Man könnte diese Charts From The Past von Cassy vom November und Dezember 2002 in sympathischer Absicht als krude bezeichnen. Da folgt auf Platz eins – einem krassen Beispiel dadaistischer 2000er-Minimal-Rumdröpselei von keinem Geringeren als Luciano – Wolfgang & Reinhard Voigts wunderbarer Kompakt-House-Klassiker „Roxy” und auf Platz drei ein elfminütiger Big-Room-Electro-Pop-Remix von Soft Cells „Monoculture”. Überhaupt sind Electro, Vocals und eine Menge Pop vorherrschend, nur um dann plötzlich von einem Robert-Hood-Track und einem The-Hacker-Remix – die jene Techno-Party auch gegenwärtig noch zum Wanken bringen würden – jäh gebrochen zu werden.
Die gebürtige Britin Cassy Britton, aufgewachsen in Wien, zieht es Mitte der Nullerjahre nach Berlin. Dort wird sie, vier Jahre nach diesem Chart, als Panorama-Bar-Resident den frühen Sound der Berliner House-Musik-Institution maßgeblich mitprägen – beispielsweise perfekt konserviert in der von ihr kuratierten Erstausgabe der zugehörigen Mix-Serie: Panorama Bar 01 von 2006.
Jener Stil Cassys allerdings – dieser sehr fein selektierte, weniger auf Big-Room-Spektakel abzielende, warme, melodische, heruntergebrochen: „klassisch”-housige Panorama Bar-Sound –, in den Charts From The Past lässt er sich nur bei sehr genauem Hinhören erahnen und zeichnet sich noch am ehesten im „Roxy” der Voigts ab.
Die Charts geben damit ein zum Schmunzeln veranlassendes Zeitzeugnis einer DJ ab, die, besonders zu Beginn ihrer Karriere, sich nie von starren Genregrenzen hat einsperren lassen und vielleicht gerade dadurch im Verlauf ihrer musikalischen Genese zu einem unverwechselbaren Stil fand. Viel Spaß beim Reinhören!