Wilde Renate Biergarten.
Der ehemalige PR-Manager der Wilden Renate, Karim Molyneux-Berry, wurde über die letzten Jahre Opfer von rassistischen Witzen und Erniedrigungen am Arbeitsplatz. Vor allem vom DJ-Duo Jan Kähler und Bene Bogenberger alias Peak & Swift wurde Molyneux-Berry wiederholt auf seine afrikanischen Wurzeln angesprochen und rassistisch beleidigt. Obwohl er Kähler und Bogenberger mehrmals gebeten habe, damit aufzuhören, sei die Belästigung nur intensiver geworden, sagte Molyneux-Berry im Gespräch mit Resident Advisor.
„Es begann damit, dass man mir sagte, ich käme aus Afrika, obwohl ich in England geboren wurde. Nur meine Mutter kommt aus Ägypten, was mich zur einen Hälfte ägyptisch und zur anderen britisch macht”, schrieb Molyneux-Berry bereits 2019 in einer E-Mail an das Management des Clubs. „Ich wurde als N***** bezeichnet, mir wurde gesagt, ‘Ich bin dein Meister und du bist mein N*****’ und ich wurde sogar aufgefordert, ihn (Kähler) als meinen Meister zu bezeichnen. Ich kam seiner Aufforderung nach, denn zu der Zeit verstand ich nicht so richtig, wie schlimm es war, was passierte.”
Resident Advisor liegen Bilder eines Whatsapp-Chats aus dem Juni vor, in dem Molyneux-Berry Kähler anlässlich der Black-Lives-Matter-Proteste an den Vorfall erinnerte. Kähler antwortete:
„Ernsthaft, Karim? Ich habe mich dafür wirklich umfassend bei dir entschuldigt und dir erklärt, dass das nicht rassistisch gemeint war. Das war bloß ein dummer Witz, um dich dort zu treffen, wo es wehtut. Ich bereue mein Verhalten zutiefst und dachte, du hättest mir vergeben, aber anscheinend nicht. Wenn du dich besser damit fühlst, diesen Hass weiter in dir zu tragen … dann tu es!”
Ein anderer Vorfall ereignete sich an Molyneux-Berrys erstem Arbeitstag 2019. Damals fand er das N-Wort über seinen Kalender geschrieben. Wie sich später herausstellte, war es Bogenberger, der dafür verantwortlich war. Er entschuldigte sich via Whatsapp und nannte seinen Witz unlustig.
In der zuvor erwähnten E-Mail schrieb Molyneux-Berry 2019: „Ich kann das nicht mehr aushalten. Es gab noch eine Menge anderer Vorfälle, aber ich denke, die oben genannten Belästigungen reichen aus. Sie sind eigentlich schon zu viel.” Nach einem persönlichen Treffen mit dem Management wurde daraufhin vereinbart, ein Antirassismus-Training mit allen Angestellten durchzuführen. Laut Molyneux-Berry ein Versprechen, das bis 2020 nicht eingelöst wurde.
Neben ihrer DJ-Residency waren Kähler und Bogenberger bis vor Kurzem noch als Booker des Clubs engagiert. Seit diesem Jahr sind beide von ihrer Position zurückgetreten und arbeiten nicht für den Club. Dem Mixmag sagte Bogenberger, er habe auch aufgrund der Dinge, die er in dem Anti-Rassismus-Training gelernt habe, am 16. September gekündigt.
In einem Instagram-Post schreibt Molyneux-Berry, ausnahmslos alle Residents hätten seine Aussagen bezweifelt oder sich selbst rassistisch geäußert. Nach Beschwerden über Mitarbeiter*innen habe ihn die Renate davor gewarnt, seine Kolleg*innen zu diskreditieren, und als er wegen der rassistischen Belästigungen nicht zur Arbeit erschien, erhielt er eine Verwarnung. Zum 30. November 2019 sei er nach zwei Jahren und acht Monaten mit der Begründung, er spreche kein Deutsch, gekündigt worden.
Auf seiner Webseite veröffentlichte der Club kürzlich ein Statement zu den Vorfällen. Darin steht: „An unseren ehemaligen Mitarbeiter: Das Management der Wilden Renate bedauert es zutiefst, keine direkteren und klareren Maßnahmen gegen den Rassismus ergriffen zu haben, dem Du ausgesetzt warst.” Weiter führen sie die Schritte auf, die präventiv ergriffen wurden, um ähnliche Zwischenfälle in der Zukunft zu verhindern. Ein Anti-Rassismus-Workshop, eine strikte, firmenweite Antidiskriminierungspolitik sowie die Ernennung zweier Awareness-Manager gehören unter anderem dazu.
Wie Molyneux-Berry mitteilte, regt ihn besonders die Tatsache auf, dass er mehrmals versucht habe, das Management mit seinen Problemen zu erreichen, ihn dort jedoch niemand ernst nahm. „Mir wurde nie eine formale Entschuldigung von Peak oder der Firma zuteil. Mir wurde bloß gesagt, ich würde überreagieren und hätte ihn selbst dazu gereizt diese Dinge zu tun.” Er habe über zwei Jahre versucht, die rassistischen Vorfälle intern mit den involvierten Parteien zu klären, bevor er sie publik gemacht hat. Doch erst als Resident Advisor und Mixmag das Management kürzlich kontaktierten, bot man ihm an, einen Dialog zu führen. Das sei die erste schriftliche Kenntnisnahme der Vorfälle gewesen. Nur die Clubcommission habe ihm in diesem Zeitraum geholfen und ihm die nötige Hilfe und Kraft gegeben.
In einem Statement, das auch der GROOVE vorliegt, schildert Molyneux-Berry seine Situation wie folgt:
“Feeling under attack for your sexuality and your colour; two things out of your control can drive you mad. I became angry. Which started to affect my career even more. I even lost very high profile clients directly due to my attitude which is not my normal. I was bitter. The club commission in Berlin helped me lay it out. Understand the process and gave me tools to get better. But I still see you booking the racists. Opening your season with them. Having them at your biergarten all throughout the summer. When their friends see me, they look at me with anger and coldness. I’m the one who overreacted. ‘Come on he’s not racist! He’s been with a black girl, I saw!’
This whole experience shaped me more than I care to let on. At the same time being blamed for ‘holding on’ and a ‘war’ against certain racist and sociopathic individuals, held me down. I am aware, I am empathetic. I do fucking care!
I tried to let go. It festered. I tried reconciliation, I couldn’t because things stayed the same. I tried to leave it all behind me. But the lack of remorse, accountability and awareness is overwhelming.
I don’t think a witch hunt will help. I don’t think a boycott will either, as there are many many many amazing people who work there. But I can’t do this on my own anymore. I can’t have people think I got someone fired anymore. I’m not spiteful nor do I seek revenge. That’s you not me. You did this. Don’t blame me for this. You still don’t get it. You still gaslight me. You cross the road when you see me. You still refer to me as a n word.
People still ask me for guestlist and contacts. I’m tired of getting upset and having to either lie or explain.”