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Motherboard: Oktober 2023

Voll auf die Ohren im allerleisesten Volumen: Signals at Both Ears (Métron Records, 22. September), das Debüt der südafrikanischen DJ und Produzentin Gonubie, übt sich in feinsinniger Zurückhaltung. Federleichte Electronica auf staubzarten Klapper-Beats, die bei der kleinsten Berührung zerfallen, schimmernde Ambientflächen, glitzernde Glockenspiele. Es braucht so wenig, um einen Raum zu füllen, ein musikalisches Leben zu definieren. Nicht unähnlich dem so befreit aufspielenden neuen Album von Dasha Rush, hat Gonubie alle Kräfte zusammengenommen, um etwas ultimativ Zurückhaltendes zu erschaffen, etwas, das es in keinster Weise mit Druck beeindrucken will. Was zu Stücken führt, die tatsächlich unangestrengt zeitlos Geltung haben. Für ein Debüt ist das schon extrem lässig und erwachsen.

Für die Pop-Electronica des Will Samson war Zartheit seit jeher ein entscheidendes Merkmal. In Stimme wie in Sound. Dass er nach all den Jahren nun tatsächlich ein pures Ambientalbum fast ohne Gesang produzierte, erscheint daher so folgerichtig wie der Nachfrage würdig: Warum eigentlich erst jetzt? Denn das Tape Harp Swells (12k, 8. September) ist einfach so angenehm und perfekt und schön, als hätte es diese Klänge schon immer, mindestens schon lange geben können, ja, müssen. Unglaublich, wie viele tolle, ja, perfekte Ambientalben es dieses Jahr gibt. Samsons ist in der Fülle des Guten ein besonders Gutes gelungen.

Eventuell kommt ja irgendwann einmal alles zusammen, was zart und hart war, und gerinnt zu mildherbem Dream Pop. Bei der Kanadierin Crystal Dorval alias White Poppy ist das bereits passiert. Was mal Shoegaze klassischer Achtziger-Auslegung war, Indie-Twang und Jangle-Gitarre, was mal Ambient und New Age war, was subtile elektronische Experimente machten, das findet sich neben- und ineinander gestapelt auf Sound of Blue (Not Not Fun, 6. Oktober) in Schleifen, Schlieren und Schichten nebliger Schönheit, milchig eingefärbter Freude. Was ja erst mal keine Überraschung wäre, wenn die Track-Songs oder Song-Tracks nicht jeder einzelne von so überragender, herzdrückender, torsowärmender Qualität wären.

Der britische Piano-Star Sebastian Reynolds bewegt sich indes von der Etüdenhaftigkeit der Neoklassik in den Club, behält dabei allerdings eine gehörige Portion Eigenwilligkeit bei. Die Beats auf Canary (PinDrop Records, 19. September) sind gerade und bollern im unteren bis mittleren BPM-Bereich ziemlich ordentlich voran. Gleichzeitig sind sie immer verschleppt, verzögert, verstolpert, haben eine zeitdehnende Qualität, die eher nicht auf die große Rave-Abfahrt abzielt. Selbst die immer wieder aufscheinenden, ziemlich eindeutig euphorisierenden Momente, die Rave-Signale und Pad-Sounds, die prägnant kurzen Klavierlinien, die eine händehohe EDM-Seligkeit antäuschen, sind in sich gebrochen, verdreht oder unmittelbar wieder verstummend. So (und vielleicht sogar nur so) kann die Fusion von Techno und Neoklassik gelingen – wenn sie nicht zu viel von beidem beibehält.

Exakt zwischen Club (Keller, dunkel, eng, mäßig belüftet) und Sofa (im großzügigen Altbau mit Bogenfenster und Bogenhanf) finden wir die Electronica des Russen Andrey Kurokhtin alias Shine Grooves wieder. Denn Watching The Breeze (100% Silk, 1. September) stellt dubbige House-Tracks neben chillige Electronica auf ein eher minimales Jack- oder Electro-Fundament. Das zwitschert sich also locker durchs Hirn und bewegt die Hüften, ohne allzu sehr zu insistieren. Entspannung-Anspannung und wieder zurück.

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