Daft Punk(Foto: Presse)

Daft Punk sind Geschichte. Das französische Duo, das ab 1993 der Dance Music seinen Stempel aufdrückte, gab am 22. Februar via modifiziertem Videoschnipsel aus dem Film Electroma seine Auflösung bekannt. Aus diesem Anlass haben unsere Autor*innen – und Ian Pooley und DJ Tonka – Texte zu Tracks von Guy-Manuel de Homem-Christo und Thomas Bangalter beigesteuert, die für sie besonders herausstechen.

Zwischen dem Debütalbum Homework von 1997 und ihrer letzten LP Random Access Memories, die 2013 ein Who Is Who der internationalen Musiker*innenszene versammelte und ein riesiger kommerzieller Erfolg wurde, gaben sich Welthits und Nummern für den Underground die Klinke in die Hand, die de Homem-Christo und Bangalter aus dem betont Geheimnisvollen heraus, ab den 2000ern als gesichtslose Roboter-Avatare produzierten. Der Clou, der Daft Punk ausmacht und den Legendenstatus des Projekts zementiert, liegt dabei darin, dass sich diese Welten für die beiden nicht widersprachen, sondern wie selbstverständlich zusammendenken ließen. Ohne Daft Punk, die vom French- und Filter House aus ihren Siegeszug antraten, gäbe es wahrscheinlich nicht nur EDM nicht, sondern auch keine Elektronik-Bühnen auf Mainstream-Festivals  

An den folgenden 17 Beiträgen lässt sich nicht nur diese Entwicklung, sondern auch die der gesamten elektronischen Musik in den letzten Dekaden nachvollziehen, die das Duo lostrat.

1. Aerodynamic

„Aerodynamic” stand immer im Schatten der übermächtigen Single „One More Time”. Mit dem zweiten Platz sowohl in der Liste der Albumtitel als auch der Singleauskopplungen kam dem Stück die Rolle eines Anhängsels zu, das die abgebrannten Reste des Hit-Feuerwerks aufräumt und den Platz für weitere Entdeckungen à la „Harder, Better, Faster, Stronger” freiräumt. Dabei ist das Instrumental einzeln betrachtet ein wichtiger Baustein im French House: Auf ihm imitieren Daft Punk nochmals den druckvollen Sound der Homework-Ära und lassen die Frequenzfilter spulen, diesmal aber mit ihren neuen, warmweichen Vintage-Synthesizern. Sie bereiten damit die Bühne für ein anderes französisches Duo, das diesen Sound in aufgebohrter Version ein paar Jahre später in die Indie-Discos spülen wird: Justice. Steffen Kolberg

2. Around The World

„Around the world, around the woohhooorld!” – nicht nur nervige Viren gehen um die Welt, sondern auch eingängige Melodien. Die Kunst ist es, und da waren Daft Punk immer vorne mit dabei, aufregende Fragmente in einen frischen Kontext zu stellen, um etwas völlig Neues zu erschaffen. Mitte der 90er war die Szene noch sehr übersichtlich, es kannten sich alle House- und Techno-Produzenten around the world und man hing gelegentlich miteinander ab. Einmal fand ich mich sogar in Thomas’ und Guys erstem Studio in Paris wieder, danach spielte ich einen Gig mit ihnen – coole Zeiten!

Dass die beiden mich in ihrem Track „Teachers” erwähnt haben, liegt zum einen schlicht daran, dass ich mit Disco House und Filter Disco ‘ne Ecke früher dran war, sicher aber auch an dieser gegenseitigen Einflussnahme, die man an „Around The World” ganz gut erkennen kann: Die etwas hopsende Melodie erinnert sehr an die Keyboard-Linie meiner ersten Version von „She Knows You” (B-Seite von Feel), ebenso die funky picked Rhythmusgitarre. So richtig ist mir das aber erst gedämmert, als mich ein Fan darauf hinwies. Der markante Filter-aufdreh-Einstieg von „Around The World” ist wiederum deutlich an „Feel” angelehnt. Zum Welthit wurde „Around The World” aber durch das Anreichern vieler Zutaten: die catchy Hook (Wiederholung macht anschaulich), die für den French Touch später absolut stilprägende Bassline, der super-tighte Mixdown und nicht zuletzt das markante Video.

