mit melancholisch-minimalem Avant-Pop. Mit Drumcomputer und perlend psychedelischer Funkgitarre in weltabgewandter Qualität, als wäre es das Selbstverständlichste, solche Musik zu machen.

Die frankophone Postpunk-Avantgarde der frühen Achtziger hat in der Musik des französischen Duos O’o ebenfalls tiefe Spuren hinterlassen. Weniger im Sound, denn der ist zeitgenössisch trennscharf, von Techno und Hyperpop informiert. Es ist eher die offene und experimentelle Attitüde, mit der jedes Stück, Chanson, Song, Track oder irgendetwas dazwischen erst mal in die Luft geworfen und dann wieder zusammengesetzt wird, nach sorgfältiger spektraler Prüfung aller Elementarteilchen. Offenbar wird erst dann klar, ob aus einem Stück eine bittersüße Ballade oder ein polternder Dance-Track wird. So ist Songs of Wishes and Bones (Infiné, 18. Oktober), das zweite Album von Victoria Suter und Mathieu Daubigné, eine wunderbare Wundertüte geworden.

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