Omar S – NTS 03.12.2021
Nachdem Theo Parrish gerade zum zweiten Mal den Netzradiosender NTS bespielt hat, meldet sich jetzt ein weiterer, hochkarätiger DJ und Produzent aus Detroit zurück. Omar S hat nicht nur mit seiner Musik, sondern auch durch seine schillernde Persönlichkeit Aufsehen erregt. Er übernimmt eine wöchentliche Residency bei NTS und trägt künftig den Sound der Motor City in die Welt. Dabei ist er natürlich kein neues Gesicht bei NTS. In sage und schreibe 430 NTS-Mixen unterstrich der FXHE-Labelchef seine Liebe für Soul, den er wie kein anderer mit dem charakteristischen Sound von Detroit-House und -Techno verschmolz. Dennoch kann es dann und wann schon mal zu der einen oder anderen Komplikation kommen. Wie beim Beginn seiner ersten Sendung, wo er den Ankündigungspost auf Instagram kommentierte und fragte, wann er denn eigentlich dran sei – schließlich wäre er noch in den Bergen unterwegs.
Glücklicherweise sind beide Seiten mittlerweile eingespielt, und wir haben ein einstündiges Set voller House, Funk und Boogie vor uns. Beginnend mit den charakteristischen Hintergrundgeräuschen einer freudigen Menschenmasse, die nur darauf wartet los zu tanzen, startet der Mix mit dem Song „Club Lonely” von Lil’ Louis & The World. Der Beat setzt ein, und wir werden mit dem Worten „Say, are you happy? Have you been down to the club?“ empfangen. Spätestens jetzt ist klar, in welche Richtung es gehen wird. Groovige House-Tracks bestimmen den größeren Teil der ersten Hälfte des Mixes. Hin und wieder blitzt ein Sample von „Gypsy Woman” zwischen den Übergängen auf und kurze Techno-Passagen mischen sich unter die sonst sehr vocallastigen Tracks. Gegen Ende bewegen wir uns eher in Richtung Soul und Boogie. Omar S zeigt mit alten, minimalistischen Klassikern seine charakteristische Tiefe und legt ein abgestimmtes Set hin, welches höchstwahrscheinlich spontan zusammen gewürfelt wurde. Moritz Weber
Planet Uterus – To All Dreamers
Die Pandemie hat einiges verändert, aber die zu erwartende Ambient-Welle blieb mehr oder weniger aus. Künstler*innen komponierten und produzierten weiterhin für den Sehnsuchtsort Dancefloor als sei alles wie bisher. Drone, Field Recordings und Noise liefen auch schon vor dem großen Shutdown ganz veritabel, und vermutlich braucht es einiges mehr als 24/7-Abschottung, um für den Sehnsuchtsort einsame Waldhütte zu komponieren und produzieren.
Dennoch: King of Aliases Traumprinz droppte jüngst vier recht unterschiedliche DJ Mixes. Auf einem dieser vier Sets, auf To All Dreamers, versammelt er vielfach ziemlich bekannte Tracks im ungewohnten Zusammenhang. Träume sind nicht immer schön, vor allem nicht bunt oder pastellfarben. In einem durchgehend lieblichen, niemals kitschigen, mitunter experimentellen, zuweilen leicht verstörenden Sound changiert er zwischen nebulös winterlichem Sigur-Rós-Feeling, der Verwegenheit von Angelo Badalamenti, nimmt Klassiker von Aphex Twin mit einer Akustik-Version von „Rhubarb“ auf und demonstriert Ambitioniertheit mit Jefre Cantu-Ledesma und Irisarri oder „Like a Dream“ von Zbigniew Preisner und Marta Smuk, deren Gesang eine angenehmen Überraschung auf dieser sonst instrumentalen Zusammenstellung ist.