Thomas & Guy sind top Produzenten, die uns bestimmt noch lange Zeit auf die ein oder andere Art erhalten bleiben. Sie haben mit Ihrem Schaffen eine ganze Generation geprägt – alles ist im Fluss – human after all. DJ Tonka

3. Contact

Daft Punk verwendeten „Contact” erstmals 2002 in einem DJ-Mix, und die Nummer fand ihren Weg als Schlusstrack des letzten Albums des Duos. Für das Sample wurde sogar die NASA kontaktiert, die Daft Punk bereitwillig Zugang zu ihrem Klangarchiv gewährte. Es enthält eine Aufnahme von Eugene Cernan von der Apollo-17-Mission, in der er ein blinkendes Objekt aus einem Fenster seiner Kapsel beobachtet. Man hat das Gefühl, als ob die Zeit in sich zusammenbricht, gleichzeitig ist die Stimmung auf dieser Platte, im Wissen das dies der letzte Titel sein wird, emotional und euphorisch zugleich. Wie der Abspann eines grandiosen Films, schließt „Contact” das Kapitel mit einem großen Feuerwerk aus lebendigen Drums und einem elektrisierendem Arpeggio. 

Fun Fact: Beim Abspielen des fertigen Tracks sind die Studiolautsprecher durch die Geräusche am Ende des Tracks durchgebrannt. Simon Geiger

4. Crescendolls

Das zweite Studioalbum von Daft Punk, Discovery, erzählt eine große Geschichte. Gemeinsam mit dem japanischen Mangaka Leji Matsumoto entstand der dem Album zugehörige Anime-Film Interstella 5555 – The 5tory Of The 5ecret 5tar 5ystem. Dialog und Wort fallen in dem Film weg, erzählt wird ausschließlich durch Bild und Musik. Der komplette Handlungsstrang würde, neben offensichtlicher Reizüberflutung, in diesem Format ein wenig den Rahmen sprengen. Eine kleine Umreißung reicht aus: Ein Musikproduzent entführt in einem Raumschiff eine Band von Außerirdischen und verschleppt sie auf die Erde. Dort werden sie dem Äußeren der Erdlinge angeglichen, gestylt und als „The Crescendolls” vermarktet. Die Band wird ein Riesenerfolg, doch den Gesichtern ihrer Mitglieder steht die Emotionslosigkeit ins Gesicht geschrieben. In einer spektakulären Rettungsaktion durch einen heimischen Helfer gelingt der Band die Flucht zurück zu ihrem Heimatplaneten.

Der Track selbst besteht zum großen Teil aus einem nur ab und zu leicht abgeänderten Loop, der sich immer weiter hochspielt und wieder von unten anfängt. Eine Art Shepard-Tone. Die Stimmung ist euphorisch, und doch wartet man irgendwo auf die Auflösung. Sollen die Crescendolls das Schicksal von Daft Punks eigenem Erfolg darstellen? Oder spiegeln sie ein Bild der Pop-Musikindustrie wider, die Musiker*innen, im Segen des Erfolges, wie entführte Außerirdische behandelt? Vermutlich ein wenig von beidem und noch ganz viel von ganz viel mehr. Im Film schaffen es die Crescendolls zur erlösenden Flucht. Vielleicht haben Daft Punk 20 Jahre später das Gleiche vorgehabt. Jan Goldmann

5. Da Funk

„Da Funk” ist wahrscheinlich der Track, der Daft Punk zu dem überlebensgroßen Duo machte, als das wir sie heute kennen. Seine Verquickung aus der allzu einprägsamen Synthmelodie und dem Acid-typischen Riff ist das Eine. Die ganze Magie dieser Hymne aber liegt wohl in der Wucht, die die satten 303-Kicks mit ihrer Entschleunigung auf 111 BPM entfalten. Die Nummer verstörte 1995 zahlreiche DJs, die mit dem Paradoxon eines langsamen Floorfillers nichts anzufangen wussten.

Vielleicht ist es die kaum bekannte Hip-Hop-Orientierung. Die Synthlinie, die affirmativen, was ist es, sind es kurzgestutzte Bläser? All das war Daft Punks Version vom G-Funk der Westküste. Eine aus heutiger Betrachtung etwas schräge Assoziation, liegt in diesem Track doch die Blaupause für die Stadiontauglichkeit elektronischer Musik, für den späteren Siegeszug des French House/Electroclash, für Phänomene wie Justice, für Rockstarattitüde und ausverkaufte Hallen. Ben-Robin König

6. Digital Love

Mann, es ist 2021! Aber wenn die Nachbar-Kids am See „Digital Love” pumpen, will man beim Drop immer noch den Köpfer möglichst energisch im Wasser versenken. Die gefilterten Indie-Lyrics und das funkig-phrasierte Schrammel-Riff werden nämlich durch den Bass in zeitlose Synthiepop-Höhen gepusht. Das erzeugt eine Art von wohltuender Euphorie, die wohl einmalig bleibt und Kopierversuche überflüssig macht! Lucas Hösel

7. Get Lucky

Daft Punk, Nile Rodgers oder Pharrell Williams – wer hat sich wohl am meisten über diese Zusammenarbeit gefreut? Daft Punk, die Disco und Funk neu in den House implementierten; Nile Rodgers, der mit seiner Band Chic und als Produzent nicht nur Disco und Funk, sondern die ganze Popmusik der 70er und 80er entscheidend beeinflusste, dem 2013 aber kaum jemand einen neuen Hit zutraute; oder Pharrell Williams, der zu diesem Zeitpunkt zwar äußerst gefragter funky Hit-Produzent, aber noch kein globaler Popsängerstar war? „Get Lucky” war ein Spitzentreffen von Akteuren verschiedener Epochen, in dem Nile Rodgers’ stilprägende Disco-Gitarre ein unerwartet zeitgemäßes Revival erlebte. Im gepflegten Alter von gut 60 Jahren schrieb Rodgers auch mit am Text, der den Sinn von Partys genial in zwei Worten zusammen fasst („Get Lucky”), aber auch die Annäherungsversuche auf und jenseits der Tanzfläche so dermaßen in den Mittelpunkt stellt, dass sich echten Tänzer*innen und Musikliebhaber*innen die Fußnägel aufrollen. Kein Wunder, dass „Get Lucky”  zur Liga der Dorfdisco-Hits gehört. Die Herren wird’s freuen. Die meisten Tänzer*innen auch, jedes Mal. Martina Dünkelmann

8. Harder, Better, Faster, Stronger

Von all den unwiderstehlichen Floor-Movern ist vielleicht „Harder, Better, Faster, Stronger” der Track, der am stärksten zeigt: Daft Punk waren Konzeptkünstler. Die Masken machten das offensichtlich, doch auch in den Beat, in die Songtexte, in die Videos arbeiteten Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homem-Christo Referenzen ohne Ende ein. Das Video zitiert gleichermaßen Videogames, Captain Future, 2001 – Odyssee im Weltraum wie die stilprägenden Modeschauen im Paris der späten 1960er Jahre (Cardin! Courrèges!). Zum Kick der 808 liefert der Text eine obsessive Auseinandersetzung mit dem Imperativ der protestantischen Arbeitsethik: „Work!” All das macht aus „Harder, Better, Faster, Stronger” einen Monster-Hit, ganz im wörtlichen Sinn. Christoph Braun

9. Indo Silver Club

Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie ich damals die Promo von Soma bekommen hatte und beim ersten Hören sofort merkte, dass die Platte von Daft Punk sein musste – oder zumindest aus deren Umfeld. Die EP hieß einfach nur Indo Silver Club, sonst stand nichts drauf.  Der Sound war sehr typisch für die beiden, sehr dreckig mit viel Distortion, aber trotzdem sehr rund und warm von der Abmischung her. Nicht zu vergessen das Sidechaining natürlich. Auf ihrem Debütalbum Homework wurde der Track neu interpretiert,  das Disco-Sample anders gesetzt und es kamen noch geflangte 909-Sounds dazu. Ich mixe immer noch gerne den „Part Two” der Soma EP mit der Albumversion, wie schon damals, als 1997 Homework veröffentlicht wurde. Ian Pooley

10. Instant Crush

Daft Punk haben Generationen an Fans den ersten Zugang zur elektronischen Musik ermöglicht, weil ihre Musik von einer, unter ihren Zeitgenossen unerreichten, Popsensibilität geprägt war. Am eindrucksvollsten unter Beweis gestellt wird diese auf ihrem letzten Album Random Access Memories, mit dem sie nicht nur ihren größten Charterfolg feierten, sondern auch maßgeblich zu der sich damals aufbäumenden 80s-Nostalgia-Welle beitrugen, auf der beispielsweise The Weeknd und Miley Cyrus derzeit erfolgreich reiten. Heimliches Highlight des Albums: „Instant Crush” mit dem Strokes-Frontmann Julian Casablancas. Wie so oft ist auch dieser Daft-Punk-Song eine Lehrstunde in Sachen Vocoder-Einsatz. Noch nie klang Casablancas’ Stimme so gefühlvoll und verletzlich wie hier, wenn er über Daft Punks nahezu perfektem New-Wave-Popgerüst in Erinnerungen an seine erste große Liebe schwelgt. Felix Diefenhardt