Ein besonderes Schmankerl ist die Kollaboration von Torus und DJ Lostboi, „Pier“, die wie eines der sich langsam in seine Einzelteile auflösenden Tapes von William Basinski klingt. Weiterer herzzerreißender Höhepunkt ist Abul Mogards „The Purpose of Peace“. Eine Mischung, die vielleicht Assoziationen zum faktischem Elend des Status Quo und mögliche Hoffnung hervorruft. Sicherlich aber unterhält. Lutz Vössing
REKA – Boiler Room x HEX Barcelona
Die Wahl-Berlinerin REKA spielt im Rahmen der Veranstaltungsreihe Hex ein düsteres Set in gewohnter EBM-Manier. Hart knallt die Clap auf die Kick-Drum, unterlegt mit dunklen Pads und rauen Basslines erschafft REKA eine spannungsvolle Atmosphäre, die an diesem Boiler-Room-Abend im Kontrast zum Warehouse-Geschreder von Hadone, Shlømo und Lorenzo Raganzini steht. Einzig Ancient Methods verfolgt in dieser Nacht einen langsamen, jedoch umso kraftvolleren EBM-Sound. Auch zu sehen gibt es viel bei diesem Boiler Room, denn die Tänzer*innen sind fast ausnahmslos in Schwarz gekleidet, und in den vorderen Reihen werden Fetischoutfits präsentiert. Während ihres Sets zieht REKA deutlich mit dem Tempo an und trotz des langsamen Anfangs beendet sie ihr Set mit ravigen 140 BPM. Ein spannendes Highlight in dieser Selektion ist der „Mad Maex Remix” von „LSD” von STRACID. Von der kürzlich erschienenen Ostgut-Ton-Compilation Fünfzehn + 1 spielt REKA ein EBM-Stück, das als Zusammenarbeit von Terence Fixmer und Phase Fatale entstanden ist. Auch das Stück „Vergil” von Æthernal gliedert sich perfekt in die düstere und dennoch euphorische Stimmung. Es sind die Momente von Trance in diesem sonst so düsteren Stück Musik, die die Hörenden und Tanzenden besonders in REKAs Bann ziehen. Mit dabei sind viele Tracks, die noch auf ihre Veröffentlichung warten – auch einige Nummern von ihr selbst. Vincent Frisch
u.r.trax / December 6 / 7pm-8pm (HÖR)
Ines Boullant alias u.r.trax ist eine junge DJ und Produzentin aus Paris. Ihre musikalische Ausbildung begann bereits im Alter von fünf Jahren mit dem Schlagzeug, auf das vier weitere Instrumente folgten. In Begleitung ihrer Mutter tanzte sie bereits im Alter von 14 Jahren im Berliner Tresor, ein Jahr später arbeitete sie schon als Künstlerbetreuerin. Auf diese Weise lernte sie mehr über die professionelle Seite der Szene und das Auflegen als durch das Feiern, sagt sie heute.
Zunächst schloss sie sich dem Team an, das die Possession-Events in ihrer französischen Heimatstadt organisierte, wenig später folgte ihre Debüt-EP auf Hector Oaks‘ Label Kaos. Nach dem Beginn der Pandemie tauchte ihr Name auf Veröffentlichungen von Live From Earth Club, Planet X und kürzlich auf Nina Kraviz’ Label Trip auf, auf dessen Label-Showcase sie kürzlich im berühmten Kreuzberger Badezimmer einen Abend bespielte.
Bei ihrem zweiten HÖR-Auftritt paart die junge DJ gekonnt rohen Old-School-Techno mit modernen Trance-Stücken. Zwischen eigenen unveröffentlichten Tracks reihen sich Künstler*innen wie Bjarki, Vel, Alex Wilcox & Anetha. In der zweiten Hälfte wird der Mix schneller, Trance dominiert, und obwohl man meint, schon das Ende erreicht zu haben, endet das Set schließlich überraschend mit einem schweren Breakbeat-Stomper. Ein energiegeladener Mix, den man beim Hören alle zehn Minuten lauter drehen möchte. Simon Geiger
Zenker Brothers – SPND20 Mixtape
Beim Hören des aktuellen Mixes der Zenker Brothers, den die Münchner für die Reihe des Labels Spandau 20 von FJAAK mixten, würde man von den Ilian-Tape-Label-Inhabern nichts anderes erwarten, als dass sie ihrem charakteristischem Stil treu bleiben. Und das ist auch gut so! Erneut gelingt Dario und Marco Zenker die perfekte Mischung aus temperamentvoller Härte und beschwingten Rhythmen. In diesen Mix lassen sie eine Reihe herausragender Tracks einfließen: Detroit-Techno der verstorbenen Legende Kelli Hand, Techhouse des italienischen Produzenten Danilo Vigorito und Tribal-Klänge von DJ Mary aus den 2000ern. Der Peak des Mixes wird durch einen weiteren Tribal-Techno-Track, diesmal von Hertz & Johan Bacto, eingeläutet, und unvermittelt folgt eine stampfende, jedoch sehr facettenreiche Fusion aus schnellem Breakbeat und Percussion-Techno. Das Tape der beiden Brüder endet eher funky, Tempo und Schwung gehen dabei jedoch nicht verloren. Andrea Würtenberger