11. Musique

Menschlich betrachtet mochte ich schon das erste Lebenszeichen von Daft Punk, „Da Funk”, sehr gerne; als DJ wusste ich damit allerdings nicht so recht etwas anzufangen. Das gelang mir erst mit dem zweiten Track, den ich von ihnen kennenlernte, dann aber direkt im großen Stil. In „Musique” kam alles zusammen, was ich in dieser Phase Mitte der 90er Jahre für heilig, gut und richtig erachtete: unsubtil gefilterte Discoloops, punkige Ungeschliffenheit in der Produktion, Rohheit in den Drums, Hoheit im Gestus und eine so simple wie eindringliche wie erbarmungslos wiederholte Message: die Feier der Kraft der reinen „Musik”. Die frühen Daft Punk standen produktionstechnisch und ästhetisch noch mit beiden Beinen felsenfest in der Traditionslinie von primitivem Chicago House, verknüpften diese aber mit ihrer eigenen Indiepop-Sozialisation – was sollten sie auch sonst tun als junge Franzosen? Damit machten sie zwei schwerwiegende, bis dahin mehr oder weniger voneinander unberührte Kulturen miteinander sofort und umstandslos anschlussfähig, öffneten ein weites Fenster und Feld und prägten so den Rest des Jahrzehnts und darüber hinaus. Die Härte, Radikalität und Wucht der frühen Daft Punk habe ich später immer wieder vermisst – sicher, ich bewunderte die Produktionswerte ihrer Folgealben nach Homework, ich diggte maßlos die Cleverness ihrer Referenzen und ihre ganze hochinformierte Attitüde, mit der sie Musik über Musik machten. Aber nichts außer „Musique” hat mich danach je wieder so schön dazu gebracht, aufzuspringen und mich vor Freude gegen die Wand zu schmeißen. Hans Nieswandt

12. On Sight

Wie öffnet man eine Platte? Mit einer Watsche natürlich! Als Kanye 2013 mit Yeezus eine goldene Statue von sich selbst in die Rap-Landschaft knallte, rüttelte uns seine Yeheit mit einem Sound auf, bei dem man nicht genau wusste, ob der Gute bereits durchgedreht ist – oder nur auf dem besten Weg in die Klapse sein sollte. Alles an diesem Track ist Perfection, und die Marschrichtung, in die Random Access Memories hätte abbiegen dürfen. So bleibt „On Sight” das Paradeprojekt, das man auf einer Spritztour durch Los Santos bei 35 Grad im Schatten ballern will, mit dem Messer zwischen den Zähnen, dem Koks auf der vergoldeten Kühlerhaube. Und zwei durchgedrehten Robotern auf der Rückbank, wo sie unter ihren Helmen drei Liter Pisse rausschwitzen. Kanye gefiel das. Vielleicht auch, weil er wusste, dass er danach nie mehr so geil klingen würde! Christoph Benkeser

13. One More Time

„One more time we’re gonna celebrate” – allein der Text dieses Über-Hits von Daft Punk bringt das viel öfter beschworene als tatsächlich entstehende Gefühl des Lebe jeden Tag, als ob es dein letzter wäre auf den Punkt. Dazu muss alles voll ausgekostet werden, und sei es nur der Longdrink. Und obwohl die Melodie und die mit Vocoder und Autotune bearbeitete Stimme von Romanthony heute auf eine merkwürdige Weise in den 2000ern verhaftet klingen, ist der Hit ein Klassiker. Und das weit über den elektronischen Musikbereich hinaus: Auf Hauspartys erkennt ihn jede*r an den ersten Takten.

Überhaupt, diese verdammten ersten Takte. Sie sind ein Sample aus dem Disco-Track „More Spell On You” von Eddie Johns aus dem Jahr 1979. Im Original sind vor allem Trompeten hörbar. Daft Punk haben kurze Teile verfremdet und so arrangiert, dass daraus die unverkennbare Melodie wurde – kein Hexenwerk also. Kurzes Johlen, abwarten und schon kann man mitgrölen: „One! More! Time!” Cristina Plett

14. Revolution 909

Klassiker, mit der 909 produziert, aus den Neunzigern, von Daft Punk – „Revolution 909” ist der Listicle-Track schlechthin. Allerdings keineswegs der Daft-Punk-Track schlechthin, was ihn musikalisch erst wirklich interessant macht. Den fünfheinhalbminütigen Groove über dem Lärm eines illegalen Raves samt Polizeisirenen kennzeichnen Subtilität und Bescheidenheit – beides Qualitäten, die man im Werk des französischen Duos sonst eher vergeblich sucht. Hier düdelt nichts, hier quäkt niemand, hier entwickelt sich von Anfang an ein Beat, der keine Gimmicks nötig hat. Ein ehrliches, kühles Drum-Workout, das ausnahmsweise nicht nach dem Scheinwerferlicht der Peaktime giert oder mit den Charts kokettiert, sondern als beständig treibender Puls der Party auftritt. Funktionalität schlägt hier ausnahmsweise Stil, geile Neunziger-Filter-House-Spielereien mitinbegriffen. Maximilian Fritz

15. Teachers

Schalt doch einfach mal den 3630 Compressor von Alesis an und fahr deine kurz-verhallte und knallige Sample-Produktion so richtig schön kaputt gegen die Wand. Dann zählst du ein Who-Is-Who deiner zukünftiger DJ-Freunde auf, und Peng: Der Rest ist French-Filterhouse- Geschichte. „Teachers (Extended mix)” ist die B-Seite der Around The World-12”-Auskopplung des Homework-Albums, das Daft Punk 1996 in den DJ-Jet-Set schleuderte. Der dreckig-sperrig-schwere Bass windet sich wie ein abdriftender Bohrer und franst das Bohrloch-Ohr aus. Darüber stapelt die AKAI MPC 3000 zwei Samples aus der Discoversion von Viola Wills’ „If You Leave Me Now”. Kurz werden die Höhen weggefiltert, und aus dem Nichts wandern die übelst-verpitchten, albern-fröhlichen und links-rechts-gepannten DJ-Namen wie auf einem schlechten LSD Trip durch dich durch. Mirko Hecktor 

16. The New Wave (Full Length)

Immer wenn eine Ära zu Ende geht, ist es zuallererst mal sinnvoll, sich wieder daran zu erinnern, wie eigentlich alles begann. Speziell die ersten Schritte des Produzentenduos aus Thomas Bangalter und Guy-Manuel De Homem Christo und ihre EP The New Wave auf Soma Records werden bei ihrem kolossalen weltweiten Siegeszug oftmals vergessen. Dabei spielt gerade diese erste Veröffentlichung die größte Rolle, wenn es um ihre positive Wahrnehmung und die ihnen entgegengebrachte Wertschätzung in der Szene geht. Dem damaligen SOMA-Label-Boss Stuart MacMillan, besser bekannt als eine Hälfte des Techno-Duos Slam und einer der Initiatoren des Second Summer Of Love, wurde das Demo mal eben auf einem Rave im Disneyland Paris (ja, richtig gehört!) einfach in die Hand gedrückt. Natürlich in Kassettenform. Hashtag #oldschoolcool. Dass diese Aufnahmen bei MacMillan genau an der richtigen Adresse waren und alsbald von ihm veröffentlicht werden würden, kann beim Anhören der vier Tracks niemanden allzu groß verwundern. Speziell „The New Wave (Full Length)” war für diese Zeit absolut bahnbrechend und hat es aufgrund seines hyperbrutalen Fabriksounds verdient, besonders hervorgehoben zu werden. Und da der Track auf das absolut Nötigste reduziert ist, kann man übrigens nur festhalten, dass er auch heute noch – ganze 28 Jahre später – eine ziemlich, ziemlich gute Figur macht. Andreas Cevatli

17. Veridis Quo

Im Mietwagen durch nächtliche Alleen, nach durchzechter Nacht in der U-Bahn, beim Sonnenaufgang auf einem Hausdach: „Veridis Quo” ist der Soundtrack, der es trotz einfachem Strickmuster schafft, uns in empfänglichen Momenten tief zu berühren, der uns nostalgisch stimmt und gleichzeitig in den Arm nimmt. Vergänglichkeit und Werden gehören zusammen: die Knoten beginnen sich zu lösen. „Mach dir keine Sorgen”, scheint das Lied zu sagen, „es gibt gar keinen Grund: Alles war, alles ist, alles wird gut!” Moritz Hoffmann

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